Versteckt
Schwachsinnigen, Ben und Mary, die man aus Habgier von ihrem Grund und Boden vertrieben hatte, und ließ keine Gelegenheit aus, sie so rachsüchtig wie nur möglich hinzustellen.
Dann kam die Pointe.
»Steven, du hast doch ein Licht im Haus gesehen, oder? Ich hab dir gesagt, das wäre Quatsch. Was, wenn du recht hast? Wenn sie sich in den Höhlen verkrochen haben und nur nachts rauskommen? Wollt ihr den beiden wirklich im Dunklen begegnen?«
Eine Weile schwiegen alle. Es herrschte eine seltsame Atmosphäre. Ich hatte mein Bestes gegeben. Wenn sie es sich jetzt nicht anders überlegten, lag es nicht mehr in meiner Macht. Ich hatte die Geschichte so unheimlich erzählt, wie ich nur konnte. Im Auto war es so ruhig, dass man den Fahrtwind über die Motorhaube rauschen und die Reifen über den Asphalt holpern hören konnte. Meilenweit war keine Menschenseele. Die ideale Umgebung für eine Gruselgeschichte.
Niemand sagte etwas, und ich spürte, wie sich das Blatt langsam zu meinen Gunsten wendete.
Einen Moment lang dachte ich tatsächlich, ich hätte sie überzeugt. Dann zerriss mich Casey ganz lässig in der Luft.
»Das ist alles?«
Es klang so beiläufig, als hätte ich gerade einen Einkaufszettel vorgelesen. Immerhin – Steven wirkte leicht nervös.
»Himmel, reicht das etwa nicht?«
»Noch lange nicht. Das macht es nur noch besser. Dan, sei ehrlich: Glaubst du wirklich, dass da noch jemand ist? Sag die Wahrheit, Dan.«
»Ich bin nicht scharf drauf, es rauszufinden.«
»Das ist keine Antwort.«
Ich hätte sie anlügen können. Klar, ich hätte sagen können, ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass dort der Teufel umgeht. Habe ich aber nicht. Ich konnte nicht. Wir hatten uns in der letzten Nacht so viel gebeichtet, dass ich sie jetzt nicht anlügen wollte.
»Also gut. Nein, ich glaube nicht, dass dort jemand ist. Aber … es könnte sein. Das wollte ich nur gesagt haben.«
Das war so schlaff wie ein verfaulter Kopfsalat.
Casey grinste. »Seht ihr? Wie ich gesagt habe. Diese Wahrscheinlichkeit macht’s nur noch interessanter. Netter Versuch, Dan. Mach dir keine Sorgen. Wenn die Cops auftauchen, nehmen wir alles auf unsere Kappe.«
»Na toll.«
Wie das gehen sollte, wusste ich nicht. Aber sie hatte mich durchschaut, und inzwischen kannte ich sie gut genug, dass ich ihr tatsächlich zugetraut hätte, mich im Ernstfall einfach verschwinden zu lassen. Vielleicht hatte sie in der grünen Tasche auf ihrem Schoß eine Tarnkappe für mich. Mir fiel auf, dass sie die prall gefüllte Tasche fest umklammert hielt. Was sie außer dem Armeehemd wohl noch hineingestopft hatte?
Ich machte mir Vorwürfe. Das war eine schlechte Strategie gewesen. Ich hätte es ihnen viel früher erzählen sollen.
Wir hatten schon vorher dummes Zeug gemacht, doch diesmal hatte ich ein äußerst schlechtes Gefühl dabei. Vergesst es, hätte ich sagen können, fahrt mich nach Hause. Ich warte im Auto auf euch, hätte ich sagen können. Ich dachte über diese Möglichkeiten nach und verwarf sie. Ich musste ihnen nichts beweisen und hatte auch keine Angst, dass mich Casey auslachte. Vielleicht würde ich in ihrer Achtung sinken, aber sie würde schon drüber wegkommen.
Nein, darum ging es nicht. Ohne mich würden die drei allein in dieses Haus gehen. Sie auf jeden Fall. So laut, wie Kim neben mir kicherte, und so schnell, wie Steven fuhr, würden sie es versuchen, ganz egal, ob ich nun mit von der Partie war oder nicht. Die drei Clowns, allein in diesem Haus?
Das machte mir Sorgen.
Wenn irgendetwas schiefging, wollte ich an Caseys Seite sein. Ich konnte nicht darauf vertrauen, dass Kim oder Steven sie beschützten. Und sie selbst war auch nicht gerade verantwortungsbewusst. Sie war klug und stark und liebte das Risiko. Machte Unsinn. Ich hatte Angst um sie.
Und da war noch etwas. Etwas, das ich heute nur ungern zugebe. Wofür ich mich schäme.
Ich bekam diese bescheuerte Stimme nicht aus meinem Kopf. Sie kicherte bei der Vorstellung, allein in der Nacht durch ein dunkles Haus zu schleichen. Eine verlockende, allwissende und zutiefst zynische Stimme. Man kann nie wissen, sagte sie. Vielleicht wird es ja ganz lustig.
15
Eine Viertelmeile vom Haus entfernt kannte ich eine Stelle im Wald, wo man das Auto abstellen konnte. Nie mand würde es dort entdecken, zumindest nicht bis zum frühen Morgen. Und bis dahin wären wir schon längst wieder zu Hause.
Der Mond schien. Trotzdem war es sehr dunkel. Hier war einer der wenigen
Weitere Kostenlose Bücher