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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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den Pullover, und nachdem sie ihn über den Kopf gezogen hatte, fiel ihr etwas ein. Sie küsste ihre Handfläche und drückte sie auf Elizabeth Cottons Grabstein.
    »Irgendjemand musste das ja mal tun.«
    Schweigend gingen wir über den Friedhof zur Kirche zurück. Ich warf einen Blick auf das Schloss an der Tür und schüttelte den Kopf.
    »Weißt du, warum ich heute Abend so wütend war? Vor deinem Haus? Warum ich so grob war?«
    »Die Fenster. Ich hab die Fenster eingeworfen. Das kann ich gut verstehen.«
    »Nein. Es war nicht nur das.«
    »Was noch?«
    Ich deutete auf das Vorhängeschloss.
    »Sieh dir das Schloss an. Lächerlich. Das würde nicht mal einen Zehnjährigen aufhalten.«
    »Ach ja?«
    »Ach ja. Ich weiß das. Ich hab dir doch gesagt, dass ich zweimal mit der Polizei zu tun hatte.«
    »Ja?«
    Ihre blauen Augen sahen mich funkelnd an.
    »Einbruch. Ich war vierzehn. Eigentlich keine große Sache, obwohl sie mir auf dem Revier die Hölle heißgemacht haben. Meine Eltern waren natürlich stinksauer auf mich.«
    »Und das war auch so ein Schloss?«
    »Um Gottes willen, nein! Mit so einem Schloss kann man vielleicht seine Gartenlaube absperren, das meine ich ja. Nein, ich bin in ein Sommerhaus in der Maple eingebrochen, das den Winter über leer stand. Ich bin durch ein Fenster im Erdgeschoss eingestiegen und ein bisschen drin rumspaziert. Irgendjemand hat das Licht meiner Taschenlampe durchs Wohnzimmerfenster gesehen.«
    »Aber warum? Was wolltest du da? Was klauen?«
    »Zum Glück nicht, sonst wäre ich wohl nicht mit einer Verwarnung davongekommen, egal, mit wie vielen Cops mein Dad befreundet ist. Nein, das ist ja das Komische: Ich wollte nichts klauen.
    Als sie ankamen – die Cops, meine ich –, hab ich einfach in so einem großen alten Sessel im Wohnzimmer gesessen und mich gefragt, was das wohl für Leute waren, die da wohnten. Und dabei hab ich eine Zigarette geraucht. Ach, die hab ich ganz vergessen. Ich hab doch was gestohlen. Die Zigarette. Da lag noch ein altes Päckchen auf dem Küchentisch.«
    Wir gingen zum Auto, und mir fiel auf, dass ich seit Jahren kaum einen Gedanken an dieses Ereignis verschwendet hatte. Hatte ich je darüber nachgedacht, warum ich überhaupt dort eingestiegen war?
    »Keine Ahnung, warum ich das getan habe. Es war aufregend. Hat Spaß gemacht, in die Privatsphäre anderer Leute einzudringen. Ich hab in jede Schublade geguckt. Die meisten waren leer. Ich kannte die Leute gar nicht, aber als ich in ihrem Haus war, hatte ich das Gefühl, ich würde sie doch kennen. Deswegen saß ich auch in dem Sessel und habe sie mir vorgestellt. Ich konnte fast ihre Stimmen hören.
    Weißt du, ich hab da so eine Fantasie. Ich stelle mir vor, ich wäre in einer Großstadt, Portland oder so. Egal. Da sehe ich dieses Mädchen auf der Straße. Sie ist ziemlich hübsch, also folge ich ihr. Ich folge ihr tagelang, weiß, was sie so treibt und wo sie hingeht. Sie bemerkt mich nicht. Ich lerne sie ganz genau kennen, und sie hat keine Ahnung. Und dann, wenn ich der Meinung bin, jetzt kenne ich sie in- und auswendig, verlasse ich für immer die Stadt. Es ist, als würde ich mit ihr Schluss machen. Obwohl sie überhaupt nichts von mir wusste.«
    »Du bist ein Voyeur.«
    »Klar. Ich bin bei ihr, ich kenne sie, ich mag sie sogar sehr gerne, aber ich muss mich nicht zeigen. Ich muss gar nichts, ich bin völlig … unnahbar. Und doch liebe ich sie, leidenschaftlich sogar. Tagelang. Verstehst du?«
    »Glaub schon.«
    Wir setzten uns ins Auto. Ich ließ den Motor an, fuhr jedoch nicht los. Ich dachte immer noch über den Einbruch nach. Ich hatte alles genau vor Augen, als wäre es erst gestern geschehen. Das Komische war, dass ich damals erwischt werden wollte . Deshalb hatte ich auch die Taschenlampe eingeschaltet und direkt aufs Fenster gerichtet. Nur, damit jemand das Licht sah und Verdacht schöpfte. Ich wollte, dass jemand mitkriegte, dass ich im Haus war. Vielleicht war mir das sogar damals irgendwie bewusst, obwohl ich noch nicht kapiert hatte, warum ich dieses Risiko einging, warum ich dieses Bedürfnis hatte.
    Inzwischen verstand ich auch meine Fantasie so einigermaßen. Sie sagte viel über mich und meine Gefühle aus. Über meine Zurückhaltung. Über mein Bedürfnis nach emotionaler Sicherheit. Und trotzdem war ich erst vor sechs Jahren in ein fremdes Haus eingebrochen und hatte die Taschenlampe auf das Vorderfenster gerichtet. Ich musste doch damals schon geahnt haben, dass es mit meiner

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