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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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Schule wollte. Wirkte in sich gekehrt. Sie wusste es. Sie hatte es die ganze Zeit über kommen sehen.
    Es hätte ihm also eigentlich leichter fallen müssen, damit herauszurücken. Trotzdem dauerte es noch eine halbe Stunde, bis er die Worte über die Lippen brachte. Nein, er würde nicht mitkommen zu ihrer Schwester nach Amerika. Er würde nirgendwohin mehr mitkommen.
    Er verlasse sie.
    Sie sah ihn an. Ließ den Blick aus ihren dunklen Augen über seine Züge gleiten. »Was hast du vor?«, fragte sie leise.
    »Ich weiß es noch nicht. Ich glaube, ich werde zunächst eine Weile auf Reisen gehen. Dann sehe ich weiter.«
    »Warum, Sil?«
    Er senkte den Blick.
    »Ich versuche bloß, es zu verstehen … Du hattest doch genug von alldem, oder?«
    Er starrte zur Autobahn in der Ferne. Die Autos waren bis hierher zu hören, ein konstantes Rauschen. »Ja. Im Augenblick schon. Im Augenblick ist mir am meisten danach zumute, ein ganz ruhiges Leben zu führen. Zusammen mit dir. Ein bisschen arbeiten, ein bisschen etwas von der Welt sehen, nach Südamerika reisen … so was. Aber das dachte ich vor ein paar Monaten auch schon. Ich war überzeugt, es hinter mir zu haben.« Er sah sie eindringlich an. »Ich kann mir ja nicht mal selbst vertrauen, verdammt. Wie soll ich es da von dir verlangen?«
    Der Blick aus ihren Augen war trauriger, als er ertragen konnte.
    »Ich will nicht riskieren, dass du so was womöglich noch einmal mitmachen musst«, fuhr er fort. »Wenn man jemanden liebt, sollte man ihn nicht in Gefahr bringen. Aber genau das tue ich. Genau das habe ich getan, seit ich dich kenne.«
    Sie presste die Lippen aufeinander, wie um einen Redeschwall einzudämmen. Holte tief Luft durch die Nase.
    »Ich weiß, dass du das verstehst«, sagte er.
    »Ich bin ja nicht zurückgeblieben.«
    Er drückte ihre Hand. »Verzeih.«
    Sie nickte und fixierte einen Punkt in der Ferne. »Ich hab’s kommen sehen.« Ihre Hand strich über seinen Oberschenkel, wo er einen dicken Verband trug, der unter der Jeans deutlich zu spüren war. »Ein Rottweilerbiss, was?«
    Er verzog den Mund zu einem freudlosen Grinsen und wandte beschämt den Blick ab. »Schusswunde.«
    »Verstehe.« Sie legte ihre Hände in den Schoß. »Schusswunde.«
    »Tut mir leid.«
    »Es tut weh, Sil.«
    »Vielleicht komme ich zurück«, sagte er, einer plötzlichen Gefühlsregung folgend.
    »Ach ja?«
    Er schwieg.
    »Eine Sache noch, Maier. Wenn du jetzt gehst … bin ich vielleicht nicht mehr da, wenn du zurückkommst. Denn dann gebe ich mir ab sofort größte Mühe, dich zu hassen. Und jeden auch nur halbwegs annehmbaren Typen, der mir über den Weg läuft, zerre ich sofort in mein Bett.«
    Beunruhigt sah er sie an. »Du bist aber schon ein bisschen vorsichtig dabei, oder?«
    Sie stand auf, zog den Reißverschluss ihrer Jacke hoch und schaute streitlustig auf ihn herunter. »Das ist ab sofort nicht mehr dein Problem, oder? Geh du auf Reisen, denk über dein Leben nach, setz dich auf einen Berg und summ vor dich hin –es ist mir völlig egal. Geht mich nichts mehr an. Hau ruhig ab. Aber solltest du dich zurücktrauen, wenn ich hier grade alles wieder auf die Reihe gekriegt habe, dann kannst du Gift drauf nehmen, dass ich dir die Kniescheiben zu Matsch trete.«
     
    Er schaltete den Fernseher aus, drehte sich auf die Seite und klickte sich zur Begrüßungsseite von Hotmail durch.
    S-a-g-i-t-t-a-r-i-u-s-1-9-6-8 tippte er in das Eingabefeld. Dann begann er die Suche nach dem @-Zeichen. Unter Shift-2 befand es sich schon mal nicht. Wo hatten die Franzosen den verfluchten Klammeraffen versteckt? Schließlich fand er ihn auf der Null-Taste, als eine von drei Funktionen; um ihn auf den Bildschirm zu bekommen, musste er unter anderem noch AltGr drücken. Im selben Augenblick ging ein nerviges Pop-up von Orange auf und wies ihn darauf hin, dass sein Internetguthaben bald verbraucht wäre. Sogleich fing das Ding munter an, die verbleibende Zeit abzuzählen.
    »Dann halt nicht«, murmelte er, klappte den Laptop zu, schob ihn zur Seite und knipste das Licht aus.
    Susan würde ihm sowieso nicht mailen. Warum auch.
     

34
     
    Wadim verstaute seine Geräte in einer Baumwolltasche und steckte sie in seinen Rucksack. Ließ das Lichtbündel seiner Maglite durch das große Zimmer flitzen. Richtete den Strahl auf ein gerahmtes Foto an der Wand. Eingeklappte Sonnenschirme und verlassene Strandliegen vor ruhiger See. »Hurghada« stand mit Bleistift auf dem Passepartout, daneben

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