verrueckt nach mehr
erfuhr, dass sie das ganze Wochenende bei Joshua verbringen würde. Ich bat sie, im Fa l le des Falles meine Notlüge mit unserem angeblichen Kin o abend und der gemeinsamen Übernachtung mitzumachen. »Alles klar, Lexi, ich weiß Bescheid!«, sagte sie, ohne i r gendwelche Fragen zu stellen.
Sie lud mich zu Joshua ein, doch ich lehnte ab, obwohl mir kaum Alternativen zur Übernachtung blieben.
Würde ich zuhause schlafen, müsste ich riskieren, dass zwischen Derek und meiner Mutter keine romantische Sti m mung aufkam. Aber was blieb mir sonst übrig?
Ich dachte an mein Telefonat mit Leyla und beschloss, sie anzurufen. Es würde sich zeigen, ob sie gerne mit leeren Wo r ten um sich warf oder ihr Unterstützungsangebot ernst g e meint hatte.
»Oh, hallo, Lexi! Wie geht es dir? So eine Überraschung!«
Sie klang auf jeden Fall sehr erfreut.
»Mir geht‘s ganz gut, danke. Ich wollte fragen, was du so machst?«
»Bin zuhause. Janine und ich sind morgen zu einer G e burtstagsparty eingeladen, deshalb chillen wir heute Abend. Oh, Janine kennst du nicht. Sie ist meine Mitbewohnerin.«
»Ich wusste nicht, dass du eine Mitbewohnerin hast.«
»Und eine Katze.«
»Toll.«
»Und was machst du so, Lexi? Neulich warst du ja nicht sehr gesprächig. Das soll jetzt aber kein Vorwurf sein.«
»Leyla, ich ...« Auf einmal hatte ich Hemmungen. Sie ha t te mir angeboten, sie jederzeit anzurufen, wenn ich jemanden zum Reden brauchte, aber gleich übernachten? Andererseits hatte ich einen guten Grund, warum ich zuhause nicht au f kreuzen wollte.
»Lexi, was ist? Kann ich etwas für dich tun?«
»Ja«, sagte ich. Auch wenn es mir peinlich war, würde ich jetzt mit der Tür ins Haus fallen. »Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?«
Am anderen Ende der Leitung herrschte ein kurzes Schweigen. »Ist doch hoffentlich nichts Schlimmes passiert, oder?«
»Nein, ich brauch einen Schlafplatz und ...«
»Tamam, tamam, du musst nichts erklären! Hey, du kannst gerne bei uns schlafen. Dann lernst du Janine und Pispis ke n nen, und wir können alle quatschen, bis wir tot umfallen!« Sie lachte schrill.
»Cool ... wo muss ich hinkommen?«
»Ich schick dir die Adresse per SMS, okay. Wann kommst du?«
»Jetzt gleich.«
»Schön, dann bis nachher.«
Bojan hatte natürlich alles halbwegs mitgehört. Er wartete darauf, dass ich ihn aufklärte. Ich sah es an der Art, wie sein Blick immer wieder zu mir rüberwanderte.
»Ich schlaf heut Nacht bei `ner Freundin«, sagte ich.
»Du willst wirklich nicht hier bleiben?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will Sergio nicht überfallen, Bo, das geht nicht. Meine Intuition sagt, dass es falsch wäre. Außerdem hab ich Angst, dass ich ihn von mir wegtreibe, wenn ich mich jetzt aufdränge.«
»Wenn du meinst«, sagte er skeptisch. Er hatte sein Wer k zeug hingelegt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. »Und wie machen wir das mit morgen?«
»Ich ruf dich an, und wir finden einen Treffpunkt.«
»Okay ...«
An der Wohnungstür umarmten wir uns kurz.
»Pass auf dich auf«, sagte er ernst.
Ich lächelte. »Mach ich. Und danke noch mal!«
Sparring mit Folgen
Leyla hatte mir geschrieben, mit welchem Bus ich fahren und welchen Straßen ich folgen musste, sodass ich ihre Wo h nung problemlos fand. Alles in allem hatte der Weg keine ha l be Stunde gedauert. Das Gewitter war längst vorbeigezogen und hatte den groben Schmutz von den Straßen mitgeno m men, und auch der Sturm hatte sich gelegt, aber kalt war mir trotzdem. Meine Hose war an manchen Stellen noch feucht und ließ mich schlottern.
Bei Leyla wurde ich sofort umsorgt wie eine kleine Schwester und war die ersten Minuten völlig gerührt von ihrer Gastfreundlichkeit. Sie packte mich in einen rosa Flanell-Jogginganzug, den sie zurecht als »hässlich, aber nützlich bei Kälte« bezeichnete. Ihre Mitbewohnerin Janine war eine zie m lich hübsche Rothaarige, die Grafikdesign studierte und mich nicht minder herzlich aufnahm. Mit ihren gefühlt hu n dert Halsketten und Armbändern, den großen Ohrringen und ihrem farbenfrohen Outfit, war sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Blickfang.
Leyla erinnerte mich heute an eine Hummel. Nicht nur ihr Strickkleid war schwarz-gelb gestreift, sondern auch ihre Strumpfhose und die dicken Flauschpantoffel, in denen ihre Füße bis zu den Fesseln steckten.
»Wir machen es wie die Tussis in diesem Champagner-Spot, Lexi, wir amüsieren uns und lassen für heute Abend mal die Kerle sausen, was?«
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