Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Tagen?«
Da verschlug’s CI Lauderdale, wie es so schön heißt, schlagartig die Sprache.
Siobhan Clarke war diejenige, die die wichtigste Information in diesem Fall lieferte. Jetzt war es nämlich ein Fall. Rebus störte es nicht, dass die ganze Maschinerie ohne ihn lief. Holmes und Clarke erstatteten ihm am Ende des Tages immer Bericht. Die Codeknacker hatten sich mächtig ins Zeug gelegt, so dass sich die Detectives nun die Opfer aus Caffertys schwarzem Buch vorknöpfen konnten. Würden nur ein bis zwei von ihnen vor Gericht aussagen, wäre Cafferty fällig. Bisher war jedoch niemand dazu bereit. Rebus hatte so eine Idee, wer sich vielleicht überreden ließe.
Dann erwähnte Siobhan, dass Caffertys Firma Geronimo Holdings einen Anteil von neunundsiebzig Prozent an einem großen Bauernhof im Südwesten der Region Borders besäße, nicht weit von dem Küstenabschnitt entfernt, an dem bis vor kurzem häufiger Leichen angespült worden waren. Man schickte einen Polizeitrupp zu dem Bauernhof und fand reichlich Material für die Spurensicherung … besonders in den Schweineställen. Die Ställe selbst waren zwar einigermaßen sauber, doch über jedem der baufälligen Verschlage befand sich ein abgeschlossener Speicher. Der größte Teil des Bauernhofs entsprach dem neuesten Stand der Hightech-Landwirtschaft, nicht jedoch die Ställe. Das brachte die Polizei überhaupt auf die Idee, dass dort etwas faul sein könnte. In den dunklen Räumen über den Schweineställen, die mit jetzt bereits verfaultem Stroh ausgelegt waren, roch es nach Verwesung. Kleidungsfetzen wurden gefunden, in einer Ecke lag ein Hosengürtel von einem Mann. Sämtliche Räumlichkeiten wurden fotografiert und nach Teilchen abgesucht, die irgendwie nicht hingehörten. Im Haus gab währenddessen ein Mann, der zunächst behauptet hatte, er sei ein einfacher Landarbeiter, zu, dass er Derek Torrance sei, besser bekannt unter dem Namen Deek.
Zur gleichen Zeit fuhr Rebus nach Dalkeith, genauer gesagt zur Duncton Terrace. Es war noch früh am Morgen, und die Familie Kintoul befand sich zu Hause. Mutter, Vater und Sohn saßen an drei Seiten eines Klapptischs in der Küche.
Die Bratpfanne stand noch heiß auf dem fettigen Gasherd. Die Vinyltapete an den Wänden war feucht vom Kondenswasser. Das Essen auf den Tellern war mit brauner Soße übergossen. Rebus nahm den Geruch von Essig und Spülmittel wahr. Rory Kintoul entschuldigte sich und ging mit Rebus ins Wohnzimmer. Zwischen Küche und Wohnzimmer gab es eine Durchreiche, und Rebus fragte sich, ob Ehefrau und Sohn wohl an der Klappe lauschten.
Rebus nahm in einem der Sessel am Kamin Platz, Kintoul ihm gegenüber.
»Tut mir Leid, wenn ich ungelegen komme«, begann Rebus. Schließlich mussten bestimmte Förmlichkeiten eingehalten werden.
»Worum geht’s, Inspector?«
»Wie Sie sicher gehört haben, Mr Kintoul, haben wir Morris Cafferty verhaftet. Er wird für eine ganze Weile aus dem Verkehr gezogen.« Rebus sah zu den Fotos auf dem Kaminsims, Schnappschüsse von Kindern mit Zahnlücken, vermutlich Nichten und Neffen. Er musste lächeln. »Ich dachte, da wäre es vielleicht an der Zeit, dass Sie es sich von der Seele reden.«
Er schwieg einen Moment, den Blick immer noch auf die gerahmten Fotos gerichtet. Kintoul sagte nichts.
»Nun weiß ich«, erklärte Rebus, »dass Sie ein guter Mann sind. Ich meine, ein rechtschaffener Mann. Für Sie kommt die Familie an erster Stelle, hab ich Recht?« Kintoul nickte unsicher. »Für Ihre Frau und Ihren Sohn würden Sie alles tun. Das gilt auch für andere aus der Familie, Eltern, Geschwister, Cousins und Cousinen …« Rebus verstummte.
»Ich weiß, dass Cafferty aus dem Verkehr gezogen wird«, sagte Kintoul.
»Und?«
Kintoul zuckte die Schultern.
»Es sieht folgendermaßen aus«, fuhr Rebus fort. »Wir wissen so ungefähr alles, was es da zu wissen gibt. Wir brauchen nur noch eine kleine Bestätigung.«
»Das bedeutet, ich müsste aussagen?«
Rebus nickte. Eddie Ringan würde ebenfalls aussagen. Für ein gutes Wort von der Polizei in seinem eigenen Prozess würde er alles erzählen, was er über das Central Hotel wusste. »Mr Kintoul, Sie müssen eines akzeptieren. Sie müssen akzeptieren, dass Sie sich verändert haben. Sie sind nicht mehr der Mann, der Sie vor ein paar Jahren waren. Warum haben Sie es überhaupt getan?« Rebus stellte die Frage so, wie ein Freund sie stellen würde, der einfach neugierig ist.
Kintoul wischte sich einen Klecks Soße
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