Verrat in Paris
sei ein Fehler, alles ein Fehler. Durch das französische Stimmengewirr hindurch hörte Jordan, wie jemand seinen Namen rief.
»Beryl?« stieß er erleichtert hervor.
Sie rannte auf ihn zu und warf ihn mit ihrer stürmischen Umarmung beinahe um. »Jordie! Mein armer Jordie, alles klar?«
»Mir geht’s gut.«
»Wirklich?«
»Jetzt, wo du hier bist.« Hinter ihr sah er Richard und Daumier stehen. Jetzt würde sich alles aufklären.
Beryl ließ ihn los und sah ihn beunruhigt an. »Du siehst schrecklich aus.«
»Und riechen tu ich wahrscheinlich noch schlimmer.« Er wandte sich an Daumier und sagte: »Hat man etwas über Colette herausgefunden?«
Daumier schüttelte den Kopf. »Ein einziger Schuss, neun Millimeter, in die Schläfe. Eine Hinrichtung, keine Zeugen.«
»Und was ist mit der Tatwaffe?« fragte Jordan. »Wie können sie mich verdächtigen, wenn sie nicht mal die Waffe haben?«
»Sie haben sie«, erwiderte Daumier. »Sie wurde im Rinnstein gefunden, in der Nähe des Wagens.«
»Und keine Zeugen?« wollte Beryl wissen. »Am helllichten Tag?«
»Es ist eine Seitenstraße. Da kommen nicht viele Leute vorbei.«
»Aber irgendjemand dort muss doch etwas gesehen haben. Es waren doch Menschen unterwegs.«
Daumier nickte unglücklich. »Eine Frau gab zu Protokoll, sie habe einen Mann gesehen, der sich mit Gewalt Zutritt zu Colettes Wagen verschaffte. Aber das war auf dem Boulevard Saint-Germain.«
Jordan stöhnte. »Na toll. Das stimmt.«
Beryl runzelte die Stirn. »Du?«
»Ich überredete sie, mich zurück zum Hotel zu fahren. In ihrem Auto wimmelt es sicher von meinen Fingerabdrücken.«
»Was passierte, nachdem Sie eingestiegen waren?« fragte Richard.
»Sie ließ mich beim Ritz raus. Ich ging nach oben, aber nach ein paar Minuten ging ich wieder herunter, um mit ihr zu sprechen. Da fand ich sie …« Stöhnend hielt er sich den Kopf. »Lieber Gott, das kann doch nicht wahr sein.«
»Haben Sie etwas gesehen?« drängte Richard.
»Nichts. Aber …« Jordan hob langsam den Kopf. »Colette vielleicht.«
»Aber Sie sind nicht sicher?«
»Als wir zum Hotel fuhren, schaute sie dauernd in den Rückspiegel. Sie sagte, sie würde schon Gespenster sehen. Ich schaute auch raus, sah allerdings nur den Verkehr.«
Niedergeschlagen wandte er sich an Daumier. »Ich fühle mich wirklich schuldig. Ich denke dauernd, wenn ich besser aufgepasst hätte, wenn ich nicht so sehr …«
»Sie konnte sich selbst schützen«, unterbrach ihn Daumier. »Sie hätte darauf gefasst sein müssen.«
»Das verstehe ich ja gerade nicht«, sagte Jordan. »Es traf sie offenbar total unvorbereitet.« Er sah auf die Uhr. »Es ist noch eine Weile hell. Wir könnten zurück zum Boulevard Saint-Germain gehen und jeden meiner Schritte nachvollziehen. Vielleicht erinnere ich mich an etwas.«
Sein Vorschlag wurde mit betretenem Schweigen quittiert. »Jordie«, sagte Beryl sanft, »das geht nicht.«
»Was meinst du damit?«
»Du kommst nicht raus.«
»Aber sie müssen mich rauslassen! Ich war es nicht!« Er sah Daumier an. Bestürzt sah er, dass der Franzose bedauernd den Kopf schüttelte.
Richard sagte: »Wir tun alles, was in unserer Macht steht, Jordan. Wir kriegen Sie schon hier raus.«
»Hat schon jemand Onkel Hugh angerufen?«
»Er ist nicht in Chetwynd«, sagte Beryl. »Keiner weiß, wo er ist. Er ist offensichtlich gestern Abend weggefahren, ohne jemandem Bescheid zu sagen. Wir gehen gleich zu Reggie und Helena, sie haben Freunde bei der Botschaft. Vielleicht können die was erreichen.«
Schockiert von den Neuigkeiten, stand Jordan im Chaos von drängelnden Häftlingen und Polizisten. Ich bin im Gefängnis und Onkel Hugh ist verschwunden, dachte er. Dieser Albtraum wird immer schlimmer.
»Und die Polizei glaubt, ich bin schuldig?« wagte er zu fragen.
»Leider«, sagte Daumier.
»Und Sie, Claude? Was glauben Sie?«
»Er weiß, dass du unschuldig bist!« erklärte Beryl. »Das wissen wir alle. Gib uns nur Zeit, damit wir das aufklären können.«
Jordan drehte sich um zu seiner Schwester, seiner schönen, eigensinnigen Schwester. Sie war der Mensch, der ihm am nächsten stand. Er nahm seine Uhr ab und legte sie ihr in die Hand.
Sie sah ihn fragend an. »Was soll das?«
»Sicher ist sicher. Ich bin vielleicht etwas länger hier. Ich will, dass du den nächsten Flieger nach London nimmst und nach Hause fährst. Verstehst du?«
»Ich fahre nirgendwo hin.«
»Oh doch. Richard wird sich schon darum kümmern.«
»Und
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