Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
scheppernd auf dem Boden aufschlug. Irgendwie schaffte ich es nicht, die Augen auch nur eine Sekunde von der Szenerie unter mir abzuwenden. Ich fragte mich dabei, wie viele Mitglieder der Kriegsbeil-Clans sich in Gary aufhalten mochten. Es war verblüffend: Diese Leute waren mittlerweile wirklich überall. So konzentriert wie ein Hornissenschwarm krochen sie zwischen den Autowracks hindurch oder über deren Dächer. Es waren so viele, dass es lächerlich gewesen wäre, auf einen Einzelnen zu zielen. Mir fiel dabei ein, wie ich als Kind einmal in einen Ameisenhaufen getreten war und die schwarzen Ameisen wütend herausgeflitzt waren.
Mickey, die neben mir stand, zitterte heftig. »Komm schon, Nash ... Lieber Herr Jesus, wir müssen hier weg!«
Janie sagte kein Wort, obwohl auch sie schreckliche Angst hatte, wie ich ihr ansah. Sie wartete einfach ab, während der Tod auf uns zurückte. Entweder setzte sie absolutes Vertrauen in das, was unsere Jungs gerade vorbereiteten, oder sie hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Bei ihr wusste man nie, woran man war.
Ich roch Benzin.
»Okay«, sagte Texas und tippte mir auf die Schulter. »Zeit für einen schnellen Rückzug.«
Ich ließ ihn mit den Mädchen losziehen, während ich mich auf die Seite stellte. Carl sah mich an. Aus dem Ablassventil tropfte Treibstoff, der sehr scharf und beißend roch. Als ich den Daumen hob, öffnete Carl das Ventil. Das Benzin sickerte nicht, sondern schoss geradezu mit Hochdruck heraus – in einem dicken Strahl, der erst nach gut anderthalb Metern auf die Brücke traf. Dieser Strahl hatte eine solche Gewalt, dass er die Leichen der gefallenen Clan-Mitglieder wegspülte und sie unter umstehende Autowracks drückte. Der Gestank war so penetrant, dass mir von dem Dunst fast schwindlig wurde.
»Gehen wir«, sagte Carl.
Zusammen mit den anderen zogen wir uns zurück. Ich wies meine Leute an, bis zum anderen Ende der Brücke vorzugehen, was ihnen keineswegs gefiel. Aber es musste sein, denn ich wusste nicht, was passieren würde, wenn Carl eine Kugel in den Treibstoffstrom feuerte. Sein Plan war recht simpel: Beim Einschlag der Flintenkugel würden ein paar Funken stieben. Mehr brauchte es nicht, das Benzin zu entzünden und bald darauf auch den Tankwagen. Und wenn der Feuer fing, würde auf der Brücke vermutlich die Hölle losbrechen.
Carl und ich kletterten in die Fahrerkabine eines mit Bauholz beladenen Pritschenwagens, denn von dort aus konnten wir den Tanklaster und den Benzinstrom gut im Auge behalten. Die Clan-Leute blieben stehen, als der Strom sie erreicht hatte. Mehrere wurden sofort weggespült, weitere glitten aus und fielen hin, als der Strom an ihnen vorbeirauschte. Andere rückten vor. Die meisten waren schlicht verwirrt und grübelten offenbar darüber nach, was all das zu bedeuten habe.
Mittlerweile schoss der Treibstoff schon mehr als fünf Minuten aus dem Tank und hatte den unteren Brückenabschnitt glatt überflutet. Auf der Brückenauffahrt hatte sich ein heftig strudelnder See gesammelt.
Mit schweißüberströmtem Gesicht hob Carl die Savage, zielte und drückte ab – doch es tat sich nichts. Fluchend schoss er ein zweites Mal und zielte nun weiter nach unten, in eine Lücke zwischen zwei Wagen, in der sich Benzin gesammelt hatte. Der Schuss war gut zu hören, und diesmal flogen Funken, als die Kugel in die stählerne Wagenkarosserie einschlug. Erst sah ich nur Funken stieben, doch gleich darauf eine Feuerwand, die mitten durch die Kriegsbeil-Legionen auf den Tanklaster zuraste. Als sie sich von Feuer eingeschlossen sahen, schrien die Männer und warfen sich herum, aber sie konnten ihm nicht entgehen.
Carl und ich sprangen aus der Fahrerkabine des Pritschenwagens und rannten los. Wir hatten kaum sechs Meter zurückgelegt, da explodierte die Welt ringsum und wurde taghell. Das Nachbeben warf uns zu Boden, doch wir bekamen mit, dass in unserem Rücken das Inferno tobte. Die Explosion hatte den Tanklaster mehr als zehn Meter durch die Luft geschleudert, und er kam als brennende Fackel herunter. Beim Aufschlag löste er ein hell loderndes, blendendes Flammenmeer aus, das, angefangen beim ersten Bogen, nach und nach die ganze untere Brücke erfasste. Gleich darauf stiegen zwei Feuerbälle in der Größe zweistöckiger Häuser am Himmel auf. Auch Carl und mich traf die Hitzewelle und versengte uns die Augenbrauen. Vermutlich hatten wir den Kriegsbeil-Clan eingeäschert, denn diesen Feuersturm konnte niemand überlebt haben.
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