Verschollen in der Pyramide
seinem Stand weggejagt hat, wenn sie einfach nur schauen wollten.«
»Ja, dass er beim Handeln gerissen ist, darüber hat meinVater auch schon geschimpft. Er versucht anscheinend immer wieder, die Preise in die Höhe zu treiben. Aber da ist er nicht der Einzige. Beachte ihn einfach nicht.«
Hatus fröhliches Geplapper lenkte Setha und Meketre von Heqanacht ab.
»Sind Nebet und Tamit in der Hütte?«, fragte Setha ihren kleinen Bruder.
»Nebet drinnen, Tamit Wasser.«
Bis zur Hütte waren es nur noch wenige Schritte. Setha setzte Hatu vor der Tür ab, wo er außer seinen alten Lehmmurmeln eine Holzente zum Spielen hatte, und trat zusammen mit Meketre ein. Ihre Schwester Nebet stand im halb überdachten Innenhof an der Feuerstelle.
»Nebet, du wirst doch nicht in der Mittagshitze Brot backen?« Nebet war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie erschrocken herumfuhr, als sie Sethas Stimme hörte.
»Hatu hat Hunger«, sagte sie, »deshalb habe ich nicht bis zum Abend gewartet. Ich bin aber fast fertig.«
Es war so heiß, dass sich selbst die Fliegen im Schatten niedergelassen hatten und an den Wänden festzukleben schienen. Während Nebet das Brot aus den spitzen Förmchen herauslöste und auf einem Holzgestell ausbreitete, lief ihr der Schweiß in die Augen. Sie trocknete ihr Gesicht mit einem kleinen Leinentuch und gab jedem ein halbes Brothütchen.
Sie klopfte die Krümel von ihrem weißen Hemdkleid, nahm ihr Kopftuch ab und schenkte kühles Wasser in Tonschalen.Außer Hatu, der spielen durfte, setzten sich alle in den Wohnraum und Setha erzählte von Nufris Verschwinden. Als sie das erschrockene Gesicht ihrer Schwester sah, suchte sie nach tröstenden Worten. »Unser Vater gehört zu den besten Arbeitern des Pharaos, die Götter werden ihn sicher schützen.«
Damit schien Nebet zufrieden zu sein. Nach der kurzen Mahlzeit ging sie zurück in die Küche, um die Feuerstelle zu säubern. Hatu schlief auf dem Boden ein und Setha wollte ihren Bruder Tamit holen.
»Kommst du mit?«, fragte sie Meketre.
»Nein, ich muss meinem Vater zu Hause helfen, er hat noch nicht genug Holzspielzeug für den nächsten Marktverkauf beisammen.« Sanft strich er Setha über die Wange. »Sobald ich kann, bin ich wieder bei dir.«
Setha ging auf die Suche nach Tamit. Sie machte sich Sorgen um ihn. Es gab Krokodile und giftige Wasserschlangen am Fluss und Tamit war sehr waghalsig. Setha war noch nicht lange unterwegs, da sah sie ihn in einer Gruppe von Jungen. Er rannte ihr entgegen und hielt ihr einen Krug voller Frösche entgegen.
»Schon wieder so viele Frösche, die dann in unserer Hütte herumhüpfen«, sagte Setha mit einem missbilligenden Blick in den Tonkrug.
»Magst du keine Frösche?« Tamit war enttäuscht und trottete wortlos neben Setha her.
Um ihn aufzumuntern, erzählte sie ihrem Bruder von den Arbeiten an der Pyramide, von den riesigen Kalksteinblöcken, die mehr als zehn Tonnen wogen, der Grabkammer und den vielen verborgenen Gängen. Nufris Verschwinden verschwieg sie, denn sie fand, dass ihr Bruder mit seinen sechs Jahren noch zu klein dafür war.
Später, während die Jungen vor der Hütte Wetthüpfen mit den Fröschen veranstalteten, machten Setha und Nebet das Abendessen. Es gab Gemüse, Feigen und Datteln, das frisch gebackene Brot und Wasser. Die Geschwister rückten im Wohnraum zwei kleine Tische zusammen und stellten vier dreibeinige Schemel um sie herum. Beim Essen bekam Hatu wieder Bauchschmerzen und musste sich erbrechen. Nebet holte einen Lappen und wusch das Gesicht des kleinen Jungen. Dann zog sie ihm einen frischen weißen Kittel an und gab ihm von dem neuen Pulver, das sie vor Kurzem auf dem Markt besorgt hatte. Hatu erholte sich schneller als gewohnt, das Pulver schien zu helfen. Nach dem Essen räumten die Kinder das Geschirr in die Küche und spülten die Gefäße und Teller mit warmem Wasser ab, das tagsüber in der Sonne gestanden hatte. Zum Trocknen legten sie es auf eine frische Bastmatte.
»Wir müssen noch die Krüge auf dem Dach mit frischem Wasser füllen«, sagte Setha zu Tamit und Nebet, »außerdem brauchen wir frisches Stroh.«
Die Geschwister gingen gemeinsam zur Wasserstelle in der Mitte des Dorfes. Dort hatten sich bereits einige Frauen und Kinder eingefunden, auch die junge Witwe Tala war unter ihnen. Sie trat lächelnd auf Setha zu.
»Ich grüße dich, Setha, hast du Neuigkeiten von deinem Vater?«
Setha schaute sich nach ihren Geschwistern um. Als sie sich vergewissert
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