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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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mitgegeben hatte.
    „Ich musste den vollen Preis zahlen.“
    Seine Mutter war fünfundfünfzig Jahre alt. Sie sollte genügend Geld für ein Flugticket von L.A. nach New York haben, ohne danach am Hungertuch zu nagen. Aber sie konnte ihr Geld einfach nicht zusammenhalten. Sie war so süchtig danach, es auszugeben, wie sein Vater es nach Alkohol gewesen war.
    „Weißt du was“, sagte er. „Julian wird dich anrufen, sobald er hier ist. Und wenn er nicht herkommt, rufe ich dich an.“
    Schweigen. Durch die Stille spürte er eine unausgesprochene Warnung. „Was verheimlichst du mir noch, Ma?“
    Er hörte, wie sie tief einatmete. „Ich, äh, habe deinem Bruder nicht genau erklärt, wie lange er bei dir bleiben wird.“
    „Was denkt er denn, wie lange er bleibt?“ Connor hätte die Frage gar nicht stellen müssen. Er wusste, dass seine Mutter gelogen hatte, um ihren Willen durchzusetzen. Das tat sie immer.
    Er hörte ihrer langen, sich rechtfertigenden Erklärung nur mit halbem Ohr zu. Sie hatte Julian erzählt, dass es nur für eine oder zwei Wochen wäre, und wenn er nicht kooperierte, würden die Strafen, die sie für ihn zahlen müsste, sie in den Ruin treiben, und er müsste seine Strafe in der Jugendhaftanstalt absitzen.
    Connor hatte das alles schon mal in der einen oder anderen Version gehört. Er blendete die Stimme seiner Mutter aus und konzentrierte sich auf den einfahrenden Zug. Eine Handvoll Passagiere stieg aus – eine Nonne mit einer kleinen Reisetasche, ein Lehrer der örtlichen Highschool, ein Geschäftsmann, eine Touristenfamilie, die direkt zum Mietwagenschalter ging.
    Und das war’s. Sonst stieg niemand aus.
    Connor ging unruhig den Bahnsteig auf und ab. Ein Zugbegleiter stand an einer offenen Tür und schaute den Zug entlang. Er hob eine Pfeife an seinen Mund, bereit, das Abfahrtsignal zu geben.
    Immer noch kein Zeichen von Julian. Connor fluchte unterdrückt und winkte dem Zugbegleiter zu, kurz zu warten.
    Zur gleichen Zeit stieg ein großer, schlaksiger Teenager mit Dreadlocks aus dem Zug. Julian .
    Er benutzte nicht den normalen Ausgang, sondern kam zwischen zwei Waggons heraus, hievte seinen schweren Matchbeutel und einen Rucksack auf den Bahnsteig und sprang dann hinterher.
    Den Blick fest auf diesen unglaublich großen Jungen gerichtet, hob Connor das Telefon wieder an den Mund. „Ma, er ist hier. Wir rufen dich später an.“
    Er legte auf und steckte das Handy weg. „Hey“, rief er seinem Bruder zu. „Hier bin ich.“
    Julian versteifte sich merklich und nahm eine defensive Haltung an, als wenn er einen körperlichen Angriff fürchtete. Es war die Haltung eines Menschen, der es gewohnt war, dass man ihm wehtat. Jemand, der vielleicht eine Nacht im Gefängnis verbracht hatte.
    Das letzte Mal, als sie einander gesehen hatten, war Julian ungefähr vierzehn und immer noch auf der Kindheitsseite der Pubertät gewesen. Connor war nach Kalifornien gefahren, weil seine Mutter ihn in ihrer Verzweiflung nach der Scheidung darum gebeten hatte.
    Der Julian in dem Jahr hatte einen gebrochenen Arm, ein schiefes Grinsen und ein von Trauer erfülltes Herz gehabt, da gerade erst sein Vater gestorben war.
    Drei Jahre später erblickte Connor einen großen Fremden mit einem feindseligen Gesichtsausdruck. „Hey“, sagte er und blieb ein paar Schritte vor Julian stehen.
    Sein Bruder warf den Kopf nach hinten, um sich die überlangen Locken aus den Augen zu schütteln. „Hey.“ Er hatte die Stimme eines Mannes, und in seinen Augen brannte auch die Wut eines Mannes. Außerdem hatte er mehr Tätowierungen und Piercings als ein Matrose der Handelsmarine.
    „Ich habe gerade mit Ma gesprochen“, erklärte Connor. „Sie hat sich Sorgen gemacht, dass du vielleicht nicht auftauchst.“
    Julian setzte sich seinen Armee-Rucksack auf. „Tja, da bin ich. Du Glücklicher.“
    Sie gaben sich nicht die Hand. Und ganz sicher umarmten sie sich nicht wie zwei Brüder, die sich seit drei Jahren nicht gesehen hatten.
    „Mein Truck steht da drüben.“ Connor zeigte auf den Dodge Power Wagon aus dem Jahr 1974. „Schmeiß dein Zeug hinten drauf und steig ein.“
    „Netter Schlitten.“
    „Halt den Mund.“
    Der Seesack landete mit einem dumpfen Rasseln. Connor fragte sich, wie Julian ihn durch die Sicherheitsschleusen am Flughafen bekommen hatte. Den Rucksack behielt der Junge bei sich. Er setzte sich breitbeinig auf die Sitzbank und stellte ihn zwischen seine Füße. Dann machte er den oberen Reißverschluss

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