verrueckt nach dir
den Ecken völlig abgewetzt war.
Er legte einen Bündel Geldscheine auf den Couchtisch und deutete mit der Hand darauf. »Das will ich euch geben ... Ich weiß, ich schulde noch viel mehr ...«
»Du kannst dein beschissenes Geld wieder einpacken«, verlangte Sergio barsch. »Wir brauchen nichts ...«
Jelena warf ihm einen warnenden Blick zu. »Sergio! Das ist eine Angelegenheit zwischen deinem Vater und mir«, sagte sie aufgebracht. Dann dämpfte sie ihre Stimme und sprach in einem ruhigen Ton weiter: »Milan, wir nehmen das Geld.«
Sergio verschränkte die Arme vor der Brust. Plötzlich baumelte meine Hand, die er die ganze Zeit festgehalten hatte, nutzlos neben mir, und ich wusste nicht, ob ich auf demselben Fleck stehen bleiben oder mich in irgendeine Ecke verdrücken sollte.
Sergio legte den Kopf schief. »Hast du denn gar keinen Stolz ...«, fragte er seine Mutter mit einem abschätzigen Blick.
Jelena glühte plötzlich. »Sergio, hör auf! Du gehst zu weit!«
»Ich versteh, dass du mich verabscheust«, ging Milan dazwischen. Er klang bitter und resigniert. »Ich würde es auch tun.« Dann wandte er sich an Jelena. »Kann ich ... bevor ich gehe ... Yvo sehen? ... Bitte!«
Für einen Moment schien jeder im Raum die Luft anzuhalten.
Jelena starrte Milan ungläubig an. Sie schien sprachlos und rang mit sich. Adriana und ich beobachteten voller Sorge Sergio, der die Augen zusammengekniffen und die Fäuste geballt hatte. »Nur über meine Leiche!«, drohte er in einem höchst beängstigenden Tonfall.
Milan senkte den Kopf und atmete tief durch. »Verstehe«, flüsterte er. »Dann geh ich jetzt besser ... Ach ja, das hier ...« Er deutete auf das große Geschenkpaket, das er mitgebracht hatte. »... ist für Yvo. Gebt es ihm bitte ... oder werft es weg ... Ich werd‘s nicht wieder mitnehmen.«
Jelena erhob sich wortlos.
Als Milan vor Sergio stand, sahen sie sich einen Moment lang reglos in die Augen. Dann gab Sergio den Weg frei, und Milan schritt auf den Flur, gefolgt von Jelena. Sergio unterließ es, hinterher zu gehen, um sich zu verabschieden. Ich blickte zu Adriana, die ihr Gesicht in den Händen vergraben hatte und auf ihrem Platz kauerte. Sie schluchzte leise vor sich hin. Ich setzte mich neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. »Hey«, flüsterte ich. »Janna ...«
»Das ist alles wie ein böser Traum«, sagte sie. »Wie wir ihn behandelt haben ...«
Plötzlich sprang sie auf und lief aus dem Wohnzimmer. Ich hörte, wie sie nach ihrem Vater rief und sich schließlich in aller Form von ihm verabschiedete.
Sergio ließ sich auf die Couch sinken und machte weiterhin ein übellauniges Gesicht. Ich konnte allerdings auch eine gewisse Verunsicherung in seinen Augen erkennen.
»Geht‘s dir gut?«, fragte ich vorsichtig.
Er nickte. »Der soll mir nie wieder unter die Augen treten«, sagte er mit belegter Stimme.
»Das hast du ihm ja eben mehr als deutlich gemacht«, gab ich zurück. Unbeabsichtigt hatte ich ein wenig vorwurfsvoll geklungen. Ich musste feststellen, dass mich Sergios Härte gegenüber seinem Vater erschrocken hatte, auch wenn ich sie durchaus für berechtigt hielt. Schließlich würde er ein Leben lang eine Narbe im Gesicht und in der Seele tragen, die er einzig ihm zu verdanken hatte.
»Er kann sich nicht um hundertachtzig Grad gedreht haben und sich plötzlich für Yvo interessieren«, sagte Sergio bitter. »Das Kind, das er nie anerkannt hat. Das ist Bullshit, reinste Augenwischerei. Er ist und bleibt ein Fake, Lexi. Nur gut, dass er mir nach dem Rutschenko-Kampf nicht vor die Füße gelaufen ist ... Ich weiß nicht, ob er heil aus dem Gebäude herausgekommen wäre.«
Wir hörten, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel und es auf dem Flur still wurde. Wenig später kamen Jelena und Adriana zurück.
»Du führst dich auf wie ein elender Pascha, Sergio!«, schimpfte Jelena mit hochroten Wangen. »Das lass ich mir nicht bieten. Mir reicht‘s. Ich bin deine Mutter und nicht irgendeine Person, die zufällig mit euch wohnt. Das hier ist meine Wohnung. Ich bin diejenige, die die Rechnungen zahlen muss. Und im Übrigen, Yvo ist mein Sohn, für den ich vor dem Gesetz und vor Gott ganz allein verantwortlich bin. Bei aller Liebe, Sergio, aber in letzter Zeit gehst du einfach zu weit ...«
Jelena nahm die Geldscheine vom Tisch und hastete aus dem Raum. Kaum eine Minute später kam sie zurück und hob das Geschenkpaket hoch.
Sergios Miene verdüsterte sich. »Was hast du vor?«,
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