Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
und öffnete die Schnürsenkel seines linken Stiefels, um besser an den verstauchten Knöchel zu kommen, kramte einen sauberen Lappen aus einer ihrer Anoraktaschen und tauchte ihn in das Eiswasser neben dem Eingang. Mit dem nassen Lappen und einer Handvoll Schnee kehrte sie zu Josh zurück. Sie schob den Schnee vorsichtig unter seine Socke, entschuldigte sich leise, als er vor Schmerzen stöhnte, und legte den kalten Lappen über seinen Knöchel.
»Danke«, sagte er, »das tut gut.«
»Sorry, aber ein Lagerfeuer und warme Wolldecken musst du dir denken. Hier gibt’s weit und breit kein Holz für ein Feuer, und ich hab keine Lust, meinen Anorak zu verbrennen.« Sie lächelte verschmitzt. »Und Decken kann ich leider auch nicht herzaubern.« Sie ging zum Eingang. »Ich sag Carol Bescheid.«
Leider schien ihr Funkgerät bei dem Sturz ebenfalls gelitten zu haben, oder das Tal lag zu abgelegen, denn auch diesmal war die Verbindung so schlecht, dass sie kaum etwas verstand. »Josh ist verletzt«, rief sie so laut und deutlich wie möglich. »Er hat sich den Fuß verstaucht. Schick den Hubschrauber zu den Höhlen!« Sie wiederholte die Meldung mehrere Male, war sich aber auch dann nicht sicher, ob Carol sie verstanden hatte. »Julie …«, kam die bruchstückhafte Antwort. »… Josh … wie passiert … hoffentlich Wetter … besser …«
Danach war nur noch ein lästiges Rauschen und Knacken zu hören, und sie schaltete entnervt das Funkgerät ab. »Die Verbindung war schon mal besser«, sagte sie. »Mit dem Handy kommst du hier draußen auch nicht weit. Es sei denn, du hast eines dieser schlauen Dinger, die auch im Dschungel klingeln.«
»Das schenk ich dir zu Weihnachten.«
»Zu teuer«, erwiderte sie. »Lass uns lieber was Feines essen gehen.«
»Sushi?«
Sie blickte ihn verwundert an. »Du magst Sushi? Rohen Fisch und so ’n Zeug? Und ich dachte, angehende State Trooper mögen nur Cheeseburger.«
»Im Augenblick würde mir schon ein Stück Schokolade reichen.«
Sie brach ihm einen Riegel von ihrer eigenen Reserve ab. Anscheinend waren die Schmerzen etwas zurückgegangen. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft eine Verstauchung sein konnte. Vor zwei Jahren war sie auf einem Parkplatz neben ihrem Pick-up ausgerutscht und hatte sich ebenfalls einen Knöchel verstaucht. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie weh es getan hatte. Mit dem Taxi war sie ins Krankenhaus gefahren und hatte Krücken verpasst bekommen.
»Kurz nach zehn«, sagte sie nach einem Blick auf ihre Armbanduhr. »Heute Mittag soll der Sturm abflauen. Die Hubschrauber starten, sobald man einigermaßen die Hand vor Augen sieht. Das sind hartgesottene Piloten. Ich hab gehört, einer soll Kampfflieger im Irak gewesen sein. Die kommen bald.«
Josh konnte schon wieder lächeln. »Ich weiß gar nicht, ob ich mir das wünschen soll. Solange du dich um mich kümmerst.« Er streckte seine Hand aus, und sie griff danach. Sie hatten beide die Handschuhe ausgezogen und spürten die Wärme des anderen. »Du bist echt cool, Julie, weißt du das? Wenn ich’s nicht besser wüsste, könntest du schon jahrelang bei den Rangern sein.«
»Mein Dad sagt, ich sollte meine Outdoor-Klamotten öfter mal gegen ein Kleid eintauschen.«
»Wie ein Hausmütterchen?«
»Damit ich weiblicher wirke.« Sie betonte das »weiblicher«. »Meiner Mutter hat er das auch immer geraten, dabei ist sie Ärztin, wie er. Ich glaube, die jungen Krankenschwestern, die ständig vor ihm kuschten, waren ihm lieber.«
»Ich mag Frauen, die sich nichts gefallen lassen.«
»Dann bist du bei mir richtig.« Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn auf den Mund. »Ich sehe mich mal in der Höhle um. Ich glaube, die ist größer, als wir dachten. Hoffentlich schläft kein Grizzly im Hinterzimmer.«
»Sieh dich bloß vor!«
»Ich nehme es auch mit Bären auf, Josh.«
Mit eingeschalteter Stirnlampe drang sie in das Innere der Höhle vor. Der vordere Teil endete ungefähr fünfzig Schritte weiter an einer grauen Felswand mit einem gefrorenen Wasserfall, der aus einer Öffnung dicht unter der Decke ragte und in einer vereisten Lache auf dem Boden endete. Sie ging vorsichtig um die Eislache herum und erreichte einen breiten Tunnel, der nach links abbog und sich im scheinbar endlosen Dunkel verlor. Neugierig lief sie weiter.
In dem Tunnel war es so kalt, dass sie gezwungen war, ihre Handschuhe wieder anzuziehen. Ein schwacher Lufthauch zog durch den Gang, brachte die eisige
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