Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
»Nein, Nash. Ganz und gar nicht. Du tust diese Dinge uns allen zuliebe, obwohl du Angst davor hast und sie dir zuwider sind. Aber mir sind sie nicht zuwider«, erklärte sie und rückte näher. »Ich respektiere deine Kraft. Sie macht mich sogar scharf.«
Ich hätte lachen können, doch das tat ich nicht, denn ich wusste, dass sie es genauso meinte. Ich las es in ihren Augen. Kraft und Stärke machten sie an, und sie war sich nicht zu schade, es einzugestehen.
»Wie steht’s inzwischen mit deiner Intuition?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln.
»Funktioniert immer noch ausgezeichnet.«
»Und? Spürst du jetzt irgendwas? Ich meine in Bezug auf das, was auf uns zukommt?«
»Ja.«
»Und was?«
Sie leckte sich über die Lippen und wandte den Blick ab. »Wir sind in schrecklicher Gefahr.«
10
Wir fuhren weiter.
Die einfachste Möglichkeit, die Stadt zu verlassen, bestand darin, die Straße zu nehmen, auf der wir gekommen waren, die Interstate 80. Danach mussten wir immer Richtung Westen. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, welches Ziel wir ansteuern sollten, wusste nur, dass wir uns westlich halten mussten. Denn dort lag das, nach dem ich Ausschau hielt – das, was ich unbedingt finden musste, wie das Schattengebilde mir eingeflüstert hatte.
Der Abstecher nach Des Moines kam uns allen im Grunde wie vertane Zeit vor, und doch war mir klar, dass dieser Zwischenstopp wichtig gewesen war. Ging es dabei um Price? Möglich, und das machte mir Angst. Denn Price konnte uns doch offenbar nur in seiner Eigenschaft als Seuchenexperte nützlich sein. Wir würden es wohl früh genug erfahren.
Carl, der am Steuer saß, meckerte über die vielen Trümmer auf der Straße. Mickey hockte neben ihm auf dem Beifahrersitz, ich hinten bei Price und Texas, Janie mit Morse auf der hintersten Bank. Als ich mich zu ihr umdrehte, hob sie den Finger an die Lippen: Morse war eingeschlafen, was nur gut war. Also wandte ich mich Price zu und begann ihn mit Fragen zu löchern. Vielleicht wollte ich nur jemanden reden hören, der sich in dem, was im Land vor sich ging, ein bisschen auskannte.
»Selbst in der guten alten Zeit wollte sich niemand so recht mit Ebola befassen«, erklärte er. »Auch die erfahrenen Seuchenexperten hatten Angst davor; schon beim Gedanken daran brach den Virologen der kalte Schweiß aus. Viele von uns betrachteten das Ebola-Virus als den schrecklichsten Krankheitserreger, der überhaupt vorstellbar ist. Es war die einzige uns bekannte Lebensform überhaupt, der wir zutrauten, die Menschheit ernsthaft zu dezimieren. Natürlich wussten wir viel zu wenig darüber. Das Ebolafieber tauchte plötzlich an dem Fluss namens Ebola in Afrika auf – deshalb der Name – und vernichtete in einigen Dörfern alles Leben. In den folgenden Jahrzehnten brach es immer mal wieder aus, aber nur in Einzelfällen, nicht als regelrechte Epidemie oder Pandemie. Andernfalls hätten wir wohl intensiv geforscht und dem Virus vielleicht beikommen können. Aber so tappten wir im Dunkeln, wussten nicht genug über die Übertragungswege. War es die Luft? Das Wasser? Beides? Keines davon? Waren die Leichen der Opfer Überträger? Wir konnten das Virus bis nach Zentralafrika zurückverfolgen, aber dort erkaltete die Spur. Wir wussten, dass es irgendwo da draußen war und sich immer noch ausbreitete, aber die Quelle konnten wir nicht finden, und das machte uns schwer zu schaffen. Wir alle hatten das Bild vor Augen, dass das Virus irgendwann einen gewaltigen Durchbruch erreichen und von einem Menschen zum nächsten wandern würde. Was bedeutete, dass dann Millionen innerhalb weniger Wochen sterben würden. Kein Wunder, dass sich die Seuchenexperten bei dem Gedanken, sich irgendwann mit diesen tödlichen kleinen Erregern befassen zu müssen, vor Angst fast in die Hose machten. Nur ein kleiner Riss im Schutzanzug – und man wäre geliefert, nicht wahr? Das Virus kann durch jede kleine Verletzung, durch jede winzige Hautabschürfung in den menschlichen Körper eindringen. Und wenn es dort erst einmal eingedrungen ist, ist der Krieg schon vorbei, ehe die erste Schlacht geschlagen ist.«
»Und Ebola X?«, fragte ich.
Er dachte kurz nach. »Das alte Ebola-Virus war schon schlimm genug, aber dann tauchte plötzlich Ebola X auf. Noch gefährlicher, falls das überhaupt möglich ist. Derselbe Virusstamm, nur verstärkt und noch aggressiver. Verbreitet sich schneller und tötet auch schneller. Ebola X greift jeden Teil des menschlichen Körpers an
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