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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schnappte Beryl ein paar Gesprächsfetzen auf, hörte Namen, deren Bedeutung sie nur vermuten konnte. Yurtschenko. Andropow. Bagdad. Berlin.
    Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, keine Fragen zu stellen und keine Antworten zu erwarten. »Das ist nichts, worüber du dir deinen hübschen Kopf zerbrechen musst«, sagte Hugh immer zu ihr.
    Aber diesmal würde sie sich nicht abwimmeln lassen. Diesmal wollte sie Antworten.
    Der Kellner brachte die Speisekarte. Beryl schüttelte den Kopf. »Wir gehen«, entschied sie.
    »Hast du keinen Hunger?« fragte Richard. »Claude sagt, das hier ist ein exzellentes Restaurant.«
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    »Hat Claude dich gebeten herzukommen?« wollte sie wissen.
    »Damit du uns fütterst und uns unterhältst und wir keinen Ärger machen?«
    »Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dich füttern darf. Und unterhalten.« Er lächelte sie schalkhaft an. Sie sah in seine Augen und fühlte in sich wieder die Versuchung aufsteigen.
    Bleib zum Dinner, las sie aus seinem Lächeln. Und danach …
    Wer weiß? Alles ist möglich.
    Sie lehnte sich zurück. »Unter einer Bedingung essen wir mit dir.«
    »Und die wäre?«
    »Du bist ehrlich zu uns. Keine Spielchen.«
    »Ich werd’s versuchen.«
    »Warum bist du in Paris?«
    »Claude bat mich um einen Rat, um einen persönlichen Gefallen. Da der Gipfel vorbei ist, habe ich zugesagt. Außerdem war ich neugierig.«
    »Wegen des Bombenanschlags?«
    Er nickte. »›Kosmische Solidarität‹ ist mir neu. Ich versuche, immer auf dem Laufenden zu bleiben, was terroristische Gruppierungen angeht. Das ist mein Geschäft.« Er hielt ihr eine Speisekarte hin und lächelte. »Und das, Miss Tavistock, ist die reine Wahrheit.«
    Sie sah ihn an und konnte kein Anzeichen von Unehrlichkeit entdecken. Trotzdem sagte ihr Instinkt ihr, dass sich hinter diesem Lächeln mehr verbarg.
    »Du glaubst mir nicht«, sagte er.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Wir essen also nicht zusammen?«
    Bis zu diesem Moment hatte Jordan ihnen bei ihrem
    Schlagabtausch lediglich zugehört. Jetzt mischte er sich 57
    ungeduldig ein. »Natürlich essen wir mit Ihnen. Denn ich habe Hunger, Beryl, und ich verlasse diesen Tisch nicht, ohne etwas gegessen zu haben.«
    Mit einem Seufzer der Resignation nahm Beryl die
    Speisekarte. »Hier haben wir die Antwort. Jordies Magen hat gesprochen.«

    Amiel Fochs Telefon klingelte exakt um 19 Uhr 15.
    »Ich habe einen neuen Auftrag für Sie«, sagte der Anrufer. »Es ist dringend. Vielleicht haben Sie diesmal mehr Erfolg.«
    Die Kritik saß, und Amiel Foch, der seit fünfundzwanzig Jahren im Geschäft war, fiel es schwer, darauf nicht zu reagieren. Der Anrufer saß am längeren Hebel; er konnte sich die Beleidigung erlauben. Für Foch ging es auch darum, nicht zum alten Eisen abgeschoben zu werden. Heutzutage bekam er nur noch selten Aufträge. Mit zunehmendem Alter wurden die Reflexe eben nicht gerade besser.
    Foch sagte gelassen: »Ich habe die Bombe exakt nach Ihren Anforderungen angebracht. Sie explodierte zur vorgegebenen Zeit.«
    »Und sorgte für nichts als einen Höllenlärm. Das Zielobjekt wurde nicht einmal verletzt.«
    »Sie tat das Unerwartete – so etwas liegt nicht in meiner Macht.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass sie diesmal die Situation unter Kontrolle haben.«
    »Wie lautet der Name?«
    »Es sind zwei. Bruder und Schwester, Beryl und Jordan Tavistock. Sie wohnen im Ritz. Ich will wissen, wohin sie gehen und wen sie treffen.«
    »Sonst nichts?«
    »Fürs Erste reicht das. Aber das kann sich jederzeit ändern, je 58
    nachdem, was sie herausfinden. Mit etwas Glück verschwinden sie einfach wieder nach England.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann werden wir weitere Maßnahmen ergreifen.«
    »Und was ist mit Madame St. Pierre? Soll ich es noch mal versuchen?«
    Der Anrufer zögerte. »Nein«, sagte er schließlich. »Das hat Zeit. Die Tavistocks haben Priorität.«

    Während des Essens – sie hatten Wildlachs und Ente mit Himbeersauce bestellt – spielten sich Beryl und Richard geschickt Fragen und Antworten zu. Richard war versiert in derlei Wortgefechten und gab nur das Nötigste über seine eigene Person preis. Er war in Connecticut geboren und aufgewachsen.
    Sein Vater, ein ehemaliger Polizist, lebte noch. Nach seinem Abschluss an der Princeton University kam Richard zum US-Außenministerium und trat in den diplomatischen Dienst ein.
    Vor fünf Jahren verließ er den Staatsdienst und machte sich mit einer Firma für Sicherheitsberatung selbstständig.

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