Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
Vom Netzwerk:
„Außerdem ist das reine Zeitverschwendung.“
    „Warum sagst du das?“
    „Meine Noten sind schlecht. Meine Schule ist schlecht. Ich habe nichts, was für mich spricht.“
    „Nette Einstellung, Gastineaux. Und was war das eben von wegen man kann sich immer ein kleines bisschen weiter strecken, als man denkt?“
    „Das war nur Gerede, damit du anfängst zu klettern.“
    „War es nicht.“ Sie richtete ihren Helm. „Ich bin bereit, einen weiteren Aufstieg zu probieren.“
    Ihr Überschwang, als sie am Ende neben ihm die Felswand hinuntersprang, brachte ihn zum Lachen. Sie brachte ihn zum Lachen. Mehr noch, sie ließ ihn über seinen Tellerrand hinaus denken. Nur weil er in einer beschissenen Stadt auf eine beschissene Schule ging, hieß das doch nicht, dass er auch ein beschissenes Leben führen musste. Wenn er die Chance ergriff und es schaffte, würde er vielleicht in die ganze Welt entsandt werden. Vielleicht lernte er sogar zu fliegen.
    „Vielleicht hast du recht“, sagte er. „Du meinst also, ich soll es versuchen?“
    Sie nahm ihren Helm ab und wischte sich die Haare aus der schweißnassen Stirn. „Was sagen dir deine Spinnensinne?“

34. KAPITEL
    D aisys Angelausflüge mit ihrem Vater und Bruder waren der Running Gag des Sommers. Nicht ein einziges Mal waren sie mit einer Forelle zurückgekehrt. Das war Daisy allerdings egal. Sie und Max hatten gelernt, dass der Sinn im Angeln nicht darin lag, einen Fisch zu fangen. Es ging mehr darum, zu lernen, geduldig zu sein. Sei still in deinem Kopf, entspannt in deinem Körper und vollkommen im Augenblick. So einfach war das.
    Trotzdem, die Hoffnung stirbt nie, und so fuhren sie erneut hinaus, vermutlich zum letzten Mal in diesem Sommer. Zumindest hatte sie hier ausreichend Gelegenheit, von Julian zu träumen. Er war ganz anders als die Jungs, die sie kannte. Unmenschlich gut aussehend, aber das war es nicht, was ihn so besonders machte. Es war die Art, wie er sie dazu brachte, die Dinge zu sehen – ihre Familie, ihr Leben. Vor ein paar Monaten hatte sie noch gedacht, ihr Leben ging den Bach runter, mit der Scheidung ihrer Eltern und allem. Aber Julian hatte sie sehen lassen, dass es alle möglichen Definitionen einer Familie gab. Sie bestand nicht unbedingt nur aus Menschen, die miteinander verwandt waren und unter dem gleichen Dach wohnten. Er hatte ihr außerdem gezeigt, dass es zwar so etwas wie die perfekte Familie nicht gab, man die Hoffnung darauf aber trotzdem nicht aufgeben sollte. Er war ja das beste Beispiel dafür. Dieser Junge, der seinen Vater verloren hatte, dessen Mutter wie die größte Verliererin klang und der durchs halbe Land gereist war, um bei dem Menschen zu sein, auf den er sich verlassen konnte: seinem Bruder, den er kaum kannte.
    „Was guckst du so?“, fragte Max. „Wieso siehst du mich so komisch an?“
    „Ich freue mich nur, dass ich einen Bruder habe“, sagte sie.
    Er schnaubte. „Ja, klar.“
    Sie schüttelte den Kopf. Sie würde ihn niemals davon überzeugen können, dass sie es ernst meinte. In dem Moment passierte das Undenkbare. Der Blinker an Max’ Leine tauchte unter. Daisy befürchtete, Halluzinationen zu haben, aber da tauchte er wieder unter. Er zitterte und verschwand erneut unter der Wasseroberfläche.
    „Siehst du das, Max?“, flüsterte sie.
    „Ja“, sagte er. „Dad, sieh mal. Ich glaube, bei mir hat einer angebissen.“
    „Aber ganz eindeutig. Soll ich dir helfen?“
    „Nein, ich hab ihn schon.“
    „Denk daran, kurz und heftig zu ziehen. Du musst es richtig timen …“
    „Hab ihn!“ Als wenn er das schon sein ganzes Leben lang täte, zog Max seine Angel mit einem geschickten Ruck nach hinten und fing an, die Schnur einzuholen. Der Fisch kämpfte mit aller Macht, sprang aus dem Wasser, sodass die Tropfen wie ein Diamantenregen in die Luft spritzten. Max ließ sich im Boot auf die Knie sinken. Sein Gesichtsausdruck verriet höchste Konzentration. Langsam, mit einer Geduld, die er sich über den Sommer hart erworben hatte, holte er den Fisch ein. Sein Dad fing ihn mit dem Kescher ein. Da lag die Forelle nun auf der Seite in dem Kanu und schlug erschöpft mit dem Schwanz.
    Der Haken war glatt durch die Lippe gegangen, ein guter Fang. Der Fisch hatte außerdem eine vernünftige Größe. Auf jeden Fall war er groß genug, um behalten werden zu dürfen. „Endlich“, sagte Max. Vorsichtig hob er die Nylonschnur an und zeigte seinen Fang.
    Sein Dad machte ein Foto. „Wie wäre es damit“, sagte er.

Weitere Kostenlose Bücher