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Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Titel: Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt , Giovanni di Lorenzo
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Herr Schmidt wohnt.
    Die sind gezielt zu Ihnen gefahren?
    Ja.
    Haben Sie sich gezeigt?
    Ja, natürlich! Ich habe ihnen die Hand gedrückt und auf die Schulter gekloppt, einem nach dem anderen.
    Warum zeigten sich viele Sozialdemokraten in dieser historischen Situation nicht auf der Höhe der Zeit?
    Dass es viele waren, glaube ich nicht. Es war genauer gesagt ein Teil der Führung, ganz genau gesagt Lafontaine. Es war das zweite Mal in meinem Leben, dass dieser Mann mich auf das Tiefste enttäuscht hat. Es kamen noch zwei weitere Male hinzu, die in späteren Jahren liegen.
    Wann war das erste Mal?
    Das erste Mal war, als er in öffentlicher Rede gesagt hat, mit meinen Sekundärtugenden könne man auch ein KZ leiten.
    Das war verletzend.
    Sollte es auch sein. Hat auch gewirkt.
    Und das berühmte Wort von Willy Brandt: »Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört«, für das er ja angegriffen worden ist, traf das Ihre Seelenlage besser?
    Ja. Es vermied alle juristischen Implikationen und sprach das Gemüt an, wie es Willy Brandts Art gewesen ist.
    Er war der geschichtlichen Herausforderung gewachsen.
    Ja, Helmut Kohl aber auch.
    War das damals mehr eine Vereinigung oder mehr ein Anschluss?
    Es war beides zugleich. Aber das ist zwanzig Jahre her, und inzwischen ist es eine Vereinigung geworden. Die Misslichkeiten des Anschlusses verlieren an Bedeutung, in weiteren zwanzig Jahren werden sie verschwunden sein.
    Haben wir nicht die Biografien von Millionen von Deutschen einfach plattgemacht?
    Ich war absolut dagegen, ehemalige Kommunisten so zu behandeln, wie das in der deutschen Öffentlichkeit geschehen ist.
    Sie meinen die Ausgrenzung zum Beispiel im öffentlichen Dienst?
    Ja, das war ein Pfahl im Fleische einer Nation, die zusammenwachsen sollte und wollte. Da war Adenauer klüger als die Berliner Strafjustiz; er hat nichts dabei gefunden, Nazis in den Dienst zu nehmen. Kurt Schumacher hat auch nichts dabei gefunden, junge SS-Leute in die SPD aufzunehmen.
    Aber Sie haben zu Recht auch immer wieder beklagt, dass die Deutschen viel zu nett gewesen sind zu den ehemaligen Nazis.
    Man muss sorgfältig unterscheiden: Jemand, der andere Leute in ernsthafter Weise geschädigt oder gar zu Tode gebracht hat, der gehört vor Gericht und verurteilt. Aber jemand, der nichts getan hat, als Informationen über seinen Nachbarn zu sammeln, der war ein normaler Mensch, denn der Nachbar hat über ihn womöglich auch Informationen gesammelt.
    Wir haben also die Nazis besser behandelt als die ehemaligen SED-Mitglieder?
    Ja. Jemanden, der eine Maschinenfabrik oder ein Elektrizitätswerk in Ostberlin geleitet hat, nur deswegen abzulösen, weil er der Stasi Mitteilungen gemacht hat, war abwegig. Die Sache wurde zusätzlich dadurch erschwert, dass ehemalige SED-Mitglieder, heute sind es eigentlich nur noch die ehemaligen Stasizuträger, abgelehnt wurden, während die »Blockflöten«, die Mitglieder der Blockparteien, alle aufgenommen wurden, obwohl sie auch nicht anders waren als die anderen DDR-Bürger. Außerdem kam hinzu, dass in der ehemaligen DDR über Nacht 80   000 oder 100   000 westdeutsche Paragrafen in Kraft traten, mit denen dort niemand umgehen konnte, weshalb viele Ämter und Behörden mit zweitklassigen Wessis besetzt werden mussten. So haben mehrere Faktoren ganz erheblich zur Verzögerung des Zusammenwachsens beigetragen.
    12. November 2009

»Das Gerechtigkeitsempfinden ist aufs Schwerste beleidigt worden«
    Warum die Finanzmärkte nicht zu bändigen sind
    Januar 2010. Vor dem Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos warnen Ökonomen vor einer neuen Spekulatiosblase und einem Börsencrash in Asien. In den USA kassieren Banker, deren Institute gerade erst mit Staatsgeld gerettet wurden, wieder dicke Boni. Präsident Obama prüft eine Sonderabgabe für Großbanken – und die Financial Times Deutschland ist sich sicher: 2010 wird das »Jahr der Regulierung«.
    Lieber Herr Schmidt, zu Beginn des neuen Jahres hat man den Eindruck, dass die Menschheit aus der Finanzkrise so furchtbar viel nicht gelernt hat. Sind wir aus Schaden dümmer und nicht klüger geworden?
    Die Frage ist zunächst einmal: Wer ist wir?
    Na ja, man muss da wohl unterscheiden zwischen jenen, die jetzt die Finanzmärkte regulieren müssten, und uns anderen, den wirtschaftspolitischen Laien.
    Ich glaube, die wirtschaftspolitischen Laien unter den deutschen Staatsbürgern sind insofern klüger geworden, als sie vorsichtiger geworden sind: Sie sparen etwas

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