Verrat in Paris
Stimmung. Vielleicht war diese Leibwächter-Nummer gar nicht so schlecht, wenn die Lady jeden Tag ein Essen springen ließ. Sie ließen Beryl sogar gewähren, als sie auf der Rückfahrt zur Wohnung darum bat, kurz anzuhalten. Es dauere nicht lang, sagte sie, sie wolle sich nur eine neue Kunstausstellung ansehen. Sie könne ja etwas entdecken, was ihr gefalle.
Also begleiteten die Männer sie in die Galerie Annika.
Die Galerie entpuppte sich als riesiger, hoher Ausstellungsraum – die drei Stockwerke waren durch offene Gänge und Wendeltreppen miteinander verbunden. Die Sonne schien durch eine Kuppel herein und beleuchtete eine Sammlung von Bronzeskulpturen, die im ersten Stock aufgestellt war.
Eine junge Frau mit auffälliger roter Igelfrisur eilte auf sie zu und begrüßte sie. Ob Mademoiselle etwas Bestimmtes zu sehen wünsche?
»Darf ich mich einfach etwas umsehen?« fragte Beryl. »Oder vielleicht könnten Sie mir ein paar Gemälde zeigen. Nichts zu Modernes allerdings – ich präferiere klassische Künstler.«
»Selbstverständlich«, sagte die Frau und geleitete Beryl und ihre Begleiter auf der Wendeltreppe nach oben.
Die meisten Bilder, die hier hingen, waren schrecklich. Landschaften, die von deformierten Tieren bevölkert wurden. Vögel mit Hundeköpfen. Stadtszenen mit überdeutlich kubistischen Gebäuden. Die junge Frau blieb vor einem Gemälde stehen und sagte: »Vielleicht gefällt Ihnen so etwas?«
Beryl warf einen Blick auf die nackte Jägerin, die ein totes Kaninchen hochhielt, und sagte: »Ich glaube nicht.« Sie ging weiter und schaute sich die exzentrische Ansammlung von Gemälden, Stoffbildern und Tonmasken an. »Wer sucht die Werke aus, die hier ausgestellt werden?« fragte sie.
»Annika, die Besitzerin der Galerie.«
Beryl blieb vor einer besonders grotesken Maske stehen – einem Mann mit einer gespaltenen Zunge. »Sie hat … ein einzigartiges Gespür für Kunst.«
»Sehr gewagt, finden Sie nicht? Sie bevorzugt Künstler, die gern Risiken eingehen.«
»Ist sie hier? Ich würde sie gerne kenne lernen.«
»Im Moment nicht.« Die Frau schüttelte traurig den Kopf. »Einer unserer Angestellten starb letzte Nacht. Annika muss mit der Polizei sprechen.«
»Oh, das tut mir Leid.«
»Es war unser Hausmeister.« Die Frau seufzte. »Es kam sehr unerwartet.«
Sie kehrten ins erste Stockwerk zurück. Da entdeckte Beryl ein Kunstwerk, das sie vielleicht kaufen könnte. Es war eine der Bronzestatuen, eine Variation des Madonna-mit-Kind-Themas. Doch als sie die Skulptur von nahem betrachtete, sah sie, dass es kein Kind war, das da an der Mutterbrust lag, sondern ein Schakal.
»Faszinierend, nicht wahr?«
Beryl erschauderte und sah die junge Frau an. »Welcher brillante Geist hat sich das ausgedacht?«
»Ein neuer Künstler. Ein junger Mann, der gerade versucht, sich in Paris einen Namen zu machen. Wir geben heute Abend ihm zu Ehren einen Empfang. Vielleicht haben Sie Lust zu kommen?«
»Wenn ich es möglich machen kann.«
Die Frau griff in ein Körbchen und holte eine elegante Einladung hervor. Sie gab sie Beryl. »Wenn Sie heute Abend Zeit haben, kommen Sie doch bitte vorbei.«
Beryl wollte die Karte gerade in ihre Handtasche gleiten lassen, als ihr der Name des Künstlers ins Auge fiel. Sie kannte ihn.
Galerie Annika presente: Les sculptures de Anthony Sutherland 17 juillet 7-9 du soir.
9. Kapitel
D as ist Wahnsinn«, sagte Richard. »Ein nicht hinnehmbares Risiko.«
Zu seiner Verärgerung stapfte Beryl hinüber zum Kleiderschrank und begutachtete ihre Garderobe.
»Was ist für heute Abend wohl angemessen? Klassisch oder leger?«
»Du wirst ein prima Ziel abgeben«, warnte Richard sie. »Eine Vernissage! Öffentliche r geht es wohl nicht! Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
Beryl nahm ein enges schwarzes Seidenkleid aus dem Schrank, stellte sich vor den Spiegel und hielt es sich an. »An einem öffentlichen Ort ist man am sichersten«, bemerkte sie.
»Du solltest hier bleiben! Stattdessen läufst du durch die Stadt …«
»Du auch.«
»Ich hatte etwas zu erledigen.«
Sie drehte sich um und ging ins Schlafzimmer. »Ich ebenfalls«, rief sie ihm fröhlich zu.
Er ging ihr nach, blieb dann aber in der Tür stehen, als er sah, dass sie sich auszog. Er drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken an den Türpfosten. »Lust auf ein Drei-Sterne-Menü zählt nicht als Notwendigkeit«, rief er ihr zu.
»Es war kein Drei-Sterne-Menü. Nicht mal ein halber Stern. Aber immer
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