Versprochen
meinen Schultern, aber ich tauche unbeeindruckt hinab. Die Atmosphäre unter Wasser ist mir so vertraut und es geht so leicht in die Tiefen des Sees zu gleiten, mich vor den Kugeln, die oben in die Wasseroberfläche einschlagen in Sicherheit zu bringen. Es sind nur wenige kräftige Schläge mit meinen Beinen notwendig, bis ich ganz unten bin. Der See ist höchstens zwanzig, dreißig Meter tief. Aber tief genug. Es ist so einfach, auf seinem Grund entlang zu schwimmen und mich in einer Senke zwischen Pflanzen, die wie Fahnen um mich wehen, auf den weichen Boden zu setzen und zu warten. Zu warten, bis meine Lungen nach Luft verlangen. Die Tattoos leuchten immer noch. Die Bestien sind bei mir und ich weiß, dass sie etwas mit mir machen. Dass ich so schnell bin, so stark, so lange unter Wasser bleiben kann.
Ich hoffe die Männer in rot denken, dass sie mich erwischt haben, dass mich eine ihrer Kugeln getroffen hat und meine Leiche nach oben schwebt. Ich hoffe sie geben die Suche auf, bevor ich Sauerstoff benötige und wieder hoch muss. Ich hoffe inständig ich muss nie wieder hoch. Zeit vergeht.
Wer ist sie? Warum hat Adam sie vor mir im Arbeitszimmer versteckt? Wieso habe ich nicht bemerkt, dass Adam und ich nicht alleine waren?
So lange wie ich hier schon sitze, kann kein normaler Mensch unter Wasser bleiben. Nicht ohne Sauerstoffflasche. Bin ich normal? Entschieden nein. Die Tattoos leuchten noch immer.
Was war mit mir los, als ich Adam in die Kehle gebissen habe? Das war nicht ich. Ich bin nicht durstig nach Blut. Bin ich nicht?
Wer war ich in seinem Arbeitszimmer (Schlafzimmer der fremden Anderen), als ich wie ein Insekt an der Wand entlang rannte. So schnell wie ich gerannt bin, so weit gesprungen, das kann kein normaler Mensch. Ich bin nicht normal! Ich muss noch immer nicht hoch. Der Atemreflex, das enge Gefühl in meinen Lungen will nicht einsetzen, trotzdem bewege ich mich jetzt. Tauche am Grund weiter entlang, weiter weg von dem Steg, bis auf die andere Seeseite. Erst dann ist es soweit. Meine Lunge zieht sich langsam zusammen und gibt mir eindeutig zu verstehen, was ich jetzt dringend benötige. Sauerstoff für meine ausgehungerten Zellen. Ich fühle mich geschwächt und weil ich keine andere Wahl habe, tauche ich mit letzten Reserven bis an den Rand, bis ich wieder Schlamm mit meinen Fingern greifen kann.
In Zeitlupe hebe ich meinen Kopf aus dem Wasser, geschützt von dem Grünzeug der Uferböschung um mich herum. Der Sauerstoff tut gut, aber ich fühle mich trotzdem schwächer. Brauche wieder Blut? Nein!
Fühle mich nicht so übermenschlich wie vorhin, sondern? Normaler. Ich bin schwach.
Ich kann sie hören. Die Verfolger, Vollstrecker sind noch da. Irgendwo im Wald höre ich sie in der Dunkelheit, aber nicht hier in meiner Nähe. Der See ist zu groß und sie können unmöglich alles umstellen.
Wie eine kleine Eidechse schleiche ich mich aus dem Wasser, durch das Gras hinauf Richtung Wald. Das Grün um mich herum beschützt mich. Ich kauere mich zwischen Büschen nieder und ziehe meine Jeans und das Top an, das ich von Kristen habe. Die Klamotten sind klatschnass, aber besser so, als im Bikini durch den Wald zu flüchten. Das Adrenalin pulst immer noch durch meine Adern. Ich bin eine Mörderin, eine Bestie. Ich schleiche am Waldrand entlang, weiter weg von meinen Verfolgern.
Ich fühle mich sicherer, mache mich bereit tiefer in den Wald einzudringen, mich aus dem Schutz der Büsche zu lösen, als ich einen Ast knacken höre. Sie sind ganz nah, höchstens zehn, zwanzig Meter entfernt. Wie konnte ich sie überhören?
Ich robbe leise ein paar Meter weiter, an den Rand der Sträucher und dann bleibe ich geschockt liegen. Vor mir auf dem Boden liegt Adam?! Blutverschmiert. Aber sein Brustkorb hebt sich und senkt sich. Langsam, sehr langsam, aber er lebt! Ich schaue ihn an. Wie kommt er hier her?
Wo ist sie?
Was habe ich ihm nur angetan?
Wie konnte das mit mir – mit ihm passieren?
Ich robbe neben ihn, bleibe flach im Schutz des Baumstamms neben Adam liegen und suche sie.
Höre wieder wie es knackt im Wald. Höre Männerstimmen leise miteinander sprechen.
Hoffentlich gehen die Vollstrecker einfach vorbei. Die Männer flüstern aber ich kann hören wie sie meinen Namen sagen. Sehe das Licht ihrer Lampen zwischen den Bäumen. Sie glauben nicht, dass ich tot bin. Warum nicht?
Ich bleibe wie eine Tote liegen und höre ihnen zu, wie sie näher kommen, meinen Blick ständig auf der Suche nach ihr.
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