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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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annehmen und Donna Lucia besuchen. Und wenn ich sie auf meinen eigenen Armen hintragen muss.«
    »Wohnt denn wohl tatsächlich noch jemand im Hause der Pazzi?«
    »Niemand außer Donna Lucia. Die Alte ist krank und hat mit der Verschwörung nichts zu tun. Deshalb wurde sie bislang von dem Zorn der Bürger verschont. Alle anderen Mitglieder der Familie sind entweder aus Florenz vertrieben oder hingerichtet worden. Außer Giacomo. Der Kerl versteckt sich wahrscheinlich irgendwo auf einem seiner Landgüter und wartet darauf, dass sich die Wogen glätten und die Pazzi in Florenz wieder willkommen sind. Aber er irrt!« Es krachte. Vermutlich hatte Lorenzo in seiner Wut seine Faust auf eines der Möbelstücke niedersausen lassen. »Nie wieder wird ein Pazzi seinen Fuß in diese Stadt setzen. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch Giacomo noch finden werden. Keiner aus dieser Brut wird seiner gerechten Strafe entgehen.«
    Anne schüttelte den Kopf. Wovon sprach Lorenzo? Giacomo de Pazzi war doch unschuldig am Mord von Giuliano. Im Gegenteil, er hatte alles getan, um den Anschlag zu verhindern. Sie musste mit Donna Lucia sprechen. Vielleicht wusste sie, wo sich ihr Sohn aufhielt. Sie wollte ihn aufsuchen, mit ihm über alles reden. Und vielleicht konnte sie ihm sogar dabei helfen, seine Unschuld zu beweisen. Wenn es ihr schon nicht gelungen war, Giulianos Leben zu retten, so wollte sie wenigstens dafür sorgen, dass diesmal die wahren Mörder zur Rechenschaft gezogen werden würden.
    »Ich möchte zu Donna Lucia gehen«, sagte Anne und setzte sich in ihrem Bett auf. Lorenzo und Matilda sahen sie so überrascht an, als wäre sie gerade von den Toten auferstanden.
    »Signorina!«, rief Matilda und schlug die Hände vor den Mund. Vielleicht war ihr selbst nicht ganz klar, ob sie entsetzt oder begeistert war. »Aber Signorina, was …«
    Lorenzo trat an das Bett heran, setzte sich auf die Bettkante und sah Anne an.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte er mit einer Zärtlichkeit in der Stimme, die Anne nicht von ihm kannte. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass diese Zuneigung nicht ihr, sondern dem ungeborenen Kind galt. Giulianos Kind, das Einzige, was Lorenzo abgesehen von einigen Gemälden und Porträts von seinem über alles geliebten jüngeren Bruder geblieben war.
    »Gut, danke«, antwortete sie zögernd. »Ich glaube es wenigstens.«
    »Hast du gehört …«
    »Worüber ihr gesprochen habt? Ja, das habe ich. Ich weiß aber nicht, ob ich es auch wirklich verstanden habe.« Ihr Blick wanderte von Lorenzo zu Matilda und wieder zurück. »Die Pazzi werden für Giulianos Tod verantwortlich gemacht. Sie wurden hingerichtet. Und jetzt hat Donna Lucia als letzte noch hier in Florenz lebende Pazzi mir eine Einladung geschickt.« Sie machte eine Pause, und Lorenzo nickte. »Ich will zu ihr.«
    »Signorina, ich bitte Euch, nehmt Vernunft an«, sagte Matilda und eilte nun auch an Annes Bett. »Denkt an Euer ungeborenes Kind. Böse, schreckliche Erinnerungen werden geweckt, wenn Ihr das Haus der Mörder Eures … Eures …« Sie stockte. »Gatte« konnte sie schlecht sagen, denn Anne und Giuliano waren schließlich nicht verheiratet gewesen. Was war er aber dann? Annes Hausfreund, Geliebter? Sie erwartete immerhin ein Kind von ihm. Matilda bekam einen roten Kopf. Doch schließlich glitt ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht. »Wenn Ihr das Haus der Mörder Eures Verlobten betretet. Weshalb solltet Ihr Euch so quälen? Was kann Euch dort schon erwarten außer Schmerz?«
    »Antworten«, erwiderte Anne, die natürlich den wahren Grund vor Lorenzo nicht nennen wollte. »Antworten auf meine Fragen. Zum Beispiel, weshalb sie Giuliano getötet haben.«
    »Bist du dir ganz sicher, dass du das auf dich nehmen willst, Anne?«, fragte Lorenzo. Seine braunen Augen, die so wenig von der Wärme hatten und von der Fröhlichkeit, die stets in Giulianos Augen gefunkelt hatte, waren fest auf sie gerichtet.
    »Ja. Ich will Donna Lucia besuchen. Je eher, desto besser.« »Gut, ich lasse den Kutscher rufen. Ich werde dich begleiten.«
    »Danke, aber das wird nicht nötig sein«, erwiderte Anne. »Wenn ich euch richtig verstanden habe, so steht das Haus leer. Und die alte Donna Lucia, gebrechlich, wie sie ist, wird mir wohl kaum gefährlich werden können.«
    »Signorina, bitte, ich flehe Euch an, geht nicht. Ihr seid noch nicht gesund und …«
    »Ich bin gesund. Jetzt ja.«
    Und zum Beweis schlug Anne die Decke zurück und stand auf.

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