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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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war.
    »In Sicherheit«, antwortete ich und erntete einen bösen Seitenblick von seiner Anwältin. »Vorerst.«
    »Herr Zieliński«, mischte sich Zuzanna ein. »Haben Sie uns endlich etwas über den Tathergang zu sagen?«
    Jacek achtete nicht auf seine Anwältin, würdigte sie noch nicht einmal eines Blickes. »Was sagt Marie-Luise?«
    »Ich kann es nicht wörtlich wiederholen, aber es war irgendetwas mit ins Knie.« Damit gab ich eher meinen Gefühlen als denen von Marie-Luise Ausdruck. Aber angesichts dessen, in was Jacek uns da hineingeritten hatte, war es noch harmlos ausgedrückt.
    »Wirklich?«, fragte er. »Das ist alles?«
    Zuzanna schob mir den Block herüber. »Wenn Sie schon mein Assistent sind, dann machen Sie sich gefälligst Notizen.«
    Jacek nickte mir grinsend zu. »Du bist ihr Assistent?«
    »Ja. Und ich bin ihr dankbar, dass sie sich darauf eingelassen hat. Aber jetzt bitte, so genau und ausführlich wie möglich: Was hat sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Janekpolana ereignet?«
    Er lehnte sich zurück und sah an die Decke. Wir waren im dritten Stock, keine Gitter vor den Fenstern, doch sie lagen zu hoch, um sie mit der Hand zu erreichen. Das matte Licht eines verhangenen Sommertages fiel herein und machte mich müde. Ich rieb mir über die Augen und griff nach dem Stift, den Zuzanna mir ebenfalls herüberschob.
    »Marie-Luise hat mir ein paar von meinen Sachen gebracht. Wir haben ein Feuer gemacht, draußen. Wie früher. Vor dem Haus.«
    »Zeugen?«
    »Weiß ich, welche Spanner am Ufer auf der Lauer liegen? Keine Ahnung.«
    »Und dann?«
    »Wir haben zwei Flaschen Wein getrunken, meinen Wein.« Er kam wieder nach vorne.
    Zuzanna zuckte zusammen, doch er schien es nicht zu bemerken. Er sah nur mich an. Es war extrem unhöflich.
    »Der erste Jahrgang. Er ist gut, wirklich gut. Wenn es hier nicht so kompliziert mit der Steuer wäre, könntest du ihn längst in deinen Schickeria-Läden trinken. Ich brauche einen abschließbaren Raum für den Prüfer, einen abschließbaren Keller, abschließbare Bücher … Alles, was Europa bringt, sind neue Gesetze zum Abschließen.«
    »Herr Zieliński, die Tatnacht.«
    Er sah sie noch nicht einmal an, wenn sie mit ihm redete.
    »Um Mitternacht ist sie ins Bett. Ich bin draußen geblieben. Habe noch weitergetrunken. Warum auch nicht? Ich kann auf meinem Grund und Boden machen, was ich will!«
    Zuzanna blätterte in ihren Unterlagen. »Das entspricht ungefähr dem bei Ihrer Verhaftung festgestellten Blutalkoholwert von zwei Komma zwei Promille.«
    Zu wenig für echte Schuldunfähigkeit. Jacek war Alkohol gewohnt.
    »Also kein Filmriss«, sagte ich. »Was dann?«
    »Ich habe etwas gehört, auf dem Friedhof. In letzter Zeit sind dort merkwürdige Dinge passiert. Lichter, Stimmen … Vor ein paar Jahren, so haben sie erzählt, sind dort Partys abgegangen mit schwarzen Leuten.«
    »Schwarze Leute?« Zuzanna erlangte langsam ihre Sicherheit wieder. Ihr Mandant redete und ging niemandem an die Gurgel. Er ignorierte sie lediglich. Ich hoffte, ihr Selbstwertgefühl würde das verkraften.
    »So ähnlich wie deine Vampire, diese Nosferatu. Weißt du noch?«
    Natürlich erinnerte ich mich. Mein Ausflug in die Berliner Unterwelt hatte mir einen legendären Auftritt als Ghul der Domäne Nord beschert, die Bekanntschaft mit einem Bettelprinzen und der Schwarzen Königin. Rollenspiele, eine harmlose Freizeitbeschäftigung, so hatte ich geglaubt. Bis einer der Spieler die Grenzen überschritten und Tod und Verderben gebracht hatte.
    »Jedenfalls«, fuhr er fort, »war es keine Party. Jemand hat dort herumgeschnüffelt. Es ist nicht meine Sache, da nachzusehen. Aber der Friedhof liegt nah am Haus. Also dachte ich, schau nach, mach ihnen klar, wer hier der Herr ist und dass dieser Ort kein Spielplatz ist.«
    »Jugendliche?«, fragte ich.
    Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, denn ich bin gar nicht richtig dazu gekommen. Ich hab mir eine Eisenstange gegriffen …«
    »Die Tatwaffe«, klinkte Zuzanna sich ein.
    »Nein.«
    Jacek wandte den Kopf und sah sie an. Es war ein böser Blick. Er sagte: Komm mir nicht in die Quere. Und erzähl schon gar keinen Mist. Zuzanna versuchte, diesen Blick zu parieren, aber es gelang ihr nicht. Er schüchterte sie ein. Ich verstand das nicht. Jacek konnte ihr nicht gefährlich werden. Zwei Beamte beobachteten jede seiner Bewegungen. Außerdem war ich auch noch da.
    »Haben Sie ein Foto davon?«, fragte ich sie.
    Hektisch suchte sie in

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