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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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waren, so sehr ähnelten sie einander in ihrem gänzlichen Mangel an Talenten und Neigungen, was ihre Beschäftigungen, soweit sie nicht mit ihrem gesellschaftlichen Verkehr zu tun hatten, in einem sehr engen Rahmen hielt. Sir John war Jäger, Lady Middleton Mutter. Er ging auf die Jagd, und sie befriedigte die Launen ihrer Kinder; dies waren ihre einzigen Unterhaltungen. Lady Middleton hatte den Vorteil, ihre Kinder das ganze Jahr über verwöhnen zu können, während Sir Johns eigene Beschäftigungen nur in der Hälfte der Zeit möglich waren. Doch ständige Unternehmungen, zu Hause oder auswärts, ersetzten all ihre Unzulänglichkeiten in Veranlagung und Bildung, sorgten für die gute Stimmung von Sir John und gaben seiner Gattin Gelegenheit, ihre gute Kinderstube zur Geltung zu bringen.
    Lady Middleton hielt sich etwas auf die Eleganz ihrer Tafel und all ihrer häuslichen Einrichtungen zugute, und aus dieser |40| Art Eitelkeit schöpfte sie ihr größtes Vergnügen bei jeder ihrer Gesellschaften. Doch Sir Johns Befriedigung an geselligem Verkehr war sehr viel realer; er hatte seine Freude daran, mehr junge Leute in seinem Haus um sich zu versammeln, als es aufnehmen konnte, und je lauter sie waren, desto besser gefiel es ihm. Er war ein Segen für die Jugend der ganzen Nachbarschaft, denn im Sommer organisierte er ständig Landpartien, um mit kaltem Schinken und Huhn Picknicks abzuhalten, und im Winter waren seine Hausbälle zahlreich genug für alle jungen Damen, die nicht unter den unersättlichen Gelüsten von Fünfzehnjährigen litten.
    Die Ankunft einer neuen Familie in der Gegend war immer eine große Freude für ihn, und von den neuen Bewohnern, die er nun für sein Landhaus in Barton herbeigeholt hatte, war er in jeder Hinsicht entzückt. Die Misses Dashwood waren jung, hübsch und natürlich. Das genügte, um sich seiner guten Meinung zu versichern; denn natürlich zu sein, war alles, was ein hübsches Mädchen brauchte, um ihr Wesen ebenso einnehmend zu machen wie ihr Äußeres. Seine freundliche Veranlagung machte ihn glücklich, wenn er Menschen gefällig sein konnte, deren Lage man im Vergleich mit ihrer Vergangenheit unglücklich nennen könnte. Seinen Verwandten Güte zu erweisen verschaffte ihm daher die echte Befriedigung eines guten Herzens; und die Unterbringung einer Familie von ausschließlich Frauen in seinem Landhaus brachte ihm auch die ganze Befriedigung eines Weidmanns; denn ein solcher hat – obgleich er nur jene seines Geschlechts schätzt, die ebenfalls jagen – selten Interesse daran, deren Jagdleidenschaft zu ermutigen, indem er ihnen innerhalb seines eigenen Landbesitzes Unterkunft gewährt.
    Mrs.   Dashwood und ihre Töchter wurden an der Eingangstür des Hauses von Sir John empfangen, der sie mit echter Herzlichkeit in Barton Park willkommen hieß; und als er sie in den Salon begleitete, wiederholte er den jungen Damen gegenüber sein Bedauern – das er schon am Tag zuvor zu dem gleichen Gegenstand geäußert hatte   –, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, irgendwelche forschen jungen Männer herbeizuholen |41| , um sie mit ihnen bekannt zu machen. Sie würden, sagte er, außer ihm nur einen Herrn dort finden, einen ganz besonderen Freund, der sich zur Zeit in Barton Park aufhielt, der aber weder sehr jung noch besonders lebenslustig sei. Er hoffe, sie würden es alle entschuldigen, daß die Gesellschaft so klein sei, aber er könne ihnen versichern, daß dies nicht wieder passieren würde. Er sei an diesem Morgen bei mehreren Familien gewesen, in der Hoffnung, noch ein paar mehr Leute herbeizuschaffen, aber es sei heller Mondschein, und da hätten alle schon Pläne für nächtliche Ausfahrten gemacht. Zum Glück sei in der letzten Stunde Lady Middletons Mutter in Barton angekommen; und da sie eine sehr heitere, liebenswürdige Frau sei, hoffe er, die jungen Damen würden es nicht so langweilig finden, wie sie es sich vorstellen mochten. Die jungen Damen, wie auch ihre Mutter, waren jedoch vollkommen zufrieden mit zwei für sie gänzlich Fremden in der Gesellschaft und wünschten sich gar nicht mehr.
    Mrs.   Jennings, Lady Middletons Mutter, war eine gutmütige, muntere und beleibte ältere Frau, die sehr viel redete, ein sehr heiteres Gemüt zu haben schien und offenbar ziemlich gewöhnlich war. Sie steckte voller Scherze und lachte ständig, und bevor noch das Dinner beendet war, hatte sie schon viele witzige Bemerkungen über das Thema »Liebhaber und Ehemänner«

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