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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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Falls der Iraner tatsächlich belastende Dinge über den Tod seines Gefährten gewusst hatte, hätte Kurtz von seiner Flucht profitiert. Ihn zu töten wäre jedoch logischer und sehr viel weniger riskant gewesen. Nein, sie hatte noch immer nicht alle Teile zusammen.
    Wieder betrachtete Kat die fünf Kreise auf dem Papier: Colin, Stuart, Kurtz, Bagheri und der tote Gefangene, beide Iraner. Alle Teile, mahnte sie sich, selbst wenn sie aussehen, als würden sie nicht passen. Sie schaute zu Jamal und erinnerte sich an die Geschichte von den Soldatinnen, die sie als Erfindung abgetan hatte.
    Kat hatte nur am Anfang, als der Junge seine Reise und die Verbindung zu Bagheri skizziert hatte, wirklich Zeit gefunden, ihn zu befragen. Später hatte sie ihre ganze Energie darauf verwandt, ihn auf die Zukunft vorzubereiten. Jetzt wurde ihr klar, dass sie Kurtz damit in die Hände gespielt hatte.
    Ein Lager, in dem Frauen das Sagen hatten. Ein Lager in der Nähe von Herat, nahe der iranischen Grenze. Bagheri hatte die Wahrheit gesagt.
    Sie stand auf, ging zu Jamal und berührte ihn sanft an der Schulter.
    Er drehte sich herum und schaute sie schläfrig und verwirrt an.
    »Dieses Lager in Herat. Ich muss genau wissen, was Bagheri dir erzählt hat.«
Virginia
    »Ich habe ihr mehr als sonst gegeben«, sagte Marina, als sie und Morrow Susans Zimmer betraten. Susan schlief tief und fest in ihrem Krankenhausbett, ihr Atem ging erstaunlich regelmäßig. Auf einem Tablett am Fußende lagen mehrere Schmerzpflaster. Mindestens eine Wochendosis, ausgepackt und einsatzbereit.
    Zu Beginn ihrer Krankheit, als Susan noch das Haus verlassen konnte, hatte sie sich angewöhnt, bunte Turbane statt einer Perücke zu tragen. Marina hatte ihr ein smaragdgrünes Tuch elegant um den kahlen Kopf geschlungen und mit einer goldenen Brosche befestigt. Susan hatte sich auch schminken lassen, was nicht sonderlich erfolgreich gewesen war. Ihre Lippen leuchteten zu rot im blassen Gesicht, und das Rouge prangte in zwei perfekten rosa Kreisen auf den Wangen. Sie sah aus wie eine billige Puppe.
    Morrow nahm ein Tuch vom Nachttisch und wischte ihr damit sanft über den Mund. Er verschmierte den Lippenstift bis zum Kinn und machte es nur noch schlimmer.
    »Sie werden sehen, es ist ganz leicht«, sagte Marina.
    Nicht immer, dachte er, sagte aber: »Ja, du hast sicher recht.« Dann wurde ihm ohne jede Vorwarnung schlecht. Er stürzte ins Bad und würgte eine wässrige, gallenbittere Flüssigkeit hervor. Er hatte nichts im Magen außer dem Whisky vom Vorabend.
    Morrow sah sein verzerrtes Spiegelbild im Wasser der Toilette. Wie sehr musste Susan es sich gewünscht haben! Eigentlich brauchten sie ihn gar nicht, doch sie hatte der Russin gesagt, dass sie es so haben wollte. In diesem Augenblick hasste er Susan, weil sie ihm ihren Tod aufnötigte.
    »Mr Morrow?«
    »Ja, Marina.« Er wischte mit dem Handrücken über den Mund und stand auf. »Es ist schon gut.«

 
Marokko
    Jamal setzte sich hin und rieb sich die Augen. Er war verärgert. »Ich habe es dir doch schon gesagt. Angeblich gibt es dort Frauensoldaten. Musliminnen, Dschihad-Kämpferinnen. Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Was sonst noch, Jamal?« Kat wollte ihm begreiflich machen, wie wichtig die Frage war. »Wie hat er die Frauen genannt?«
    Jamal schien den Tränen nahe und schloss die Augen. Diese Geste kannte Kat noch aus Bagram. Vielleicht dachte er an seine Beziehung zu Bagheri.
    Kat wich zurück, um ihm Luft zu verschaffen, damit er die dunklen Erinnerungen, die ihn überfallen hatten, abschütteln konnte.
    Jamal öffnete die Augen und fixierte einen Punkt über ihrer Schulter. »Mudschaheddin. Er nannte sie Mudschaheddin.«
    »Wie sonst noch?«, hakte Kat nach. Sie wollte ihm die Antwort nicht in den Mund legen.
    Jamals Augen wanderten nach unten, ihre Blicke trafen sich. »Mudschaheddin-e-Khalq«, sagte er schließlich, als hätte er den Namen tief in seiner Erinnerung gefunden. »Ja, so hießen sie.«
    Kate nickte und kritzelte die Abkürzung MEK neben Bagheris Namen. Es war nicht nur irgendein Teil des Puzzles, sondern ein ganz besonders wichtiges. Sie überlegte angestrengt, was sie über die Gruppe wusste.
    Nachdem sie im Kielwasser der iranischen Revolution nach Europa geflohen waren, erlebten die MEK während des iranisch-irakischen Krieges den ersten großen Durchbruch. Saddam Hussein hatte sie als möglichen Verbündeten erkannt und mit Waffen und Geldmitteln ausgestattet. Im Gegenzug führten sie

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