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Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Titel: Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt , Giovanni di Lorenzo
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diese Schulden den Staat drücken, und das sollen sie auch tun. Aber es steht ihnen eben auch eine erhebliche Sparrate gegenüber: Deutsche und Franzosen haben sich ja bei sich selbst verschuldet, die Schulden ihrer Staaten liegen nicht in den Händen der Chinesen und nicht in denen der Amerikaner. Das ist der Unterschied zu den USA, die große Schwierigkeiten hätten, sich weiter zu verschulden. Wir hätten sie nicht.
    Sind Sie froh, dass dieses Jahrzehnt der Krisen und Kriege nun vorbei ist?
    Es ist ja noch gar nicht vorbei: Die Auswirkungen der Weltrezession werden uns noch mindestens zwei weitere Jahre belasten, vielleicht noch länger.
    Waren die vergangenen zehn Jahre für Sie persönlich eine gute Zeit?
    Kann ich nicht sagen. In dieser Dekade hatte ich eine schwere Herzoperation, und ich sitze neuerdings im Rollstuhl. Das ist nicht sehr befriedigend.
    Am 23. Dezember sind Sie 91 geworden. Gab es wieder diese Flut der Gratulationen wie zu Ihrem runden Geburtstag vor einem Jahr?
    Es ist nach wie vor eine Flut, es kommen Tausende Glückwünsche an. Letztes Jahr haben wir bis in den April hinein gebraucht, um allen zu antworten – allein schon das Abtippen der ganzen Adressen! Dieses Mal bekommt niemand mehr eine Danksagung, auch keine gedruckte. Es strengt mich und das Büro gleichermaßen an, und meine Frau und ich sind nicht mehr so leistungsfähig wie vor einem Jahr.
    Die Gratulanten werden es verstehen.
    Es tut mir ja leid, aber ich kann ihnen nicht helfen.
    14. Januar 2010

»Ich habe keine Angst, aber ich mache mir Sorgen«
    Über Atomwaffen
    Lieber Herr Schmidt, vor Kurzem haben Sie sich in der American Academy in Berlin mit ehemaligen Spitzenpolitikern zu einer kleinen Demonstration eingefunden: Sie setzten sich für eine Welt ohne Atomwaffen ein.
    Das stimmt. Wir waren zu acht, vier Amerikaner und vier Deutsche: Henry Kissinger, Sam Nunn, William Perry und George Shultz, Richard von Weizsäcker, Hans-Dietrich Genscher, Egon Bahr und ich.
    Bei diesen Namen frage ich mich: Warum widmen sich ausgerechnet die alten Falken einem Lieblingsthema der Friedenstauben?
    Zählen Sie mich etwa auch zu den Falken?
    So habe ich Sie früher jedenfalls gesehen.
    Das ist aber falsch. Ich würde zum Beispiel auch Shultz und Nunn nicht zu den Falken zählen. Und mir war die atomare Bewaffnung schon in den späten fünfziger Jahren unheimlich, als ich die Militärstrategie der Nato begriff.
    Damals galten die Russen als besonders stark.
    Damals war die sowjetische Armee dem westlichen Militär ungeheuer überlegen – sie hatte mehr Soldaten, mehr Panzer, mehr Geschütze und mehr Flugzeuge. Die Nato verfolgte deshalb eine Strategie der Abschreckung: Sie drohte der Sowjetunion für den Fall eines Angriffs mit atomarer Vergeltung. Retaliation, das war das große Schlagwort, das den ganzen Kalten Krieg über Bestand hatte: Wenn du mir etwas tust, dann tue ich dir noch etwas viel Schlimmeres an.
    Sie waren kein Anhänger dieser Strategie?
    Nein, 1961 habe ich ein Buch veröffentlicht, das »Verteidigung oder Vergeltung« hieß. Darin habe ich mich für die Verteidigung Europas ausgesprochen; die Drohung mit Vergeltung allein hielt ich für unzureichend. Ein amerikanischer General, Maxwell Taylor, publizierte ein ähnliches Buch. Es trug den Titel »The Uncertain Trumpet«, »Die ungewisse Trompete«. Damit war eben die atomare Vergeltung gemeint. Es gab im Westen also immer schon Leute, die an der ungeheuren atomaren Rüstung zweifelten oder sie sogar verabscheuten.
    Trotzdem ging die Aufrüstung weiter.
    Die Amerikaner haben am längsten am Ziel der atomaren Überlegenheit festgehalten. In den siebziger Jahren wollten sie zum Beispiel Hunderte von Atomminen in deutschem Boden versenken. Immerhin haben wir diese Minen dann gemeinsam mit dem amerikanischen Verteidigungsminister Melvin Laird ganz abschaffen können.
    Hat die Abschreckung nicht auch dazu geführt, dass wir jahrzehntelang in Frieden leben konnten?
    In Wirklichkeit war auf beiden Seiten kaum jemand gewillt, einen Krieg anzufangen. Natürlich gab es immer einzelne Militärs und Politiker, die kriegerische Absichten verfolgten. Es gab sowjetische Übergriffe, zum Beispiel 1953 in Ostberlin, 1956 in Ungarn, 1968 in der damaligen Tschechoslowakei. Und es gab immer wieder Leute im Westen, die gesagt haben, da müssen wir eingreifen. Aber der Westen hat nicht eingegriffen. Alles in allem gab es keinen Willen zum Krieg, auf beiden Seiten nicht. Das klingt jetzt

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