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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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glückliche Selbstgefälligkeit seines Wesens, während er sich eines so ungerechten Anteils an der Liebe und Großzügigkeit seiner Mutter zum Schaden seines verbannten Bruders erfreute – verdient lediglich durch seine eigene ausschweifende Lebensweise und die Lauterkeit dieses Bruders   –, nur ihre äußerst ungünstige Meinung von seinem Verstand und seinem Gefühlsleben bestätigte.
    Sie hatten kaum zwei Minuten allein beisammen gesessen, als er auch schon von Edward zu sprechen begann; denn er hatte ebenfalls von der Pfründe gehört und wollte nun möglichst |323| viel darüber wissen. Elinor wiederholte ihm alle Umstände, wie sie es auch bei John getan hatte; und die Wirkung auf Robert war nicht weniger bemerkenswert, wenn auch völlig anders als bei diesem. Er lachte ganz unmäßig. Die Idee, daß Edward ein Geistlicher sein und in einem kleinen Pfarrhaus wohnen würde, amüsierte ihn über alle Maßen; und wenn dann noch die kuriose Vorstellung dazukam, wie Edward in einem weißen Chorhemd Andachten halten und das Aufgebot zwischen John Smith und Mary Brown bekanntgeben würde, konnte er sich nichts Lächerlicheres vorstellen.
    Während Elinor schweigend und mit unbewegtem Ernst auf das Ende solcher Torheit wartete, konnte sie sich nicht enthalten, ihn mit einem Blick zu bedenken, der die ganze Verachtung ausdrückte, die sein Benehmen erregte. Es war jedoch ein Blick, der gut angewandt war, denn er verschaffte ihren eigenen Gefühlen eine gewisse Erleichterung und teilte ihm nichts mit. Er fand also vom Spaß zur Vernunft nicht durch einen Verweis von ihrer Seite zurück, sondern durch sein eigenes Taktgefühl.
    »Wir mögen es als einen Witz behandeln«, sagte er schließlich, sich von dem affektierten Lachen erholend, das die echte Heiterkeit des Augenblicks erheblich verlängert hatte, »aber, auf mein Wort, es ist eine höchst ernste Angelegenheit. Armer Edward! Er ist für immer ruiniert. Es tut mir ungemein leid, denn ich weiß, daß er ein sehr gutherziger Mensch ist, ein so wohlmeinender Bursche vielleicht, wie man ihn nur selten findet. Sie dürfen ihn nicht nach Ihrer flüchtigen Bekanntschaft beurteilen, Miss Dashwood. Armer Edward! Seine Umgangsformen sind gewiß nicht die allerglücklichsten. Aber, wissen Sie, wir sind nun einmal nicht alle mit den gleichen Fähigkeiten – der gleichen Gewandtheit ausgestattet. Armer Bursche! Ihn unter Fremden zu sehen – das ist schon ziemlich mitleiderregend! Aber, auf mein Wort, ich glaube, er hat ein so gutes Herz wie nur einer im Königreich; und ich erkläre und beteuere Ihnen gegenüber, daß ich niemals so schockiert war im Leben wie in dem Moment, als das |324| alles hervorbrach. Ich konnte es nicht glauben. Meine Mutter war die erste, die mir davon erzählte, und da ich mich aufgerufen fühlte, entschlossen zu handeln, sagte ich sofort zu ihr: ›Meine liebe Mama, ich weiß nicht, was du bei dieser Gelegenheit zu tun gedenkst, aber was mich betrifft, so muß ich sagen, daß ich Edward nie wiedersehen will, wenn er diese junge Frau wirklich heiratet.‹ Das war meine augenblickliche Reaktion. Ich war in der Tat ganz ungemein schockiert! Armer Edward! Er hat sich selbst vollkommen zugrunde gerichtet – hat sich selbst von jeglicher anständigen Gesellschaft für immer ausgeschlossen! – Aber, wie ich sogleich zu meiner Mutter sagte, es überrascht mich nicht im geringsten, bei
der
Art seiner Erziehung war das immer zu erwarten. Meine arme Mutter war völlig außer sich.«
    »Haben Sie die Dame jemals gesehen?«
    »Ja, einmal, als sie sich in diesem Haus aufhielt. Da bin ich zufällig für zehn Minuten hereingekommen; und ich habe durchaus genug von ihr gesehen. Das reinste unbeholfene Landmädchen, ohne Lebensart und Vornehmheit und fast ohne jede Schönheit. Ich erinnere mich genau an sie. Genau die Art Mädchen, würde ich meinen, die den armen Edward für sich einnehmen kann. Gleich als meine Mutter mir die Sache erzählte, bot ich mich an, selbst mit ihm zu sprechen und ihn von der Heirat abzubringen; aber, wie ich feststellte, war es da zu spät, etwas zu unternehmen, denn unglücklicherweise war ich am Anfang abwesend und erfuhr erst davon, als der Bruch schon erfolgt war und es mir nicht zukam, mich noch einzumischen; aber hätte ich ein paar Stunden früher davon gewußt, halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß man eine Lösung gefunden hätte. Bestimmt hätte ich es Edward in einem sehr überzeugenden Licht dargestellt. ›Mein

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