Versehentlich verliebt (German Edition)
und geweint, als ihr Schwarm, der wunderbare Jordan, lieber mit ihrer besten Freundin ins Bett gestiegen ist. Männer wie dieser Jordan sind die falschen; und wir Frauen verlieben uns immer wieder in sie, als ob wir vergessen hätten, wie weh es beim letzten Mal getan hat. Kordjacken mit falschem Fell – es sieht aus als hätte ein Teddybär dafür sein Leben lassen müssen – sind also gefährlich. Ich muss mich von ihm fern halten! Seine Jeans wird von einem Gürtel über der Hüfte gehalten. Ein Glück: keiner dieser Spinner, die meinen, mit einer extra Portion Coolness ausgestattet zu sein, nur weil sie eine Hose in der Kniekehle tragen. Dazu trägt er einen schwarzen Hut, wie ihn viele „Kreative” dieser Tage tragen. So einer ist es also, Marke Hipster. Bestimmt kommt er aus Berlin, ist ein total cooler Typ und in seinem Kiez bekannt wie ein bunter Hund. Die meisten meiner Freundinnen würden für einen Typen wie ihn alles liegen und stehen lassen. Aber ich habe höhere Ziele als nur eine dämliche Telefonnummer. Ich! Will! Diesen! Gepäckwagen!
Kurz plane ich, ihn mit meiner Reisetasche k. o. zu schlagen und dann mit seinem Gepäckwagen Fahrerflucht zu begehen – aber es tut sich etwas an den Telefonzellen und die Menschenschlange, in der ich mich befinde, macht einen großen Schritt nach vorne. Sehr gut. Nur noch vier Familien vor mir. Einige von ihnen sehen aus, als hätte ich sie schon mal in einer RTL2-Reality-Show gesehen. Aber ich verkneife mir die Nachfrage bei den Exemplaren vor mir. Eine Großfamilie. Fünf Kinder, eine wohl beleibte Mutter und ein vollschlanker Vater, der sich hinter einem Laternenpfahl verstecken könnte. Die Kinder sehen aus wie die perfekte Mischung von beiden Extremen. Aber von wem sie das Benehmen haben, kann ich nicht auf Anhieb sagen. Einer der Jungs tritt dem Mädchen ans Schienbein, sie schreit auf, aus Solidarität schreit das andere gleich mit. Die Mutter packt den Jungen, der Vater packt das Mädchen und schubst sie möglichst weit voneinander weg, so als wären sie im Ring und müssten in getrennte Ecken. Ruhiger wird es deswegen nicht, ganz im Gegenteil. In unterschiedlichen Stimmlagen, aber in der gleichen Lautstärke höre ich Sprüche wie: „Er hat angefangen!“ „Sie hat mich zuerst getreten!“ und „Seid jetzt still, sonst setzt es was.“
Einige der Menschen um uns herum drehen sich zu uns und schütteln die Köpfe. Wie? Was? Denken die etwa, ich gehöre zu dieser Familienbande? Unauffällig mache einen kleinen Schritt zurück, nehme Abstand zu dem schreienden Grüppchen ein. Sofort wird diese Aktion mit einem wütenden Blick der Mutter quittiert. Wie kann die erwachsene Tochter es wagen, sich jetzt von ihrer Familie zu distanzieren? Ich trete wieder näher an sie heran, weil ich Angst habe, wenn ich jetzt etwas sage, dann „setzt es was.“ Ich bin genervt. Wirklich genervt. Wenn ich Bing Crosby jetzt treffen würde …
Was ist das? Ein Mann in einem langen schwarzen Mantel schiebt sich direkt aus der Zelle neben mir und hält mir lächelnd die Tür auf. Mir. Und nicht der Familie. Ich husche unter seinem Arm ins Innere und ziehe die Tür so schnell zu, als wäre sie aus Panzerglas und könnte mich selbst vor einer Zombie-Attacke schützen. Die Mutter wirft mir (als ihrer neuen Ziehtochter) einen vernichtenden Blick zu. Aber ich drehe mich schnell weg und wühle meinen Geldbeutel aus meiner Handtasche, in der ich ohne Probleme eine ganze Flüchtlingsfamilie durchschmuggeln könnte. Wie gut, dass ich ab und zu auf meine Mutter – also meine richtige Mutter – höre und diese alte Telefonkarte immer bei mir trage. Sofort schiebe ich sie in den dafür vorgesehenen Schlitz, nicht ohne noch dem Mann im Mantel einen dankbaren Blick zuzuwerfen. Er nickt mir grinsend zurück und schultert dann seine Laptop-Tasche, als würde sie nichts wiegen. Unmöglich kann er alles, was er braucht in dieser Tasche unterbringen. Jetzt erklärt sich auch der schwarze Mantel. Er muss ein Zauberer sein. Denn ohne Magie kann ich mir das nicht erklären. Er ist leider ein bisschen zu alt, sonst hätte ich ihn zu einem Kaffee eingeladen. Aber ich habe jetzt eine ganz andere Mission. Ich wähle die Nummer meiner Eltern in Berlin und warte, während der Junge der Großfamilie seine Nase gegen die Scheibe meiner Telefonzelle drückt – dabei verteilt er eine ordentliche Portion Rotz auf der Scheibe. Oh Bing, gnade dir Gott!
Schon nach dem dritten Klingeln nimmt meine
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