Versunkene Inseln
uns voneinander fort. Ganz einfach. Und erschreckend. Ich verspürte nicht den Wunsch, diese Erfahrung noch einmal zu machen. Wenn ich wieder transferieren wollte, mußte ich mir einen Platz aussuchen, der garantiert leer war.
Nun, ich kannte genügend leere und verlassene Plätze an Bord der Ilium. Meine Kabine zum Beispiel. Dort befand sich eine kleine Nische, eine Stelle, an der sich mit fast hundertprozentiger Sicherheit niemand aufhalten würde, ein Platz, an dem ich meinen Kleinkram verstaut hatte. Ich transferierte vorsichtig, doch meine Erleichterung darüber, sicher angekommen zu sein, wurde kurz darauf zu Verwunderung. Die Nische war leer, mein Krimskrams verschwunden. Ich sah mich um und betrat dann die Kabine. Leer, ausgeräumt, kahl. Wo war meine Hängematte? Mein Tisch? Meine Bücher? Hatten sie meine Habe anstelle meines Körpers der Tiefe übergeben?
Egal. Ich brauchte den Plunder nicht, den ich angehäuft hatte. Meine Welt schloß keine Bedürfnisse mehr nach sentimentalen Dingen ein. Das Verlangen nach Nahrung aber war nach wie vor ein elementarer Bestandteil meines Universums. Ich schaltete das Bestellterminal ein und war erleichtert festzustellen, daß es noch immer angeschlossen war. Ich orderte einen Teller Krabben und ein Glas Wein. Dann formte ich aus einem Teil der Wand einen Sessel, entspannte mich und dachte während des Essens über mein weiteres Vorgehen nach.
Es wäre einfacher, dachte ich bekümmert, wenn ich mich unsichtbar hätte machen können, wenn ich das Schiff ganz unbemerkt durchwandern könnte, ohne das Risiko einer weiteren naturgesetzlichen Rüge des Universums einzugehen. Ich sondierte meinen Geist, aber es war noch nicht soweit, daß ich jene Tür zu öffnen vermochte. Mit der Zeit, mit der Zeit. Und bis dahin?
Ich mußte zum Lager, das lag auf der Hand. Ein gutausgerüsteter Servo würde den größten Teil meiner Wünsche erfüllen, doch ich brauchte auch noch andere Gerätschaften. Dann mußte ich in die Kombüse, um mir einen Lebensmittelvorrat zu besorgen und nicht nur auf die Überlebensrationen des Roboters angewiesen zu sein. Danach zurück in den Raum am Meeresgrund. Wenn ich mit einiger Vorsicht zu Werke ging, dann sollte es mir möglich sein, eine Wiederholung des Mißgeschicks im Korridor zu vermeiden – das Übel des schon belegten Raumvolumens. Was, wenn ich direkt durch die Schiffswand geschleudert worden wäre? Ich mußte Orte meiden, an denen sich die Unsterblichen häufiger aufhielten. Man stelle sich nur vor, ich würde mitten in einem von Grevilles Vorträgen materialisieren und die verblüfften Immortalen wie mit einer kleinen Explosion rechts und links von mir durcheinanderwürfeln. Ich verschmolz den Sessel wieder mit der Wand und schob Teller und Glas ins Rückleitfach. Ein letztes Mal sah ich mich in dem Raum um, dann malte ich in meinen Gedanken das Bild einer leeren Ecke im Lager und transferierte.
Auf leisen Sohlen schlich ich durch den großen Raum und vergewisserte mich, daß ich allein war, woraufhin ich damit begann, die gewünschte Ausrüstung zusammenzustellen. Der Servo war nach dem Tauchgang sicher einer Inspektion unterzogen und dann wieder bei den anderen in der Wartenische an der Innenwand des Tauchschachtes untergebracht worden. Aber die zusätzlichen Dinge würden das Leben angenehmer und komfortabler machen: zwei Energiepakete, ein weiterer Recycler, ein Miniaturgenerator, der mit Salzwasser funktionierte und gerade – aber eben ausreichend – leistungsfähig genug war, um die Energiepakete wieder aufzuladen. Dieser Generator war ein weiteres Spielzeug Benitos. Sein
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