verrueckt nach dir
mich mit einem unschuldigen Schulterblick nach hinten.
»Äh, nein, ist sehr gemütlich hier ... zwischen all dem vielen Müll ...«, erwiderte ich sofort. Ich würde mich ganz sicher nicht zu ihm nach vorne setzen, denn irgendwas in mir drin hielt dies für absolut nicht angemessen.
»Wenn du meinst. Aber hier vorne hättest du mehr Platz.«
»Danke, aber nein, danke.« Ich schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster.
»Schon gut«, stöhnte er und fuhr los. »Dann sag doch mal, Lexi, wie gefällt‘s dir in Berlin denn so? Janna meinte, dass du aus so `nem Kaff in Süddeutschland kommst, stimmt das?«
Kaff? Oh, er wollte offensichtlich eine nette, kleine Unterhaltung führen.
Wir fuhren weiter durch die nächtlichen Straßen. Ich stellte fest, dass mein Fenster heruntergekurbelt werden konnte, und tat genau das, um mir kühle Luft ins Gesicht wehen zu lassen.
»Ich fühl mich sehr wohl hier«, antwortete ich leicht verspätet, aber wahrheitsgemäß und vor allem entschlossen, mich über seine leicht abwertende Wortwahl nicht zu ärgern. »Mir gefällt meine Schule. Außerdem hab ich ja euch alle kennengelernt und ...«
»Und dich gleich verknallt ...«, warf er prompt ein und grinste schief.
Also wirklich! Die Jungs in dieser Familie hatten wohl allesamt das Frechheits-Gen. Zum Glück aber schien ich mich daran zu gewöhnen.
»Ha ha! Ja ... hab ich. Und?«
»Du bist die erste Freundin, die mir Sergio vorgestellt hat. Und willst du was wissen, Lexi?«
Seine harmlos klingende Frage behagte mir nicht wirklich, folglich war ich mir nicht sicher, ob ich von ihm »was wissen« wollte, aber meine elende Neugier siegte mal wieder. »Und das wäre?«
»Diese Ringe ...!« Er machte mitten im Satz eine gemeine Pause. Ich starrte gespannt auf seinen Hinterkopf.
»Weißt du, dass weder mein Vater noch meine Mutter, sondern ich sie nach Sergios Zeichnung angefertigt habe?«
Oh! Das war jetzt doch eine beeindruckende Neuigkeit für mich.
»Was, wirklich? Hätt ich dir irgendwie nie im Leben zugetraut, Bojan, ganz ehrlich ...«, sagte ich verblüfft.
»Ja, das hör ich ständig«, murrte er. Ich konnte allerdings erkennen, dass er dabei schmunzelte. »Verstehe nicht, warum mir kein Mensch sowas zutraut?«
»Vielleicht, weil das so eine feine Arbeit ist, die viel Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert?«
»Ist `ne Arbeit wie jede andere auch, wenn du mich fragst.«
»Arbeitest du öfter im Schmuckladen deiner Eltern?«
»Manchmal, wenn mich nicht gerade was anderes umtreibt. Meine Eltern bilden mich zum Goldschmied aus. Irgendwann werde ich den Laden übernehmen und ganz groß rausbringen! So wie diese Joop Tussi«, sagte er selbstsicher.
»Du machst das also gerne?«
»Irgendwie schon. Dabei dachte ich immer, ich will Manager werden, aber dann ... also ich will nicht so ein Arsch sein.«
»Hm?«
»Na, so ein Managerarsch, halt.«
An der nächsten Kreuzung kamen wir wegen der roten Ampel zum Halten, und als ich nach draußen sah, erkannte ich, dass wir fast da waren.
Ich musste über seine Formulierung lachen. »Was hättest du denn managen wollen?«
Er spähte kurz nach hinten. »Keine Ahnung. Irgendwas.«
Als die Ampel auf Grün umschaltete, fuhr er geradeaus weiter.
»Nächste rechts rein ...«, wies ich ihn an, und Bojan bog nach ein paar Metern ab.
»Und wie sieht es bei dir aus? Hast du eine Freundin?«, fragte ich ihn, wenn wir denn schon mal dabei waren.
Er lachte, als hätte ich etwas Abwegiges gesagt. »Nein, ich genieße noch meine Freiheit! Außerdem warte ich auf meine Traumfrau!«, behauptete er und machte ganz ungeniert ein lautes Knutschgeräusch, woraufhin ich beschloss, das Thema nicht weiter zu vertiefen.
Wir waren fast da.
»Links abbiegen und dann kannst du hinter der Straßenlaterne schon halten.«
Er ging sachte auf die Bremsen, bis der Wagen zum Stillstand kam.
»Vielen Dank fürs Fahren«, sagte ich und wollte schon die Tür öffnen.
»Wart mal ... Bist du ganz sicher, dass du nicht doch noch mitkommen willst?«, fragte er hastig.
Ich hielt in der Bewegung inne.
Er hatte den Oberkörper nach hinten gedreht, den Arm auf der Rückenlehne abgelegt und sah mich eindringlich an.
»Ganz sicher, wirklich! Aber danke trotzdem.« Ich versuchte, einen hoffentlich unübersehbar entschlossenen Gesichtsausdruck zu machen.
»Na, dann, noch `ne schöne Restnacht, Lexi. Und bis demnächst mal.«
Sein Lächeln erschien mir durch und durch verwegen, aber so ganz sicher war ich
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