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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ihr am See?«
    »Drei Wochen«, antwortete Carl und wandte sich rasch einem Besucher zu, um das Thema nicht weiter zu vertiefen. Sie hatte
     einen heiklen Punkt berührt.
    Mittlerweile war es draußen schummrig geworden, Ende Juli waren die Tage zwar noch lang, aber die Sonne ging früher unter,
     außerdem war man hier weit im Osten, zwanzig Kilometer von Eisenstadt entfernt begann Ungarn. Gerade war die Wandbeleuchtung
     aufgeflammt, als Carl eine |21| Bewegung unter den Anwesenden bemerkte. Es zog sie zu den Fenstern, einige standen bereits dort und schauten hinunter in den
     Hof. Maria murmelte etwas von »die blöde Landeshauptfrau« und schloss sich eher unwillig den anderen an.
    Der Schlosshof war erleuchtet. Rechts und links vom Portal an der Treppe hatten sich mehrere Personen versammelt, eine dunkle
     Limousine hielt, ein weiteres Fahrzeug folgte und stoppte direkt daneben. Drei Männer sprangen heraus und gingen drohend auf
     Frauen und Männer zu, die mit Plakaten in den Händen durchs Tor gelaufen kamen. Die beiden Polizisten im Hof zogen sich unentschlossen
     zurück.
    »Keine Autobahn im Burgenland! Keine Autobahn im Burgenland!«, skandierten die Demonstranten und warfen mit Flugblättern um
     sich. »Schützt das Burgenland! Schützt das Burgenland!« Mehr Polizei erschien auf der Bildfläche, es wurde gejohlt: »Das Welterbe
     ist unser Erbe! Das Welterbe ist unser Erbe!« Der Fahrer öffnete den Schlag der Limousine, eine nicht gerade schlanke und
     kurzbeinige Frau stieg aus, den dunkelblonden Kopf stolz im Nacken, und sie machte abgeschirmt von einem Sicherheitsbeamten
     eine wegwerfende Geste in Richtung der Demonstranten.
    Die Blitzlichter der Fotografen flackerten, Carl meinte für eine Sekunde, unter ihnen seinen Gesprächspartner von vorhin gesehen
     zu haben, aber er war zu weit weg, um das mit Sicherheit sagen zu können. Die Frau schritt jetzt auf die Treppe zu, einige
     Umstehende klatschten Beifall, sie nickte huldvoll und hob dabei grüßend die Hand. Der Polizeiwagen hatte inzwischen die Durchfahrt
     blockiert, um weiteren Demonstranten den Zugang zum Schlosshof zu verwehren.
    »Die fehlt uns gerade noch«, knurrte Maria genervt, die so dicht vor Carl am Fenster stand, dass er ihre Wärme spürte. »Die
     Kuh kommt tatsächlich rauf. Das wird ja ein schöner Abend. Eigentlich war sie für 18   Uhr angesagt. Ich glaube, ich |22| packe zusammen, oder besser wir   ... «, sie blitzte Carl vertraulich an.
    Die Schaulustigen strömten diskutierend von den Fenstern zurück und verteilten sich wieder vor den Tischen, das Gemurmel wurde
     lauter, der Vorfall im Schlosshof war rasch vergessen, und ohne viel Aufsehen zu verursachen, betrat die Landeshauptfrau,
     »in Deutschland heißt so was Ministerpräsidentin«, wie Maria abfällig sagte, den Haydn-Saal.
    Die Landeshauptfrau mischte sich mit ihren Begleitern leutselig unters Publikum, begrüßte hier einen Winzer wie einen alten
     Bekannten, schüttelte dort einem anderen die Hand und ließ sich von einem Dritten eine Probe einschenken, an der sie vorsichtig
     nippte.
    »Von Wein keinen blassen Schimmer«, murmelte Maria, und ihre Stimme, die Carl bisher als ausnehmend angenehm empfunden hatte,
     klang gar nicht mehr freundlich. »Sie versteht es bestens, jedem genau das zu sagen, was er hören will. Alle fallen darauf
     rein. Früher Lehrerin, dann Direktorin in einer Nachbargemeinde von Eisenstadt, sie ist über die Gewerkschaft in die Politik
     gekommen. Schon da, so heißt es, hat sie jeden weggebissen, der ihr in die Quere kam. Und sie kann Leute benutzen, dafür hat
     sie ein Gespür   ... «
    »Sie ist eine Frau, das ist in dieser Männerwelt der Politik immerhin ein Fortschritt«, wandte Carl vorsichtig ein, der sich
     über die Person – mit kaltem Lächeln bahnte sie sich den Weg zum nächsten Winzer – keinerlei Urteil erlauben konnte. Die »Lehrerin«
     immerhin hätte er ihr angesehen, er hätte sie sich gut dabei vorstellen können, wie sie auf dem Schulhof die Kinder nach dem
     Klingeln wieder in die Klassenzimmer trieb.
    »Eine Frau?«, fragte Maria spitz. »Kaum abzustreiten, ja, aber das ist der einzige Unterschied zu den Männern, die sonst bei
     uns Politik machen. Die hier versteht es besser als jeder andere, dich in Sicherheit zu wiegen und dir dann in den Rücken
     zu fallen, wenn du dich abwendest. Ich halte sie |23| für eine Meisterin der Intrige. Glaubst du, jemand, der anders ist, schafft es bis in so eine

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