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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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wun­den Stel­len mei­nes Hirns zu son­die­ren. Of­fe­ne Tü­ren; nur ein ein­fa­cher Schritt von der Kon­trol­le der Ein­zel­tei­le zur Kon­trol­le des Gan­zen, ja. Doch mei­ne Fin­ger such­ten noch im­mer nach Be­stä­ti­gung an dem fes­ten Bo­den und mei­ne Lun­ge in der fros­ti­gen, tro­ckenen Luft. Ja, ich war hier.
    Dar­auf­hin form­te ich be­hut­sam ein Bild vom Tor­bo­gen des Zim­mers, sta­bi­li­sier­te es vor mei­nem in­ne­ren Au­ge und strei­chel­te die of­fe­nen Zu­gän­ge mei­nes Be­wußt­seins. Ir­gend et­was ver­schob sich sanft, und plötz­lich lag ich un­ter dem Tor und spür­te sei­ne Wöl­bung an mei­ner Hüf­te. Selt­sam. In­ter­essant. Kraft si­cker­te in mich zu­rück. Ich form­te ein Bild der Trep­pe, hol­te tief Luft und trans­fe­rier­te. To­bi­as’ Ser­vos glit­ten durch den Raum und zo­gen mei­nen lee­ren Naß­an­zug hin­ter sich her. Dann ganz rasch zum Ein­gang, be­vor mir die Luft aus­ging. Welch ein ei­gen­ar­ti­ges Ge­fühl, der Wech­sel von der kal­ten Tro­cken­heit des ver­bor­ge­nen Raums ins un­be­weg­te Was­ser über der Trep­pe, dann die­se un­mit­tel­ba­re Nä­he zu den sanft zer­ren­den Strö­mun­gen des Mee­res. Wie son­der­bar die ver­schie­de­nen Blick­punk­te – als wür­de ei­ne 3-D-Sen­sis­how durch ei­ne Fol­ge ra­scher Schnit­te un­ter­bro­chen. Ich späh­te durch die Moo­se und Al­gen­ko­lo­ni­en und ent­deck­te die Erg­kap­sel von To­bi­as. Aber er wand­te mir den Rücken zu. To­bi­as hat­te ver­sucht, mich um­zu­brin­gen. To­bi­as? Mich? Tia? Ich woll­te nicht, daß er mich sah, und mei­ne Lun­ge ver­lang­te nach neu­er Luft. Al­so zu­rück in den Raum mit dem Tor – und To­bi­as und mein Ent­set­zen blie­ben ir­gend­wo hin­ter mir zu­rück. Oh, die Un­s­terb­li­chen kön­nen dies nicht zu­stan­de brin­gen, das ver­mag nur ich, Tia. Ich saß auf dem dunklen Bo­den ei­nes dunklen Zim­mers, war stolz und glück­lich, klopf­te mir selbst auf die Schul­ter und juchz­te.
    Kann ich in völ­li­ger Dun­kel­heit se­hen? Nein, fra­gen al­lein ge­nügt nicht. Durch wel­che Tür tre­te ich? Wie ist sie ge­kenn­zeich­net? Wo sind die Ant­wor­ten auf mei­ne Fra­gen?
    Wor­aus be­ste­hen mei­ne Au­gen?
    Horn­haut, Iris, Pu­pil­le, Lin­se. Skle­ra. Aug­ap­fel­ge­fäß­haut, Glas­kör­per, Zi­li­ar­kör­per. Netz­haut. Seh­nerv. Aha.
    Dies hier schär­fen. Das dort ver­stär­ken, ja. Und das an­de­re sen­si­bi­li­sie­ren. Ein mat­tes Mee­res­leuch­ten, ein trü­bes Glü­hen, und ich ver­än­de­re, be­rüh­re, be­we­ge. Dif­fu­se Kon­tu­ren in der Schwär­ze des Raums, ver­schie­den dunkle Schat­ten. Oh, ich bin auf dem rich­ti­gen Weg, ich schaf­fe es, mei­ne Kraft ist aus­rei­chend. Ich bin gut, bes­ser, die bes­te von al­len, ich, Tia. Ich kann Din­ge be­werk­stel­li­gen, von de­nen sie nicht ein­mal zu träu­men wa­gen! Tan­zen, sin­gen, trans­fe­rie­ren, schim­mern – al­lein und ein­sam auf dem Mee­res­grund, er­füllt von Le­ben und Glück!
     

47
     
    Ich glau­be, ich möch­te et­was zu es­sen. Und auch et­was zu trin­ken. Ein biß­chen Licht wä­re nicht schlecht. Viel­leicht auch ein we­nig Wär­me, ob­wohl ich mich in­zwi­schen, glau­be ich, recht gut an die Käl­te ge­wöhnt ha­be. Fri­sche Luft. Doch ich soll­te nicht zu­viel ver­lan­gen. Al­les zu sei­ner Zeit. Et­was zu es­sen. Und et­was zu trin­ken.
    Ich stieg lang­sam em­por und glitt durch das kla­re blaue Was­ser un­ter dem Bauch der Ili­um. Wei­ches Meer, strei­chelnd auf mei­ner Haut, küh­ler, strö­men­der und mich ein­hül­len­der Sa­tin, durch wo­gen­des Haar und über die Au­gen flie­ßen­des Queck­sil­ber. Die Wo­gen zo­gen sich trä­ge da­hin, und ich dreh­te mich hin und her, ein­gehüllt, ge­bor­gen, von zärt­li­chen, nas­sen Ar­men ge­tra­gen, die Kö­ni­gin der Ozea­ne, die Her­rin der Mee­re. Ich sah mich um, blick­te auf trü­be, zit­tern­de Kon­tu­ren und wun­der­te mich über ih­re so un­deut­li­chen und ver­schwom­me­nen De­tails. Was stimmt hier nicht? Ich zwin­ker­te, schiel­te er­neut auf die un­kla­ren For­men und spür­te kur­z­es Miß­be­ha­gen, das mir über den Rücken strich. Warum kann ich nicht

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