Verschollen am Mount McKinley - Alaska Wilderness ; 1
zurück. Sein linker Knöchel war bereits geschwollen. Sie fuhr sanft mit der linken Hand darüber und bewegte langsam seinen Fuß. Er schrie aus Leibeskräften.
»Bist du verrückt? Das tut höllisch weh!«
»Gebrochen ist er nicht«, beruhigte sie ihn.
»Woher willst du das wissen?«
»Mein Vater ist Arzt, schon vergessen? Da lernt man so einiges.«
Aus der Ferne drang erneut Motorengeräusch zu ihnen herüber. Sie blickten beide nach Süden und sahen den Scheinwerfer eines Snowmobils durch das Schneetreiben leuchten. Viel zu schnell kam es näher. Der Motor heulte jedes Mal auf, wenn es über eine Bodenwelle fuhr, der Scheinwerfer tanzte.
»Der Mann mit dem Gewehr!«, zischte Julie. »Wir müssen hier weg!«
»Wie denn? Ich kann nicht laufen!«
»Du musst!«, forderte Julie ihn auf. »Bis zur Höhle schaffen wir das schon.« Sie reichte ihm die Hände. »Beeil dich, wir haben nicht viel Zeit. Der Mann muss jeden Augenblick hier sein. Ich stütze dich.«
Er griff nach ihren Händen und stemmte sich mit dem gesunden Bein aus dem Schnee, wurde fast ohnmächtig vor Schmerz, als er mit dem anderen hängen blieb. Mit geschlossenen Augen hielt er sich an ihren Armen fest, bis der Schmerz etwas nachließ, und er wieder einigermaßen klar im Kopf war.
»Halt dich an meiner Schulter fest!«, sagte Julie. Das Brummen des Motors wurde immer lauter, konnte nicht mehr weit entfernt sein. »Beeil dich!«
Er gehorchte und schrie schon beim ersten Schritt. Stöhnend vor Schmerz sank er zu Boden. »Ich kann nicht«, jammerte er. »Es … es tut so … so verdammt weh! Geh allein weiter, Julie! Ich … ich vergrab mich hier im Schnee.«
»Unsinn! Die paar Schritte schaffst du. Oder willst du, dass er auf dich schießt?« Sie zog ihn erneut aus dem Schnee. »Beiß die Zähne zusammen!«
Das lauter werdende Brummen des Motors in den Ohren, kämpften sie sich weiter den Hang hinauf. Julie ächzte unter seinem Gewicht, schaffte es kaum, die Beine zu heben, und hatte das ständige Gefühl, sie würden der Höhle keinen Schritt näher kommen. Zu langsam und behäbig kamen sie voran. »Gleich haben wir es geschafft!«, machte sie ihm Mut. »Weiter, Josh!«
Wie sie es schafften, ohne dass Josh ohnmächtig wurde, vermochten sie später nicht mehr zu sagen. Mit einer letzten Kraftanstrengung erreichten sie die Höhle. Josh sank zu Boden und blieb mit den Schneeschuhen auf dem nackten Felsboden liegen. Julie blieb geduckt im Eingang stehen und beobachtete mit klopfendem Herzen, wie der geheimnisvolle Fremde in ihrem Blickfeld erschien, zu ihrem Schrecken den Motor drosselte und stehen blieb.
Sie warf sich zu Boden, riss sich die Schutzbrille vom Gesicht, und spähte den steilen Hang hinab. Der Blick des Mannes wanderte an den Höhlen entlang, blieb länger an dem Eingang zu ihrer Höhle hängen, zumindest glaubte sie das zu erkennen, und richtete sich nach Süden. Erneut ließ er den Motor seines Snowmobils aufheulen und fuhr davon, in das Schneetreiben hinein.
»Er ist weg!«, flüsterte sie. »Und ich dachte schon …« Sie ließ den Satz unvollendet und drehte sich nach Josh um. Er hatte das Bewusstsein verloren.
11
Julie verlor keine Zeit. Sie schnallte ihre Schneeschuhe ab, befreite auch Josh von diesem lästigen Ballast und zog ihn weiter in die Höhle hinein. Im Schein ihrer Stirnlampe legte sie ihn auf eine windgeschützte Felsplatte rechts vom Eingang. Sie nahm ihm die Schutzbrille ab, dachte daran, ihm den Stiefel vom verstauchten Fuß zu ziehen, entschloss sich aber dagegen. Die Angst, ihn nicht mehr über den geschwollenen Knöchel ziehen zu können, war zu groß.
Als sie Josh den Schnee vom Gesicht wischte, öffnete er die Augen. Er blickte sie ungläubig an. »Wo bin ich? Was ist passiert?« Im selben Augenblick meldete sich sein Knöchel, und er stöhnte vor Schmerz. »Verdammt! Das tut höllisch weh!« Er kniff die Lippen zusammen und versuchte, sich an den Schmerz zu gewöhnen. »Ist er weg?«
»Der Mann mit dem Snowmobil? Der ist nach Süden gefahren.«
»Auf den Mount McKinley zu?«
»Ich weiß auch nicht, was er da will. Mit dem Snowmobil kommt er in den Ausläufern sowieso nicht weit. Und Wild gibt’s da auch nicht.« Sie sah, wie Josh verzweifelt gegen den Schmerz ankämpfte, und legte eine Hand auf seine Wange. »Nicht bewegen. Du nimmst jetzt erst mal Schmerztabletten aus dem Notfallvorrat und dann leg ich dir einen kalten Umschlag drauf. Dann wird es gleich besser.«
Sie gab ihm die Tabletten
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