Versteckt
alten Spukhaus.« Kims Stimme klang wie elektrisiert. Sie hatte angebissen.
Steven schnippte mit den Fingern.
»Das gefällt mir. Wirklich. Du hast recht – es ist Kinderkacke und trotzdem eine gute Idee .«
»Besser als Ein toller Käfer .«
Dieser Film lief heute Abend im Colony.
Kim zitterte. »Ich hab jetzt schon Angst.«
Dann waren alle Augen auf mich gerichtet.
»Dan?«, sagte Casey.
Ich zuckte mit den Schultern. »Von mir aus.«
Sie beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. Ein Kuss, wie man ihn zum zehnten Geburtstag von seiner Oma bekommt.
»Abgemacht.«
Sie trank ihren Schokoladen-Egg-Cream aus. Steven blubberte mit dem Strohhalm am Boden seines Glases herum.
»Wann geht’s los?«
»Wieso nicht gleich heute Nacht?«
»Je früher, desto besser.«
Kim hüpfte vor Aufregung auf ihrem Platz herum. »Okay, was sollen wir mitbringen?«
»Taschenlampen, würde ich vorschlagen«, sagte ich. »Egal, was Casey sagt.« Sie wollte Protest einlegen. »Wir müssen sie ja nicht einschalten, Case. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Das Haus ist sehr alt, da könnte man leicht durch den Boden brechen. Oder irgendwas auf den Kopf bekommen. Wenn sich jemand verletzt, hätte ich gerne mehr Licht als nur ein Streichholz.«
Steven hielt die bandagierte Hand hoch. »Da hat er recht.«
»Und ein paar Sixpacks. Sonst fällt mir nichts mehr ein.«
»Wann?«
»Um Mitternacht natürlich«, sagte Kimberley.
Casey nickte. »Dann treffen wir uns um elf, halb zwölf bei Dan.«
»Okay.«
Wir schwiegen, sahen uns grinsend an und kamen uns ziemlich bescheuert vor. Kim fing an zu kichern.
»Du hattest ja schon viele blöde Ideen, Casey, aber die …«
»Danke.«
»Nein, wirklich .«
»Ist zur Kenntnis genommen.«
» Geister, du lieber Gott!« Sie streckte die Hände zum Himmel, und es war ein fast alttestamentarischer Augenblick. Ein blondes Mädchen in Shorts, das im Harmon’s zu beten anfing.
Es gab noch so einiges, was ich ihnen über das Crouch-Haus erzählen musste, doch das konnte warten.
Hätte ich gleich damit rausgerückt, hätte Casey sofort irgendwelche Gegenargumente parat gehabt und mit ihrem messerscharfen Verstand sowieso alle überzeugt.
Meine einzige Chance war, sie kurz davor so richtig zu erschrecken, in der Hoffnung, dass jemand kniff. Ein toller Käfer musste ich auch nicht unbedingt sehen, es war aber immer noch besser, als verhaftet zu werden. Sie waren noch nie bei irgendetwas erwischt worden. Ich schon, und das war kein Spaß. Die Gruselgeschichten über Ben und Mary machten mir weit weniger Angst als die Vorstellung, dass ein neugieriger Bauer am Haus vorbeifahren, uns entdecken und die Polizei rufen könnte. Von Raffertys wilden Märchen über ihr geheimnisvolles Verschwinden glaubte ich kein Wort. Dafür glaubte ich an mein Pech. Und wie.
Wir trafen uns bei mir.
Casey trug noch immer das blaue Top und die beigen Shorts, als wollten wir zu einem Picknick fahren. Nachts würde es kalt werden, sagte ich ihr, und dann würde sie frieren. Sie griff in die grüne Tasche und zeigte mir den Zipfel eines Armeehemds. Sie sah mich mit einem Blick an, der mir zu verstehen gab: Bitte keine faulen Ausreden. Also hielt ich den Mund.
Kim trug eine abgewetzte Latzhose über einer ebenso abgetragenen gelben Baumwollbluse. Eine gute Wahl für unser Vorhaben, sehr praktisch. Steven kreuzte erwartungsgemäß in einem Hemd auf, das in tropischen Farben schillerte – Grün, Gelb, Rotorange –, und dazu eine weiße Leinenhose. Zusammen mit dem Verband an seiner Hand sah er wie ein Tourist aus, der sich in irgendeiner Bananenrepublik verletzt hat. Und wie immer kam er als Letzter.
»Nicht gerade der passende Aufzug«, sagte ich.
Er zuckte mit den Achseln. »Das kann man ja wieder waschen.«
Kims Taschenlampe hatte den Geist aufgegeben, also blieben noch drei übrig. Ich gab ihr meine – nicht aus Höflichkeit, sondern weil ich immer noch dachte, dass wir sie in dieser Nacht nicht bräuchten. Ich würde es ihnen schon ausreden.
Wir stiegen in den blauen Le Baron. Steven fuhr.
Als wir die Lichter und Straßenlaternen von Dead River hinter uns gelassen hatten und auf der dunklen Küstenstraße unterwegs waren, schien mir der richtige Moment für die Gruselgeschichte gekommen, die ich mir für sie ausgedacht hatte.
Ich erzählte ihnen von dem Arzt, der vor lauter Angst ausgezogen war, und übertrieb dabei noch mehr als Rafferty. Ich erzählte ihnen von den Höhlen und von den
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