Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
instinktives Entsetzen aus – zumindest bei mir. Janie klammerte sich so fest an meinen Arm, dass sie mir mit den Nägeln die Haut aufritzte.
Als der Ton schließlich in der Nacht verhallt war, schluckte Carl. »Was zum Teufel war das?«
Keiner wusste eine Antwort darauf. Ich stellte mir irgendein riesiges Ungeheuer vor, das aus dem Schlamm eines mesozoischen Sumpfes stieg und den nebelverhangenen Mond anheulte. Wir schwiegen.
Alle warteten darauf, dass jemand das Schweigen brach, aber niemand tat es. Denn alle waren darauf gefasst, dass gleich wieder etwas passieren würde – dass das Heulen erneut die Stille der Nacht zerriss. Nur würde es diesmal ein wenig näher sein.
Ich öffnete den Mund, um irgendeine alberne, beruhigende Bemerkung von mir zu geben, doch so weit kam ich gar nicht mehr, denn plötzlich war ein schwerer Schlag zu hören, der das ganze Gebäude erschütterte. Gleich darauf folgten zwei weitere Schläge. Von den Wänden löste sich der Putz, von der Decke rieselte Staub. Irgendwo unter uns krachte irgendwas; etwas anderes zersplitterte mit lautem Klirren. Danach war von unten Lärm zu hören, als stürzten Objekte zu Boden und prallten dort scheppernd auf. Danach war alles still.
Wir warteten weiter ab, ohne uns zu rühren oder etwas zu sagen, aber der Lärm kehrte nicht zurück.
Genauso wenig wie Gremlin.
»Sollen wir ihn jetzt suchen gehen?«, fragte Janie nach langem Schweigen. »Ich meine, wir alle?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es ist zu gefährlich da draußen. Wir suchen ihn, sobald es hell ist.«
»Bis dahin wird er wohl schon tot sein.«
»Wahrscheinlich ist er jetzt schon tot, Liebling«, sagte Texas Slim.
Damit war dieses Thema abgeschlossen, und ich teilte Nachtwachen ein. Wer nicht Wache schob, versuchte ein bisschen Schlaf zu finden und nicht daran zu denken, was unter uns gelärmt hatte.
Meine Träume, genauer gesagt Albträume, waren alles andere als angenehm. Sie begannen damit, dass mich irgendein schreckliches wildes Tier, das ich nicht sehen konnte, durch eine zerstörte Stadt verfolgte, und endeten mit einem Schreckensszenario in Youngstown. Die Stadt platzte wie ein fauler Kürbis auf und entließ Millionen hungriger Friedhofsratten auf die Straße.
13
Sobald es hell wurde, sorgte ich für einen schnellen Aufbruch. Nachdem wir hastig etwas Proviant aus unseren Rucksäcken geholt und gegessen hatten, gingen wir nach unten. Im Foyer blieben wir wie angewurzelt stehen.
»Schaut euch das mal an«, sagte Carl.
Jemand hatte das Foyer völlig auseinandergenommen.
Deshalb also der Lärm in der vergangenen Nacht, all das Krachen und Scheppern. Jemand oder etwas hatte den ganzen Putz von den Wänden gekratzt, sodass das nackte Gebälk zu sehen war. Auch die Außenmauern wiesen riesige Löcher auf, und die Türen waren aus den Angeln gerissen. Alles ringsum war zerbrochen und zerschlagen. Selbst das Treppengeländer fehlte bei den sechs oder sieben unteren Stufen, als hätte es jemand mit einer Axt abgeschlagen. Musste eine verdammt große Axt gewesen sein.
»Was ist hier passiert?«, fragte Janie beunruhigt.
Ich wusste es nicht. Irgendetwas war in der Nacht in das Gebäude eingedrungen und hatte hier unten gewütet – sicher dasselbe Wesen, das so laut geheult hatte. Keine Ahnung, was das sein konnte.
»Seht mal nach drüben«, sagte Carl.
Die Eingangstür fehlte. Texas Slim fand sie draußen auf der Straße. Ihre Oberfläche wies drei tiefe Furchen auf, als wäre eine Sense hineingefahren. Es war eine robuste, sicher 100 Jahre alte Tür aus Hartholz ... Es musste ein verdammt bösartiges Ungeheuer mit riesigen Krallen gewesen sein, das so etwas hatte bewerkstelligen können.
»Irgendein verfluchtes Monster«, meinte Carl.
»Ich neige irgendwie dazu, dir in dieser Hinsicht recht zu geben«, erwiderte Texas Slim so geschraubt, als ginge ihm diese Erklärung am Arsch vorbei.
Schweigend blieben wir stehen.
Mir war klar, dass ich den anderen irgendetwas vorschlagen, sie dazu bringen musste, etwas Konstruktives zu tun, und zwar ehe ihnen bewusst wurde, was diese Zerstörung bedeuten konnte, und sie sich vor Angst irgendwo verkrochen. Ich wollte gerade etwas sagen, als jemand auf uns zukam.
»War auch Zeit, dass ihr endlich aufgestanden seid.«
Gremlin.
Seine triste olivfarbene Militärjacke war völlig verstaubt. Von einem Ärmel hingen Spinnweben herunter, doch er wirkte unversehrt – mal abgesehen von den Blutergüssen in seinem Gesicht, der
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