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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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brannte die Leidenschaft; und dadurch war sie viel verwundbarer, als sie jemals zugeben würde. Seit einem Jahr lebte sie sozusagen abstinent, hatte keine Lust mehr, auf die Piste zu gehen. Sie hatte sogar ihre Wohltätigkeitsarbeit im St. Luke-Krankenhaus aufgegeben – eine Tätigkeit, die ihr viel Spaß gemacht hatte.
    Aber es tat ihr zu weh, ständig ihrem früheren Geliebten über 33
    den Weg zu laufen.
    Doch heute Abend sah er in ihren Augen wieder den alten Glanz und freute sich darüber. Und ihre Augen glänzten noch mehr, als Richard Wolf sie ansah. Die beiden warfen sich kokette Blicke zu. Fast konnte er die Spannung zwischen ihnen greifen.
    »… natürlich eine verdiente Ehre, aber etwas zu spät. Oder was meinst du, Jordan?«
    Jordan schaute verwundert in Reggie Vanes blutunterlaufene, rotgeränderte Augen. Der Mann hatte eindeutig zu viel getrunken. »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Es tut mir Leid, aber ich kann nicht ganz folgen.«
    »Die Medaille der Queen für Leo Sinclair. An Leo erinnern Sie sich, oder? Ein toller Typ. Starb vor eineinhalb Jahren. Oder sind es schon zwei Jahre?« Er schüttelte seinen Kopf, als wolle er sich Klarheit verschaffen. »Jedenfalls werden sie jetzt erst seiner Witwe die Medaille überreichen. Das ist doch unentschuldbar.«
    »Nicht jeder, der im Golfkrieg umkam, bekommt einen Orden«, warf Nina Sutherland ein.
    »Aber Leo war beim Geheimdienst«, sagte Reggie. »Er verdiente eine Ehrung, vor allem, wenn man die Umstände seines Todes bedenkt.«
    »Vielleicht war es zunächst einfach ein Versehen«, sagte Jordan. »Irgendwelche Papiere wurden verlegt oder so was. Der MI 6 versucht, alle Opfer zu ehren, aber Leo muss ihnen irgendwie durch die Lappen gegangen sein.«
    »So wie Mum und Dad«, sagte Beryl. »Sie starben auch im Dienst. Und sie bekamen auch nie einen Orden.«
    »Im Dienst?« entgegnete Reggie. »Wohl nicht so ganz.«
    Unsicher führte er sein Glas zum Mund. Plötzlich stutzte er, denn er merkte, dass alle ihn anstarrten. Das Schweigen hielt an 34
    und wurde nur durch das Geklapper einer Austernschale auf einem Teller durchbrochen.
    »Was meinst du mit ›nicht ganz‹?« wollte Beryl jetzt wissen.
    Reggie räusperte sich. »Hugh hat es euch … doch sicher erzählt …« Er sah sich um und wurde blass. »Oh nein«, murmelte er. »Da bin ich wohl in ein Fettnäpfchen getreten.«
    »Hat uns was erzählt, Reggie?« beharrte Jordan.
    »Aber es war doch allgemein bekannt«, sagte Reggie. »Es stand in Paris in allen Zeitungen …«
    »Reggie«, sagte Jordan absichtlich langsam. »Wir dachten, dass unsere Eltern in Paris erschossen wurden. Dass sie ermordet wurden. Stimmt das nicht?«
    »Natürlich hatte es etwas mit einem Mord zu tun –«
    » Einem Mord?« hakte Jordan nach. »Einzahl?«
    Reggie sah sich um, leicht benebelt. »Ich bin nicht der Einzige hier, der weiß, wie es war. Ihr wart alle in Paris, als es passierte!«
    Ein paar Sekunden lang sagte niemand etwas. Dann fügte Helena leise hinzu: »Das ist sehr lange her, Jordan. Zwanzig Jahre. Heute macht es keinen Unterschied mehr.«
    »Für uns schon«, sagte Jordan. »Was geschah in Paris?«
    Helena seufzte. »Ich habe Hugh immer gesagt, er soll ehrlich mit euch sein, statt euch zu belügen.«
    »Wie, belügen? «fragte Beryl.
    Helena presste die Lippen aufeinander.
    Schließlich war es Nina, die ihnen die Wahrheit sagte. Die schamlose Nina, der Taktgefühl und Diplomatie immer fremd gewesen waren. Sie sah die beiden direkt an und erklärte schlicht: »Die Polizei sagte, es war Mord, gefolgt von einem Selbstmord.«
    Beryl starrte Nina an. Diese hielt ihrem Blick stand.
    35
    »Nein«, flüsterte Beryl.
    Helena berührte sanft ihre Schulter. »Du warst noch ein Kind, Beryl. Ihr beide. Und Hugh hielt es nicht für angemessen …«
    »Nein«, sagte Beryl wieder und entzog sich Helenas Hand. Sie wirbelte herum und verschwand, mit blauer Seide raschelnd, aus dem Ballsaal.
    »Vielen Dank Ihnen allen«, sagte Jordan kalt. »Für die erfrischende Offenheit.« Dann drehte auch er sich um und folgte seiner Schwester.
    Er holte sie auf der Treppe ein. »Beryl?«
    »Das ist nicht wahr«, sagte sie. »Das glaube ich nicht!«
    »Natürlich stimmt es nicht.«
    Sie blieb auf der Treppe stehen und sah ihn an. »Und warum behaupten es dann alle?«
    »Üble Gerüchte. Was denn sonst?«
    »Wo ist Onkel Hugh?«
    Jordan schüttelte den Kopf. »Er ist nicht im Ballsaal.«
    Beryl schaute Richtung zweiter Stock. »Komm, Jordie«,

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