Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
ab. Wahrscheinlich bekam die arme Frau mit einem Mörder unter demselben Dach nachts kein Auge zu.
    Nach einem entspannenden Glas auf der Türschwelle begab sich Carl zwecks Zubereitung seines Nachtmahls in die Küche, allerdings
     kam er vorher am Aufräumen nicht vorbei |267| . Dass Johanna ihm großzügig den Abwasch hinterließ, ärgerte ihn nicht – es war mehr die Unverfrorenheit, mit der sie es tat.
    Wie immer vergaß er beim Kochen alles andere, nur die wackelnden Töpfe mit schlecht passenden Deckeln verleideten ihm ein
     wenig den Spaß, dafür freute er sich über das neue Küchenmesser. Er zerlegte die Lammschulter und briet das mit Salz und Pfeffer
     gewürzte Fleisch an. Im Bratensatz röstete er Zwiebel und Knoblauch, gab Tomatenmark dazu, löschte mit Rotwein ab, reduzierte
     etwas und verlängerte mit Lammfond. Er gab die Soße mit dem Fleisch in einen Bräter und ließ alles im Backofen schmoren. Hoffentlich
     stimmten die Hitzeangaben. Später kam das Gemüse hinzu: Karotte und Sellerie. Er würzte mit Rosmarin, Salbei und Thymian und
     fügte erst jetzt den gehackten Paprika hinzu. Der Duft des Bratens, wie es im Rezept hieß, überlagerte den Rosenduft, sodass
     er sich zum Essen auf die Veranda setzen konnte.
    Dass er allein war, hatte die aufmerksame Nachbarin sicher längst an entsprechende Stellen weitergegeben. »Sachdienliche Hinweise«
     hieß das im Polizeijargon. In Österreich auch? Das Kochen hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und der volle Magen tat ein
     Übriges, dass er sich heute zum ersten Mal seit Marias Tod erleichtert fühlte. Der Knoten löste sich. Der Kontakt mit den
     Winzerinnen machte ihm Freude, er fühlte sich akzeptiert und lernte. Schade, dass Frank Gatow nicht länger blieb. Hatte er
     die Einladung in die Toskana ernst gemeint? Carl dachte an die Zukunft, eine für sich allein, solo. Fühlte er sich so frei,
     weil der unhaltbare Zustand mit Johanna auf ein Ende zusteuerte? War das die kurze Euphorie – vor dem Absturz, wenn die Unausweichlichkeit
     der Einsamkeit mit eisigen Wellen auf ihn zurollte? In einer bescheidenen Wohnung, halb so groß wie die bisherige? Sie müssten
     den Haushalt aufteilen, die Bettwäsche, die Handtücher, die Bilder, die Stühle. Und er müsste sich wieder |268| für die Industrie schinden. Sie würden ihn nehmen, klar, sofort, unbequem würde die Zukunft werden, aber zumindest reell.
     Hoffentlich blieb nicht so viel Sand in den Ohren, wenn er den Kopf da rauszog.
    Oder bin ich so aufgekratzt, weil ich weiß, wer Maria von der Empore geworfen hat? Nein, nicht geworfen – dieser Großsprecher
     hatte sie erschlagen, mit dem Holzscheit, mit dem man die untere Klappe der Gärtanks aufsperrte, um die Maische rauszuholen
     und die Tanks zu säubern. Und dann hat er sie runtergeworfen, die Leiche zurechtgelegt – so ein durchtriebenes Schwein, unfassbar,
     denn wie ein Mörder sieht er nicht aus. Weshalb eine lebenslange Strafe riskieren? Hielt er sich wie alle Mörder für schlauer
     als andere? Sicher, sonst hätte er es nicht getan. Oder hatte Maria etwas über ihn gewusst, was keinesfalls ans Licht kommen
     durfte? Wenn er meinte, kaltblütig gehandelt zu haben, hatte er sich geirrt. Carl war ihm in die Quere gekommen. Thomas Thurn
     hatte gerade noch die Kurve gekriegt und war durch die Tür geschlüpft. Aber Carl hatte ihn gesehen   ... doch wie wenig Beweiskraft seine Aussage hatte, wusste er auch. Von hinten gesehen, ein Witz geradezu. Wie kann ich den
     Inspektor dazu bewegen, Thurns Alibi zu überprüfen? Nur wenn ich sein Motiv herausfinde   ...
    Erst als die Flasche leer war, räumte Carl den Tisch ab, stellte das Radio an, betrat das Schlafzimmer und setzte sich auf
     Johannas Bett. Auf dem Sofa hatte er schlecht geschlafen. Sollte sie sich damit arrangieren, wenn ihr danach war. Er betrachtete
     das Bettzeug, roch an Johannas Kopfkissen und hatte das ungute Gefühl, dass er sich was vormachte. Ihre guten Jahre waren
     vorbei, die schlechten hatten längst begonnen, in jenem unbedachten Moment von Schwäche und Schweigen. Sie würde ihm trotz
     dem fehlen. Nicht die Johanna von heute, nein, die von damals, die Johanna, die es nicht mehr gab. Doch ein Zurück war unmöglich.
    Spät in der Nacht kam er zu sich. Er war angezogen auf |269| dem Bett eingeschlafen. Es war zwei Uhr, ein Hund bellte in der Ferne. Sie war nicht gekommen. Hatte sie einen Unfall gehabt
     oder war sie bei   ... bei diesem Surflehrer? Die coole

Weitere Kostenlose Bücher