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Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)

Titel: Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt , Giovanni di Lorenzo
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Präjudiz des Rücktritts von Willy Brandt wegen Guillaume, das war wohl für Georg Leber entscheidend.
    Sie sagen, Sie hätten mehrere Rücktritte bewirkt. Können Sie ein Beispiel nennen?
    Will ich nicht.
    Es heißt, Sie seien sehr wütend gewesen, als Willy Brandt Ihnen seinen Rücktritt ankündigte.
    Ja, das stimmt. Ich habe ihn beschimpft. Ich hielt den Grund für völlig lächerlich.
    Hat Ihnen der Ausbruch im Nachhinein leidgetan?
    Er hat mir alsbald leidgetan; heute finde ich meine Reaktion völlig in Ordnung, es war doch ein völlig unzureichender Grund! Ein Spion im eigenen Haus ist doch für einen Bundeskanzler kein Grund zum Rücktritt – es sei denn, er hätte es selbst verschuldet, dass dieser Mann spionieren konnte.
    Bei Brandt kamen noch andere Probleme zusammen: der wirtschaftliche Abschwung, die sinkenden Umfragewerte, die Kritik aus der eigenen Partei, die Neigung zu Depressionen.
    Ja, das mag so sein. Ein Grund für meinen damaligen Wutausbruch war auch, dass ich selber Manschetten hatte vor dem Amt des Bundeskanzlers.
    Hätten Sie 1982 zurücktreten müssen, als Sie merkten, dass Ihnen die FDP von der Fahne ging?
    Ich hätte nicht zurücktreten müssen. Ich habe ja von mir aus beschlossen, die Koalition zu beenden, dabei aber einen handwerklichen Fehler gemacht: Weil ich anständig sein wollte, habe ich dem damaligen FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher vorab erzählt, dass ich seine Minister entlassen würde. Dadurch gab ich ihm die Gelegenheit, mir eine halbe Stunde zuvorzukommen und seinerseits den Rücktritt der FDP-Minister zu erklären.
    Hat er Sie gelinkt?
    Ich war derjenige, der jetzt Schluss machen wollte. Er hat mich gelinkt, das kann man so sagen, aber ich selbst hatte den Fehler gemacht.
    8. Juli 2010

»Alte Steuern sind gute Steuern«
    Über Spenden und Stiftungen
    Lieber Herr Schmidt, amerikanische Milliardäre haben angekündigt, mindestens die Hälfte ihres Vermögens spenden zu wollen. Verstehen Sie das?
    Die amerikanische Tradition gemeinnütziger Stiftungen hat mindestens seit einem Jahrhundert Bestand, insofern ist diese Initiative nichts Neues. Jeder von uns kennt die Ford-Stiftung, die Rockefeller-Stiftung und ähnliche Einrichtungen. Die großen privaten Universitäten Harvard, Yale, Princeton und Stanford beruhen alle auf privaten Stiftungen, alle sind mit Vermögen in Höhe von zweistelligen Milliardenbeträgen ausgestattet.
    Für das Land ist das ein Segen.
    Ja, es ist ein großer Segen. Man muss nur dazu wissen, dass in den USA jeder, der eine gemeinnützige Stiftung errichtet, entweder den ganzen Stiftungsbetrag oder einen Teil von seiner Einkommensteuerschuld absetzen kann. Das ist ganz ähnlich wie in Deutschland. Wenn ich es zuspitzen darf, würde ich sagen: Wenn jemand stiftet, dann hat er sich dafür entschieden, lieber zu stiften, als Steuern zu zahlen. Ganz so altruistisch, wie die Sache auf den ersten Blick aussieht, ist sie also nicht. Aber sie ist auch altruistisch, und das ist in Ordnung.
    Brauchen wir heute mehr gemeinnützige Stiftungen, weil der Sozialstaat an seine finanziellen Grenzen stößt?
    Ich glaube nicht, dass die Herren Gates und Buffett diese Initiative ins Leben gerufen haben, weil der amerikanische Fiskus in finanzielle Bedrängnis geraten ist. Es geht ihnen vielmehr darum, der schlechten öffentlichen Reputation der Banker und der Spitzenmanager entgegenzuwirken. Das kann ich gut verstehen, und ich kann es auch durchaus billigen; es nimmt der Initiative nichts von ihrem Wert. Aber man muss dieses Motiv erkennen.
    Wie erklären Sie sich das überwiegend negative Echo auf die Initiative in den deutschen Medien?
    Mir ist nicht aufgefallen, dass das Echo so negativ war. Aber es gibt in Deutschland immer die Tendenz, etwas Neues, das in Amerika beginnt, entweder in den Himmel zu heben oder aber in Grund und Boden zu kritisieren. Und die USA geben uns ja vielerlei Grund zur Kritik. Die weltweite Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 ist zum Beispiel zweifellos amerikanischen Ursprungs.
    Aber haben viele Deutsche nicht auch so etwas wie einen Grundvorbehalt gegen jeden, der reich ist?
    Das geht mir jetzt ein bisschen zu weit. Der Neid ist eine natürliche menschliche Eigenschaft. Wenn aber jemand reich ist, ohne seinen Reichtum öffentlich zur Schau zu stellen – so wie der jüngst gestorbene Gründer von Aldi –, dann wird er auch nicht beneidet.
    Gibt es hierzulande etwas, das mit der amerikanischen Spendenkultur vergleichbar wäre?
    Aber ja! Sie

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