Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)
zur Finanzierung des Staates beitragen, spielt für Sie keine Rolle?
Mir kommen keine Tränen des Mitleids.
Sie haben einmal beklagt, dass Stifter oder Spender meistens anonym bleiben. Woran liegt das?
Einerseits sind die meisten Stifter persönlich bescheidene Leute. Das gilt zum Beispiel auch für meinen Freund Werner Otto: Dem sehen Sie seinen Wohlstand nicht an, bestenfalls können Sie ihn erahnen, wenn Sie wissen, wo er wohnt. Andererseits liegt es aber daran, dass politische Institutionen es wie selbstverständlich hinnehmen, dass jemand gespendet hat. Die Reaktion eines Stadtparlaments oder auch des Bundestags ist oft: Na ja, da hat er eben Einkommensteuer gespart. Was fehlt, ist die öffentliche Anerkennung.
Wie würden Sie das ändern?
Vor vielen Jahrzehnten habe ich mal angeregt, die Namen jener Menschen, die durch gemeinnützige Stiftungen der Stadt Hamburg geholfen haben, im Rathaus an der Wand der wunderbar repräsentativen Treppe einzumeißeln. Man hat auch tatsächlich den Namen meines Freundes Kurt Körber eingemeißelt, die Sache dann aber nicht fortgesetzt. Ich weiß nicht, warum – vielleicht aus kleinlichen Motiven, vielleicht nur aus Unachtsamkeit. Inzwischen müssten da eigentlich viele andere Namen stehen. Ich bleibe dabei: Gemeinnützige Stiftungen bedürfen der öffentlichen Anerkennung des Stifters, nicht des Vorstandes, der die Stiftung verwaltet.
Ein verbreiteter Einwand gegen Stiftungen lautet: In einer Demokratie dürfen Reiche nicht allein bestimmen, was gefördert wird und was nicht.
Dem würde ich nicht grundsätzlich widersprechen, aber es kommt natürlich darauf an, in welcher Größenordnung sich die Stifter bewegen. Wenn die Höhe des Stiftungskapitals drei oder gar fünf Prozent des gesamten öffentlichen Haushalts entspräche, würde ich diesen Vorwurf für gerechtfertigt halten. Wenn es sich dagegen um ein oder fünf Promille handelte, würde ich sagen: Schwamm drüber!
Was ist für Sie der Unterschied zwischen Stiftern und Sponsoren?
Sponsoren sind Leute, die Geld für Sportereignisse, Konzerte oder Theateraufführungen zur Verfügung stellen, bei denen auch der Name ihres Produktes oder ihrer Marke auftaucht. Sie betreiben also gleichzeitig Werbung für sich. Das ist völlig in Ordnung und nicht zu beanstanden, aber es gibt keinen Grund, einen Sponsor zu loben.
Darf ein Politiker auch Zuwendungen eines Vermögenden annehmen? Zum Beispiel auf dessen Segelschiff Urlaub machen oder sein Ferienhaus benutzen?
Rechtlich darf er das. Aber im Einzelfall ist es eine Frage des Geschmacks. Ich habe, da war ich längst nicht mehr in öffentlichen Ämtern, ganz gern das Haus meines Freundes Justus Frantz auf Gran Canaria genutzt, für den Urlaub und fürs Schreiben. Allerdings habe ich dafür auch bezahlt.
Und Ihre Segeltörns mit dem Bankier Eric Warburg?
Dafür habe ich niemals einen Pfennig bezahlt. Meistens dauerten diese Segeltörns ein oder zwei Tage. Wenn sie etwas länger dauerten, dienten sie außenpolitischen Zwecken, wir haben zum Beispiel dem Hafen von Gdynia und Danzig an der polnischen Ostseeküste einen unprätentiösen Besuch abgestattet. Oder sie dienten dazu, alle skandinavischen Ministerpräsidenten anlässlich der Kieler Woche zu treffen. Solche Sachen habe ich gern gemacht, und Eric Warburg war sehr großzügig, was solche Wünsche anging. Er war übrigens auch immer selbst mit dabei.
Werden Sie nicht von Heerscharen von Gönnern verfolgt, die Ihnen etwas anbieten wollen?
Nee.
Es heißt, Sie hätten einen chinesischen Fan.
Ja, ein Chinese hat mich mal vor vier Jahren eingeladen. Ich hatte Schwierigkeiten mit dem Gehen, saß aber noch nicht, wie heute, im Rollstuhl. Da hat er mich eingeladen, in seinem Privatflugzeug von Hamburg nach New York zu fliegen und später von Washington wieder zurück nach Hamburg. Das habe ich gern angenommen. Aber da war ich kein Politiker mehr, sondern Herausgeber der ZEIT .
Haben Sie den Mann kennengelernt?
Ja, er war an Bord.
War es ein Unternehmer?
Ja.
Einer dieser neuen reichen Chinesen?
Ob er so neu war, weiß ich nicht. Er war ein bisschen älter als Sie.
26. August 2010
»Die SPD hat doch die seltsamsten Personen geduldet«
Zur Debatte um Thilo Sarrazin
September 2010. Thilo Sarrazins Buch »Deutschland schafft sich ab« beherrscht die Schlagzeilen. Der SPD-Vorstand beschließt, ein Ausschlussverfahren gegen den Autor einzuleiten. Sigmar Gabriel erhebt in der Zeit Anklage: Unter der Überschrift
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