Verrueckt nach Brause
gibt mir die
ersten Anweisungen. Wie sieht die denn aus, denke ich noch, als ich zu meiner
feixenden Kollegin Sandra schaue. Das hätte ich besser nicht gemacht, denn nun
muss ich auch lachen.
„So fröhlich heute
Morgen, die Damen?“, sagt unsere Bürovorsteherin und verlässt damit
glücklicherweise den Raum.
„Hast Du die Haare
gesehen?“, pruste ich Sandra zu, die erwidert:
„Hör auf, ich könnt
mich wegschreien.“
Na ja, die Schönste
ist unsere Antje Ringel nun sowieso nicht: klein, dicklich, jedoch immer
bemüht, modisch auszusehen. Aber mit ihrem rot gefärbten Pony im
kurzgeschnittenen hellblonden Haar, sieht sie wirklich zu lächerlich aus. Das
Schlimme ist, dass wir uns jedes Mal, wenn sie hereinkommt, das Lachen kaum
verkneifen können, wir könnten losgrölen.
Als wir uns gerade
ein bisschen beruhigt haben, fällt mir ein, dass ich noch einen Termin bei der
Ärztin machen muss wegen dieser dusseligen Therapie. Eigentlich dürfen wir
keine Privattelefonate führen, aber, was die Ringel nicht weiß…
Gegen 9:00 Uhr
schleimt sie immer beim Chef rum und trinkt mit ihm Kaffee. Diese Zeit nutze
ich für meinen Anruf.
Ich bekomme meinen
ersten Termin schon für morgen Nachmittag, 16:00 Uhr. Voll die blöde Zeit für
mich. Da frag ich Andrea, ob sie Tom vom Hort mitnehmen kann.
Just in dem Moment,
wo ich auflege, kommt schon wieder die Vorsteherdrüse rein und guckt mich
durchdringend an.
„Ist was?“, frage
ich schuldbewusst.
„Allerdings“, sagt
sie und knallt mir mein Diktat von gestern Morgen auf den Schreibtisch.
„Der Text war voller
Fehler, Frau Fischer. Das ist nicht die Arbeitsweise, die ich hier erwarte. Ich
habe mich gezwungen gesehen, dies Herrn Dr. Berger zu zeigen“, röhrt sie und
dabei wippt nicht nur ihr roter Pony.
„Öh“, sage ich.
„Dr. Berger erwartet
Sie um 10 Uhr in seinem Büro“, und damit rauscht sie davon.
„Scheiße“, sagt
Sandra.
Ich sage gar nichts
mehr. Bis zehn arbeiten wir schweigend weiter. Mir ist schlecht, und ich habe
einen Kloß im Hals, als ich dann schließlich in Dr. Bergers Büro sitze.
„Frau Fischer,
glauben Sie, Frau Ringel hat hier nichts Besseres zu tun, als Ihre Fehler
auszubügeln?“
Offensichtlich
nicht, denke ich und sage:
„Es tut mir leid,
das wird nicht wieder vorkommen.“
„Leute, die dermaßen
schlampig arbeiten, können wir hier nicht gebrauchen“, zetert er los.
Er hört gar nicht
mehr auf – ziemlich von oben herab – auf mich einzureden. Langsam steigt Wut in
mir hoch. Was bildet dieses arrogante Arschloch sich eigentlich ein? Der hält
mich wohl für strohdoof. Wenn der wüsste, wie intelligent ich wirklich bin. Ich
habe vor einigen Jahren mal beim großen IQ-Test mit Günther Jauch mitgemacht,
vor dem Fernsehbildschirm versteht sich. Damals hatte ich eine fette Grippe und
habe dennoch einen IQ von 125 erreicht. Bei 130 fängt ja bekanntlich die
Hochbegabung an, das heißt, ohne Grippe bin ich vielleicht sogar hochbegabt.
Dr. Berger hält mich
gerade allerdings wohl eher für schwachbegabt, und so schlucke ich meinen Stolz
herunter und erfinde eine Geschichte, dass ich in der Nacht, bevor ich dieses
unsägliche Diktat von ihm gepinnt habe, kein Auge zugetan hätte, da ich meinen
kranken Sohn pflegen musste, der mit hohem Fieber im Bett lag.
Er nimmt mir die
Geschichte ab und ist sogar noch beeindruckt davon, dass ich trotz meines
kranken Kindes am nächsten Tag zur Arbeit gekommen bin.
„Ja, den Tom hat
meine hilfsbereite Nachbarin an dem Tag gepflegt“, lüge ich weiter.
So komme ich für
heute noch mal mit einem blauen Auge davon.
Pünktlich um 16 Uhr
sitze ich bereits im Behandlungsraum 1 vor einem dieser BRT-Geräte. Frau Dr.
Abraham wird sicher gleich kommen.
„Guten Tag, Frau
Fischer, Weber, mein Name“, sagt eine kleine rundliche Frau und überreicht mir
einen Zettel.
„Dies sind die
Stoffe, auf die Sie allergisch reagieren.“
Ich schaue auf die
nicht enden wollende Liste und schlucke. Gegen was bin ich eigentlich nicht
allergisch? Ich lese:
Weizen
Eiklar
Milchzucker
Champignons
Brokkoli
Curry
E 123
Die Liste geht noch
viel weiter, ich stocke und frage:
„Ja, wo soll man denn
da anfangen?“, während ich denke: Was soll das denn kosten?
„Wir fangen mit den
Dingen an, mit denen Sie täglich in Berührung kommen. Später suchen Sie sich
dann aus, was Ihnen wichtig ist. Wir starten erst einmal mit dem Basisprogramm.
Manche Allergien brauchen mehr als eine Sitzung, bis sie
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