Verrat in Paris
wie will er das anstellen?« blaffte sie ihn an. »Mich an den Haaren ins Flugzeug schleifen?«
»Wenn es nötig ist.«
»Du brauchst mich hier!«
»Beryl.« Er nahm sie an den Schultern und sprach leise und vernünftig auf sie ein. »Eine Frau wurde ermordet. Und sie war dafür ausgebildet, sich selbst zu verteidigen.«
»Das bedeutet nicht, dass ich die Nächste bin.«
»Es bedeutet, dass jemand Angst hat und zurückschlagen wird. Du musst nach Hause fahren.«
»Und dich hier lassen?«
»Claude ist ja hier. Und Reggie …«
»Also, ich fliege nach Hause und lasse dich hier im Knast verschimmeln?« Sie schüttelte vehement den Kopf. »Du glaubst wirklich, das würde ich tun?«
»Wenn dir an mir liegt, tust du’s.«
Sie schob ihr Kinn vor. »Gerade weil mir an dir liegt«, sagte sie, »würde ich das nie tun.« Sie umarmte ihn heftig und voller Entschiedenheit. Dann wischte sie sich die Tränen weg und drehte sich zu Richard um. »Wir gehen. Je eher wir mit Reggie sprechen, desto schneller ist die Sache geklärt.«
Jordan sah seiner Schwester hinterher. Das war mal wieder typisch, dachte er, als sie sich eigensinnig ihren Weg durch die Menge aus Taschendieben und Prostituierten bahnte. »Beryl!« rief er. »Flieg nach Hause! Sei doch kein Idiot!«
Sie blieb stehen und sah ihn an. »Ich kann nichts dafür, Jordie. Liegt in der Familie.« Dann drehte sie sich um und verschwand.
6. Kapitel
D ein Bruder hat Recht«, sagte Richard. »Du solltest nach Hause fliegen.«
»Fang du nicht auch noch an«, zischte sie ihn über die Schulter an.
»Ich fahr dich zurück ins Hotel, damit du packen kannst. Dann bringe ich dich zum Flughafen.«
»Du und welche Armee?«
»Kannst du nicht einmal einen Ratschlag annehmen?«
Richard schien ungehalten.
Sie fuhr herum und baute sich auf dem überfüllten Bürgersteig vor ihm auf. »Ratschlag ja, Anweisung nein.«
»Okay, dann hör mir mal einen Moment zu. Es war schon Wahnsinn, überhaupt nach Paris zu kommen. Ich verstehe durchaus, warum du das getan hast. Du wolltest die Wahrheit über den Tod deiner Eltern herausfinden. Aber es hat sich einiges verändert, Beryl. Eine Frau wurde ermordet. Das ist eine ganz andere Liga.«
»Und was soll mit Jordan passieren? Soll ich ihn einfach hier lassen?«
»Darum kümmere ich mich. Ich werde mit Reggie sprechen. Wir besorgen ihm den besten Anwalt …«
»Und ich fahre nach Hause und tu so, als ob mich das alles nichts anginge?« Sie starrte die Uhr an, die sie in der Hand hielt. Jordans Uhr. Leise sagte sie: »Er ist meine Familie. Ist dir aufgefallen, wie schlecht er aussah? Es bringt ihn um, wenn er da bleiben muss. Wenn ich ihn jetzt allein lasse, kann ich mir das nie verzeihen.«
»Aber wenn dir etwas passiert, kann Jordan sich das nie verzeihen. Und ich mir auch nicht.«
»Du bist nicht für mich verantwortlich.«
»Aber du musst jetzt verantwortlich handeln.«
»Und wer hat das beschlossen?«
Er streckte die Hand nach ihr aus und nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Ich«, flüsterte er und küsste sie. Sie war so überrascht über diesen intensiven Kuss, dass sie so schnell gar nicht reagieren konnte; zu viele wunderbare Gefühle überwältigten sie. Sie hörte ihn lustvoll stöhnen, fühlte seine begierige Zunge in ihrem Mund. Ihr Körper reagierte, jeder Nerv vibrierte vor Begierde. Sie nahm den Straßenverkehr nicht mehr wahr und auch die Passanten nicht. Es gab nur noch sie beide, ihre Münder und Körper, die sich aneinander pressten. Den ganzen Tag hatten sie dagegen angekämpft, dachte sie. Und den ganzen Tag hatte sie gewusst, dass es sinnlos war. Sie hatte gewusst, dass es dazu kommen würde – ein Kuss in den Straßen von Paris, und sie wäre verloren.
Sanft löste er sich von ihr und sah sie an. »
Deshalb
musst du Paris verlassen«, murmelte er.
»Weil du es mir befiehlst?«
»Nein, weil es sinnvoll ist.«
Sie trat einen Schritt zurück, wollte eine Distanz zwischen ihnen schaffen, damit sie sich – irgendwie – wieder unter Kontrolle bekam. »Für dich vielleicht«, sagte sie leise. »Aber nicht für mich.« Sie drehte sich um und stieg in sein Auto.
Er setzte sich auf den Fahrersitz und schloss die Tür. Sie schwiegen eine Weile, und doch konnte sie seine Frustration spüren.
»Was kann ich tun, damit du deine Meinung änderst?« fragte er.
»Damit ich meine Meinung ändere?« Sie sah ihn an, und es gelang ihr, ein kompromissloses Lächeln aufzusetzen.
»Absolut nichts.«
»Die Situation
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