Versunkene Gräber - Roman
unternehmen konnte, schrie er: »Ich war’s!«
»Halt den Mund!« Mein Ruf kam zu spät.
Er sah die Polizisten an und sagte: »Zrobiłem to.«
Die beiden zerrten ihn hinaus. Die schwere Tür fiel hinter ihnen donnernd ins Schloss.
»Was?«, fragte ich verwirrt und wütend. »Was hat er gesagt?«
Sie stand auf. Mit einer nervösen Geste strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. »Cholera« , murmelte sie.
»Cholera?«
»Das heißt: ganz großer Mist. Es ist … Er hat …«
»… gestanden«, vollendete ich den Satz.
Nach dem ersten Schock und der ersten Zigarette draußen vor der Tür beschlossen Zuzanna und ich in einer Art Waffenstillstand, Jaceks Geständnis nicht gehört zu haben. Ich wusste nicht, was die beiden Beamten aussagen würden, wenn sie eine Vorladung bekämen. Diese allerdings lag in Zuzannas Hand.
»Ich werde im Moment nichts weiter veranlassen«, versicherte sie mir, immer noch bleich und nervös. Ihr Plan, Jaceks Unschuld zuungunsten von Marie-Luise zu beweisen, war geplatzt. Wenn es uns nicht gelänge, ihn daran zu hindern, würde er alle Bluttaten dieser Welt gestehen.
»Gehen Sie jetzt doch wieder auf schuldig?«, fragte ich, immer noch gereizt. Irgendwann musste sie sich auf eine Strategie festlegen. Je eher, desto besser.
»Sie kennen ihn. Ich sehe nur einen Berserker.«
War Jacek schuldig? Könnte er, um Marie-Luises Leben zu retten, jemanden töten? Wir wussten immer noch nicht, was sich auf dem Friedhof zugetragen hatte.
»War der Leichenfundort auch der Tatort?«
Sie nickte. »Zwischen der Kapelle und dem Eingang des Friedhofs. Das Gelände ist natürlich abgesucht worden, aber man hat sich dabei hauptsächlich auf das Areal rund um den Tatort konzentriert.«
»Vielleicht …«, … müsste das Gelände noch einmal abgesucht werden, hätte ich um ein Haar gesagt. Gerade rechtzeitig fiel mir ein, dass es in diesem Falle ratsam wäre, die Tatverdächtige nicht in direkter Sichtachse versteckt zu halten. »… sollten wir uns noch einmal genauer um das Opfer kümmern«, sagte ich stattdessen. »Wer hat die Familie vom Tod benachrichtigt?«
»Das wird die Hamburger Polizei getan haben, nehme ich an.«
»Was können Sie mir über die Angehörigen von Horst Schwerdtfeger sagen?«
Sie warf ihre Zigarette in den nächsten Gully und ging langsam auf ihren Wagen zu.
»Er hat eine Schwester. Der Vater ist vor Kurzem verstorben. Die Mutter schon vor längerer Zeit. Mehr weiß ich nicht.«
Wir einigten uns darauf, dass ich versuchen würde, mehr über Horst Schwerdtfeger und seinen kurzen Besuch in Polen herauszufinden. Vor allem aber, woher das Geld stammte und wofür er es gebraucht hatte.
Zuzanna wollte sich um die Fingerabdrücke und einen internationalen Abgleich kümmern. Zum Abschied fragte sie mich noch einmal nach Marie-Luise. Ich nahm ihr den Autoschlüssel aus der Hand und öffnete für sie die Fahrertür.
»Wie würden Sie sich verhalten«, ich reichte ihr den Schlüssel mit einer angedeuteten Verbeugung, »wenn Frau Hoffmann Ihre Mandantin wäre und Herr Zieliński meiner? Würden Sie mir ihren Aufenthaltsort verraten?«
Sie ergriff den Schlüssel mit einem eisigen Lächeln. »Nein. Natürlich nicht.«
13
Bis ich wieder in Berlin ankam, war ein Teil meines Zorns verraucht. Jacek stolperte von einer Torheit in die nächste. Das einzig Beruhigende war, dass er in U-Haft nichts Schlimmes mehr anstellen konnte.
Ich hatte mich für die Autobahn entschieden und war deshalb nicht noch einmal in Janekpolana vorbeigefahren. Ein gewiefter Fahnder hätte eins und eins zusammengezählt, daran hätte auch nichts geändert, wenn ich eine Abfahrt früher oder später genommen hätte. Ich vertraute darauf, dass Marie-Luise in Sicherheit war und keiner auf die Idee käme, sie in unmittelbarer Nähe des Tatortes zu suchen.
Ich erreichte meine Wohnung am frühen Nachmittag und legte mich zwei Stunden aufs Ohr. Danach war ich fit genug, um kurz in der Kanzlei vorbeizugehen. Marquardt hatte einen Auswärtstermin, und Tiffy war gerade im Begriff, Feierabend zu machen. Meine Termine – nichts Weltbewegendes, eher erste Rechtsberatungen als tatsächliche Mandate – hatte sie auf die nächste Woche verlegt. Ich bedankte mich bei ihr, bevor ich die Tür hinter mir zuzog, Vaasenburg anrief und direkt mit der Tür ins Haus fiel.
»Wann habe ich als Frau Hoffmanns Anwalt Einsicht in das Fahndungsersuchen?«
»Sobald Sie mir eine unterschriebene Vollmacht von ihr
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