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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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befürchten. Wirklich.«
    »Aber die Tavistocks …«
    »Sie sind harmlos.« Er nahm ihre Hand und drückte sie aufmunternd. »Das garantiere ich dir.«

3. Kapitel
    V om Fenster ihrer Suite im Pariser Hotel Ritz blickte Beryl auf den Place Vendôme mit seinen korinthischen Säulen und Steinbögen und auf die gut betuchten Touristen, die dort ihren Abendspaziergang machten. Sie war das letzte Mal vor acht Jahren in Paris gewesen, auf einem Trip mit ihren Freundinnen – drei wilde Schulfreundinnen, die am liebsten in die Bistros am linken Seine-Ufer gingen und das zwielichtige Nachtleben vom Montparnasse dem ausschweifenden Luxus der anderen Seite vorzogen. Sie hatten eine Menge Spaß damals, tranken viel zu viel Wein, tanzten auf den Straßen, flirteten mit jedem Franzosen, der ihnen über den Weg lief – und das waren einige.
    Es kam ihr vor, als sei das eine Million Jahre her. Eine andere Zeit, ein anderer Lebensabschnitt.
    Und jetzt stand sie an ihrem Hotelfenster und trauerte dieser unbeschwerten Zeit nach, die nie mehr wiederkommen würde. Ich habe mich zu sehr verändert, dachte sie. Es hat nichts mit den Enthüllungen über Mum und Dad zu tun, sondern mit mir. Ich bin so rastlos. Ich sehne mich nach … keine Ahnung, nach was. Vielleicht nach einem Sinn in meinem Leben? Denn den gibt es schon lange nicht mehr.
    Sie hörte, wie die Tür aufging und Jordan durch die Verbindungstür zu seiner Suite hereinkam. »Claude Daumier hat endlich zurückgerufen«, sagte er. »Er ist mit den Untersuchungen zu dem Bombenanschlag beschäftigt, aber er will uns gern zu einem frühen Abendessen treffen.«
    »Wann?«
    »In einer halben Stunde.«
    Beryl wandte sich vom Fenster ab und sah ihren Bruder an. Sie hatten letzte Nacht beide kaum geschlafen. Obwohl Jordan frisch rasiert und perfekt gekleidet war, sah er erschöpft aus. »Wir können von mir aus jederzeit losgehen«, sagte sie. Er musterte ihr Kleid. »Ist das nicht … von Mum?«
    »Ja. Ich habe ein paar ihrer Sachen mitgenommen. Ich weiß selbst nicht genau, warum.« Sie sah an dem Seidenkleid herunter. »Komisch, oder nicht? Wie gut es mir passt. Als ob es für mich gemacht wäre.«
    »Beryl, bist du sicher, dass du dir das antun willst?«
    »Warum fragst du?«
    »Es ist nur …« Jordan schüttelte den Kopf. »Du bist irgendwie nicht du selbst.«
    »Das ist keiner von uns, Jordie. Wie denn auch?« Sie sah wieder aus dem Fenster, auf die länger werdenden Schatten auf dem Place Vendôme. Denselben Blick musste auch ihre Mutter bei ihren Besuchen in Paris genossen haben. Dasselbe Hotel, vielleicht sogar dasselbe Zimmer.
Ich trage sogar ihr Kleid.
»Es kommt mir so vor, als wüssten wir nicht mehr, wer wir sind«, sagte sie. »Wo wir herkommen.«
    »Wer du bist, wer ich bin, daran bestand nie ein Zweifel, Beryl. Egal, was wir über sie herausfinden, es hat mit uns nichts zu tun.«
    Sie sah ihn an. »Also glaubst du, die Geschichte könnte wahr sein.«
    Er stockte. »Ich weiß es nicht«, antwortete er zögernd. »Aber ich rechne mit dem Schlimmsten. Und das solltest du auch tun.« Er ging zum Schrank und holte ihr Cape.
    »Komm, kleine Schwester. Es ist Zeit, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Was auch immer das bedeuten mag.«
    Um sieben Uhr betraten sie das Café Le Petit Zinc, das Daumier als Treffpunkt vorgeschlagen hatte. Für die Franzosen war es noch zu früh zum Abendessen, und so war das Café leer bis auf ein einsames Paar, das bei Brot und Suppe saß. Sie nahmen in einer Nische im hinteren Teil des Cafés Platz und bestellten Wein und Brot, dazu Sellerie und eine Senfsoße zum Dippen. Nach einiger Zeit verließ das Pärchen das Lokal. Es wurde später und später. Ob Daumier seine Meinung geändert hatte und sie doch nicht treffen wollte?
    Um zwanzig nach sieben öffnete sich schließlich die Tür, und ein drahtiger kleiner Franzose in Anzug und Krawatte betrat das Lokal. Angesichts seiner grauen Schläfen und der Aktentasche hätte man ihn genauso gut für einen Banker oder Anwalt halten können. Doch in dem Moment, als sich ihre Blicke trafen, und er ihr kaum merklich zunickte, wusste sie, dass er Claude Daumier sein musste.
    Doch er war nicht allein, ein zweiter Mann betrat das Restaurant. Gemeinsam näherten sie sich der Nische, in der Beryl und Jordan Platz genommen hatten. Beryl erstarrte, als sie erkannte, wen Daumier mitgebracht hatte.
    »Hallo Richard«, sagte sie leise. »Ich wusste nicht, dass du auch in Paris bist.«
    »Wusste ich auch nicht«,

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