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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Blick gezwungener Freude entgegen, gab ihm die Hand und wünschte ihm Glück.
    Er wurde rot und stammelte eine unverständliche Erwiderung. Elinors Lippen hatten sich mit denen ihrer Mutter bewegt, und als der Augenblick der Begrüßung vorüber war, wünschte sie, sie hätte ihm ebenfalls die Hand gereicht. Doch es war nun zu spät, und mit gewollt freimütiger Miene setzte sie sich wieder und sprach über das Wetter.
    Marianne hatte sich soweit wie möglich aus dem Blickfeld zurückgezogen, um ihre Besorgnis verbergen zu können, und Margaret, die einiges von der Sache begriff, aber nicht alles, sah es als ihre Pflicht an, würdevoll zu erscheinen, nahm deshalb möglichst weit weg von ihm Platz und bewahrte striktes Stillschweigen.
    |390| Als Elinor aufgehört hatte, ihrer Freude über das trockene Wetter in dieser Jahreszeit Ausdruck zu verleihen, entstand eine höchst unangenehme Pause. Ihr wurde von Mrs.   Dashwood ein Ende gesetzt, die sich genötigt sah zu hoffen, daß er Mrs.   Ferrars in guter Gesundheit verlassen habe. Hastig bejahte er es.
    Eine weitere Pause.
    Elinor, die beschloß, sich zusammenzunehmen, obgleich sie den Klang ihrer eigenen Stimme fürchtete, sagte schließlich: »Ist Mrs.   Ferrars in Longstaple?«
    »In Longstaple!« erwiderte er, offensichtlich sehr verwundert. »Nein, meine Mutter ist in der Stadt.«
    »Meine Frage«, sagte Elinor, während sie eine Handarbeit vom Tisch aufnahm, »galt Mrs.
Edward
Ferrars.«
    Sie wagte nicht aufzublicken; doch ihre Mutter und Marianne sahen ihn an. Er errötete, schien verwirrt, sah sie zweifelnd an und sagte nach einigem Zögern: »Sie meinen vielleicht – meinen Bruder   – Sie meinen Mrs. – Mrs.
Robert
Ferrars.«
    »Mrs.   Robert Ferrars!« wiederholten Marianne und ihre Mutter im Tone höchster Verwunderung; und obgleich Elinor nicht sprechen konnte, waren nun auch
ihre
Augen mit dem gleichen erwartungsvollen Erstaunen auf ihn gerichtet. Er erhob sich von seinem Platz und ging zum Fenster, offenbar, weil er nicht wußte, was er tun sollte; er hob eine Schere auf, die dort lag, und während er beim Sprechen ihre Hülle zerschnitt und damit gleichzeitig die Schere verdarb, sagte er in hastigem Ton: »Vielleicht wissen Sie es nicht – haben Sie es vielleicht noch nicht gehört, daß sich mein Bruder kürzlich mit – mit der jüngeren – mit Miss Lucy Steele verheiratet hat.«
    Seine Worte wurden mit unbeschreiblichem Erstaunen von allen außer von Elinor wiederholt, die, über ihre Handarbeit gebeugt, in einem so erregten Zustand dasaß, daß sie kaum wußte, wo sie sich befand.
    »Ja«, sagte er, »sie haben letzte Woche geheiratet und sind jetzt in Dawlish.«
    |391| Elinor konnte nicht länger sitzen bleiben. Sie rannte fast aus dem Zimmer, und sobald die Tür hinter ihr geschlossen war, brach sie in Tränen der Freude aus, die, wie sie zuerst meinte, niemals aufhören würden. Edward, der bis dahin eher überall sonst hingesehen hatte, nur nicht zu ihr, sah sie davoneilen und sah vielleicht auch ihren Gefühlsausbruch – oder hörte ihn sogar; denn gleich darauf versank er in Gedanken, die keine Bemerkungen, keine Fragen, keine liebevolle Anrede Mrs.   Dashwoods durchdringen konnten; und schließlich verließ er das Zimmer, ohne ein Wort zu sagen, ging hinaus und auf das Dorf zu – und ließ die anderen in höchstem Erstaunen und völliger Verwirrung über die so wunderbare und so plötzlich veränderte Lage zurück – einer Verwirrung, die sich allein durch ihre eigenen Mutmaßungen etwas geben konnte.

|392| Kapitel 49
    So unerklärlich die Umstände der Erlösung von seiner Verlobung für die ganze Familie auch erscheinen mochten, es war gewiß, daß Edward frei war; und wozu diese Freiheit nun genutzt werden würde, konnten alle leicht voraussehen; denn nachdem er bereits vier Jahre lang die Segnungen
einer
unklugen Verlobung erfahren hatte, die er ohne die Zustimmung seiner Mutter eingegangen war, konnte man nach dem Scheitern dieser Verlobung zumindest erwarten, daß er sofort eine andere eingehen würde.
    Sein Anliegen in Barton war in der Tat ein sehr einfaches. Er war nur gekommen, um Elinor um ihre Hand zu bitten; und wenn man bedenkt, daß er nicht gänzlich unerfahren in einer solchen Frage war, mochte es merkwürdig anmuten, daß er sich in dem gegenwärtigen Fall so unbehaglich fühlte und so viel Ermutigung und frische Luft brauchte.
    Wie bald er jedoch lange genug gelaufen war, um die richtige Entschlußkraft zu

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