Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
Laster oder Geländewagen warben.« Sie zuckte die Achseln. »Allerdings hab ich nie das Gefühl gehabt, irgendwo richtig dazuzugehören.«
»Und jetzt?«
»Du magst mich für verrückt halten, aber seitdem ich mit euch zusammen bin, hab ich das Gefühl, gebraucht zu werden – Teil einer Gruppe zu sein. Klingt seltsam, ich weiß, aber es stimmt. Du gibst mir ein Gefühl von Sicherheit, von Schutz. Obwohl die Welt ringsum ein einziges gefährliches Chaos ist, fühle ich mich bei dir sicher, Nash. Ich hab’s von Anfang an gespürt. Du strahlst Kraft aus, irgendeine Energie, das spüren wir alle. Das zieht uns zu dir hin.«
»Ich bin nichts Besonderes, das kannst du mir glauben.«
»Oh doch!«
Das Gefühl von Sicherheit, sagte sie, habe sie nur wegen mir – die anderen in der Gruppe hätten nichts damit zu tun. Gremlin sei ihr unheimlich gewesen. Genauso habe sie sich früher die Männer vorgestellt, die sich an ihren Kalenderporträts aufgeilten. »Die Sorte Mann, die sogar ein Toilettensitz scharf macht, wenn sie sich vorstellen, ich hätte darauf gehockt. Und genau das war Gremlin: einer, dessen Hirn nur vom Schwanz gesteuert wird.«
Ich musste lachen. Was dieses Arschloch betraf, hatte Mickey den Nagel auf den Kopf getroffen.
»Ich befasse mich mit Menschen«, fuhr sie fort. »Hab ich schon immer getan. Menschen und ihre Beziehungen zueinander interessieren mich.«
»Und wie beurteilst du die Beziehungen in meinem kleinen Trupp?«
»Ich halte sie für eng und stabil. Du hast eine gute Gruppe. Carl ist in Ordnung. Er ist dein gehorsamer Wachhund und würde dich nie im Stich lassen. Texas Slim? Oh je, wie soll man ihn einordnen? Er ist zwar ziemlich verrückt, aber loyal. Spricht auffallend oft und gern über Bestattungsinstitute und das Einbalsamieren von Leichen, und ich hab den Eindruck, da ist nicht nur rein berufliches Interesse im Spiel. Natürlich ist er zu 90 Prozent ein wirklich durchgeknallter Typ. Aber im Grunde ist auch Texas in Ordnung.«
Mickey bekannte, dass Janie sie ein bisschen einschüchtere. Wahrscheinlich deswegen, meinte sie, weil ihr mittlerweile klar geworden sei, dass Janie sie nicht leiden könne und sich von ihrer Anwesenheit in der Gruppe bedroht fühle. Doch eigentlich gebe es ja gar keinen Grund für Janie, so auf sie zu reagieren. »Sie ist doch selbst sehr hübsch, hat feine Gesichtszüge und ist der perfekte nordische Typ: blaue Augen, hohe Wangenknochen, wunderschönes blondes Haar, das fast wie Silber wirkt. Sie hat wirklich was, Nash. Nur ist sie leider ein bisschen kühl, wenn ich das sagen darf. Nicht nur mir gegenüber, sondern auch kühl zu dir und den anderen. Obwohl sie eigentlich Anteil an euch nimmt und ihr alle Janie am Herzen liegt. Nur will sie das anscheinend nicht herauslassen. So als wollte sie damit ausdrücken: Ihr seid mir schon wichtig, aber mit Vorbehalt.«
Mickey meinte, sie habe die besondere Verbindung zwischen Janie und mir sofort gespürt – als wären wir irgendwie miteinander verstöpselt und bildeten unseren eigenen Stromkreis.
»Ja, aber allmählich hab ich das Gefühl, dass die Leitungen tot sind«, erwiderte ich.
»Falls das stimmt, wird Janie bestimmt mir die Schuld daran geben.« Mickey starrte mich lange an. »Du hast eine besondere Kraft, das hab ich sofort gemerkt. Schon beim ersten Blick auf dich haben sich bei mir die Nackenhärchen aufgestellt, nur wusste ich anfangs nicht, warum. Mir fiel nur auf, dass es jeder hier vermied, dir irgendwie auf die Zehen zu treten, mit Ausnahme von Janie, deren Launen ständig wechselten. Mir war gleich klar, dass zwischen dir und ihr was läuft. Auch deswegen, weil die anderen das ziemlich besorgt beobachteten.«
Mickey gefiel mir immer besser. Genau wie Janie war sie der ehrliche Typ, aber viel direkter als meine nordische Schönheit. Sie trieb keine Spielchen, wandte keine Raffinessen an, umgab sich nicht mit dem Flair rätselhafter Weiblichkeit. Mickey legte die Karten für alle sichtbar auf den Tisch, und das empfand ich als sehr erfrischend.
»Und was hältst du mittlerweile von mir, nachdem du über das Schattengebilde Bescheid weißt?«, fragte ich. »Bin ich in deinen Augen ein Monster? Ein Psychopath, der sich daran aufgeilt, andere Menschen zu quälen? Ein Mensch, der keine Gnade kennt, innerlich ein widerliches Tier? All das bin ich nämlich, wenn du Janie fragst.«
Mickey legte alle Verführungskunst, die sie besaß – und das war nicht wenig –, in ihren Schlafzimmerblick.
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