Verschleppt
über die Stirn. „Vielleicht haben wir verpasst, einen Mittelweg zu finden, Sara.“ Sara widersprach ihm nicht. Draußen am Himmel türmten sich wieder weiße Wolken auf.
„Wo fahren wir eigentlich hin?“, fragte Sara, um die Stille zu durchbrechen. Matt schaute auf ein Straßenschild und fuhr vom Highway ab. Die Gegend wurde immer verlassener, tiefe Wälder umschlossen zunehmend die Straße. „Harold wohnt am Rande von San Diego, nahe der mexikanischen Grenze. Am Pacific Gateway Park.“ Sara hatte keinen Schimmer, wo das war. „Aha“, sagte sie nur. Er schaute auf die Uhr. „Es ist nicht mehr weit.“ Sara nickte, als ihr Handy klingelte. Shawn. „Hi Shawn, was gibt es?“, fragte Sara ins Telefon. Am anderen Ende war nur ein Rauschen, die Verbindung war schlecht, bis sie vollends unterbrochen wurde. „Keine Chance“, sagte Matt. „Hier hast du kein Netz, erst wenn wir durch diese Wälder sind.“ Sara seufzte. „Na, großartig“, sie steckte ihr Handy in ihre Jackentasche.
„Woher kennst du diesen Harold eigentlich?“, nahm sie das Gespräch mit Matt wieder auf. Matt klopfte mit seinen Händen auf das Lenkrad. „Er kam vor ungefähr einem Jahr in meine Kanzlei und bat um anwaltliche Hilfe. Er wurde mit Alkohol am Steuer aufgegriffen. Und hat darauf die Beamten, die ihn angehalten haben, beleidigt und einen sogar tätlich angegriffen.“ Sara seufzte. „Ach Gott, so einer.“ Matt schüttelte den Kopf. „Das dachte ich zuerst auch. Aber je öfter er bei mir im Büro war, desto besser haben wir uns verstanden. Wir sind immer öfter ins Gespräch gekommen.“ Sara wunderte sich über gar nichts mehr. Sie schaute aus dem Fenster und beobachtete die Wagenkolonnen neben ihr, die immer seltener wurden. „Auf jeden Fall hat er nur eine Geldstrafe bekommen. Als Dank hat er mich dann zu einem Angelausflug eingeladen.“ Sara riss sich zusammen, keinen blöden Kommentar abzugeben. „Das haben wir dann immer öfter gemacht und irgendwann hat er mir seinen Sohn bei einem Essen vorgestellt. Der hatte wiederum seine Stiefschwester dabei. Hannah. Den Rest kennst du ja.“ Sara nickte. „Stimmt, dann kam Super-Hannah“, brummte sie. Matt warf ihr einen strengen Seitenblick zu, ließ diesen Spruch aber kommentarlos stehen und richtete seinen Blick wieder auf die Straße. Sara dachte nach. „Und was ist mit Patricks Bruder?“ Matt wirkte erstaunt. „Bruder? Was für ein Bruder?“ Sara dachte schon, dass sie halluzinierte. Aber sie rief sich wieder das Foto an Patricks Pinnwand in den Sinn. „Hat Harold nie von einem weiteren Sohn gesprochen?“ Matt nahm die Ausfahrt. „Nein, nie. Er hat immer nur von Patrick und Hannah gesprochen.
Kapitel 49
Matt und Sara hatten die letzten Meter vor sich, Sara war in Gedanken. Es war nicht der Verkehr, der sie ablenkte; sie schien ihre Frage genauestens abzuwägen, nach den richtigen Worten zu suchen. Sie schaute Matt an und berührte ihn am Arm. „Matt“, sagte sie leise. „Glaubst du, Noah geht es gut?“ Matt erwiderte ihren Blick. „Du meinst, ob ich glaube, ob er lebt?“ Sara nickte stumm. Matt drückte ihre Hand. „Ja, Sara. Er lebt. Ich weiß es!“ Sie sah in seinen Augen, dass er wirklich daran glaubte. Die Angst vom Vortag war aus seinen Augen gewichen. Irgendwie beruhigte sie das.
Sie waren am Ziel angekommen. Sara blickte durch die Windschutzscheibe auf ein mittelgroßes, graues Gebäude. Die Gegend war sehr einsam, weit und breit waren keine Nachbarhäuser zu sehen. Das Land war flach, bis zum Horizont nichts als Wald zu sehen. Matt parkte den Wagen direkt vor der Einfahrt. Sara stieg aus und musterte das Haus. Es war ein unscheinbares Haus. Zweistöckig. Der graue Putz kam an manchen Stellen runter. Unten waren die Vorhänge zugezogen, nur etwas Licht drang durch, oben war alles dunkel. „Komm, lass uns schnell die Sachen abgeben und dann nach Hause.“ Matt zog seine Jacke an und holte das Equipment aus dem Kofferraum. Coop sprang aus dem Auto und flitzte an den nächsten Strauch. „Coop, hier lang.“ Matt pfiff, aber Coop schnüffelte weiter. Matt ging zu ihm und nahm ihn an die Leine, Coop zog unentwegt. „Wie wäre es mal mit Hundeschule?“, fragte Sara. Matt guckte sie nur böse von der Seite an. „Ich glaube, wenn hier jemand therapeutische Hilfe braucht, dann nicht der Hund!“ Sara verdrehte die Augen. Ein wild gepflasterter Weg, dessen Platten mit Unkraut überwuchert waren, führte zur Eingangstür. Der Kies knirschte unter
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