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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und Zweigelt interessierten sie nicht, ob die Zugabe von
     Merlot einen Wein früher trinkreif machte, war ihr egal, und wie sich zwanzig Prozent Cabernet Sauvignon bei einer Assemblage
     mit St. Laurent auf seine Tanninstruktur auswirkte, war ihr schnuppe. Außerdem ekelte es sie, wie die Männer den Wein, nachdem
     sie ihn im Mund gehabt hatten, in den Sektkühler spuckten. Diesen Ekel hatte sie auch bei der Verkostung empfunden, zu der
     Carl sie mitgeschleift hatte. Genau wie heute hatte sie geärgert, dass sie es sich hatte gefallen lassen. Thomas Thurn wollte
     ihr Zusammenhänge erklären, die sie nicht im Mindesten interessierten. Hansi nannte Namen, die ihr nichts sagten, und der
     Anwalt sprach über die Lese des vergangenen Sommers. In Carl hätten sie sicherlich einen Zuhörer gefunden.
    |264| Sie aber war außerhalb des Gesprächs, und nach einer Weile nahm niemand mehr Notiz von ihr, was sie ewig nicht mehr erlebt
     hatte. Als sie aufbrachen, dunkelte es bereits. Sie waren die letzten im Raum, die beiden Hostessen hinter der Bar gähnten
     herzzerreißend. Thomas Thurn geleitete sie die Treppe hinunter. »Nun hat eure charmante Begleitung gar nicht die Kellerei
     besichtigt. Das holen wir ein andermal nach.«
    Bloß das nicht, dachte Johanna, aber es konnte vielleicht nicht schaden, obwohl ihr die Nähe dieses Mannes alles andere als
     angenehm war, und er, als Einziger im Anzug, während die anderen salopp gekleidet waren, legte ihr den Arm um die Schulter.
     »Was haltet ihr davon – wir fahren zum Lensch nach Podersdorf. Sein ›Wirtshaus zur Dankbarkeit‹ ist eins der traditionellsten,
     einfach super. Das haben wir verdient.«
    »Lass uns verschwinden«, flüsterte Johanna in einem unbeobachteten Moment Hansi zu. Bei dem Gedanken, mit ihm allein zu sein,
     bekam sie Herzklopfen. »Ich möchte dich nur für mich.«
    »Sei kein Spielverderber, es ist ein so vergnügter Abend. Später«, sagte er nachsichtig und strich mit der Nase an ihrem Ohr
     entlang, »später sind wir allein. Aber Essen muss man. Du, der Thomas ist wichtig. Er ist mit im Boot.«
    »Das habe ich befürchtet«, murmelte Johanna entnervt und sah ihre Felle davonschwimmen. Mit diesen Männern auf Dauer zusammenarbeiten?
     Mit Hansi ja, aber nicht mit den beiden anderen.
    In diesem Eindruck wurde sie durch das Benehmen von Thomas Thurn noch bestätigt. Hatte er vorher großspurig verkündet, sie
     alle einzuladen, so hörte sie ihn in der »Dankbarkeit« nach dem Essen mit dem Wirt über die Rechnung und seine Prozente streiten
     »   ... bei den vielen Gästen, die ich dir schicke, müssten wir eigentlich alles umsonst kriegen.« Und seine Weine waren nicht
     auf der Weinkarte zu finden, wo sie doch alle so »klass« sein sollten!
    |265| Die Antwort des Wirts verstand Johanna nicht mehr, sie musste ihren Horchposten aufgeben, um nicht aufzufallen.
    Wäre es nach Hansi gegangen, wären sie länger geblieben, aber Johanna drohte, allein zu fahren, und der Anwalt hatte keine
     Lust, den Surflehrer nach Mörbisch zu bringen, damit er sein Auto holen konnte. Frustriert endete Johanna wieder neben ihm
     im Wohnwagen.
    »Meine Wohnung wird gerade renoviert, die Fenster sind rausgerissen, ich bekomme diese Woche neue.« Die nächsten Nächte würden
     sie in seinem Pfahlbau verbringen.

|266| 13
    Dass Johanna nicht da war, als er ins Apartment zurückkehrte, erstaunte Carl nicht weiter. Sie betrachtete das Urlaubsdomizil
     anscheinend lediglich als Schlaf- und Umkleidestation. Nach der Flasche Wein mit seinem zukünftigen Surflehrer und dessen
     streitsüchtigen Kindern, die alle zwei Minuten auf die gerade mal stuhlbreite Veranda gestürmt waren, hatte er im Supermarkt
     und in der für ihre Würstel berühmten Fleischhauerei Sandhofer in Purbach, deren Besitzer sicher um einige Ecken mit Marias
     Sippe verwandt waren, das Nötigste fürs Abendessen besorgt. Als er das Fahrrad in den Hof schob, trat die Wirtin aus einer
     Tür, grüßte knapp, überquerte geschäftig den Hof und verschwand in der Tür gegenüber. »Alles unter Kontrolle, Frau Nachbarin?«
    Sie antwortete nicht. Wie gut doch mitmenschliche Teilnahme ist, dachte Carl sarkastisch. Hätten sie nicht bereits die drei
     Wochen bezahlt, die Frau hätte sie wahrscheinlich längst an die Luft gesetzt. Aber das Geld wieder rauszurücken, was sie einmal
     hatte, dazu war sie zu geizig. Neid und Denunziantentum bewegten die Welt, Dummheit und Hochmut gaben auch ein gutes Pärchen
    

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