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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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deut­lich se­hen? Mit mei­ner Mas­ke war ich da­zu in der La­ge. Sie schütz­te mei­ne Au­gen und um­gab sie mit Luft an­statt mit Was­ser. Aha …
    Ich er­forsch­te die Ge­heim­nis­se mei­ner Zel­len, schuf trans­pa­ren­te Au­gen­li­der un­ter den un­durch­sich­ti­gen und ver­bes­ser­te sie so weit, bis sie die Ver­zer­rung aus­gli­chen, die das Was­ser der Be­trach­tung von Ob­jek­ten auf­zwang. Die neu­en Li­der wuch­sen und wa­ren mir so­fort so ver­traut, als hät­te ich sie schon im­mer be­ses­sen – und mein Kö­nig­reich un­ter dem Mee­res­s­pie­gel war plötz­lich klar und strah­lend. Oh, ich bin ihm wür­dig: Ich bin stark und fä­hig und mäch­tig! Soll­ten die Un­s­terb­li­chen das doch ein­mal ver­su­chen.
    Aber ich hat­te noch nicht ge­lernt, den Ozean zu at­men, und ich hat­te Mit­su­ya­gas Raum vor be­reits drei Mi­nu­ten ver­las­sen. Ich trans­fe­rier­te ins Was­ser un­ter­halb des Tauch­schach­tes der Ili­um, schwamm halb bis zum Rand hin­auf und horch­te kon­zen­triert. Wo sind die Un­s­terb­li­chen? Soll ich mir Au­genstie­le wach­sen las­sen, um über den Schachtrand in die Mo­sa­ik­kam­mer hin­ein­zu­spä­hen? War­ten sie auf mich? Ich hob vor­sich­tig den Kopf, sah mich rasch um und zog mich dann an der Kan­te em­por und aus dem Was­ser her­aus.
    Die Kam­mer war leer und strah­lend hell. Zu hell. Ich ließ die Au­gen­li­der zu­rück­schnap­pen und ver­eng­te die Pu­pil­len, bis der blen­den­de Glanz nicht mehr schmerz­te. Dann schärf­te ich mei­nen Blick, bis ich die ein­zel­nen Nie­ten in der ge­wölb­ten De­cke hoch über mir zäh­len und die klei­nen Po­ren und Fal­ten mei­ner Hand er­ken­nen konn­te, und war zu­frie­den.
    Ich schritt zu mei­nem Spind, öff­ne­te ihn und stell­te fest, daß er leer war. We­der ein Plas­tik­stück noch ein Gum­mi­fet­zen, nicht ei­ne Ven­til­klap­pe oder Schrau­be, die zu­rück­ge­blie­ben wä­re. Hat­ten sie mich so schnell ver­ges­sen? Oder mit Freu­den ad ac­ta ge­legt? Nun, das spiel­te kei­ne Rol­le, denn ich hat­te ih­re Ge­sell­schaft ge­nau­so freu­dig auf­ge­ge­ben. Ich brauch­te sie nicht, nur ih­re Werk­zeu­ge und Ge­rät­schaf­ten. Und um an sie zu ge­lan­gen, muß­te ich einen Ab­ste­cher ins La­ger un­ter­neh­men, mit al­ler Vor­sicht. Denn ich woll­te un­ter­wegs nie­man­dem be­geg­nen.
    Bim­bam, die He­xe ist tot! Wie froh sie ge­we­sen sein muß­ten, mich end­lich los­zu­wer­den!
    Ich er­in­ner­te mich an ei­ne Bie­gung des Kor­ri­dors na­he dem La­ger, ei­ne Kur­ve, die scharf ge­nug war, um mir Sichtschutz zu ge­wäh­ren und von der aus ich den Gang in bei­de Rich­tun­gen über­bli­cken konn­te – ein gu­ter Platz, um recht­zei­tig zu er­ken­nen, ob ei­ner der Un­s­terb­li­chen in der Nä­he war. Sorg­fäl­tig form­te ich ein Bild der Bie­gung vor mei­nem in­ne­ren Au­gen, dann trans­fe­rier­te ich vol­ler Zu­ver­sicht. Doch es war kei­ne ein­fa­che und pro­blem­lo­se Tran­si­ti­on. Als ich in dem Kor­ri­dor ma­te­ria­li­sier­te, schleu­der­te mich ei­ne ge­wal­ti­ge Kraft zu­rück und stieß mich ge­gen die ge­wölb­te Wand des Gan­ges, an der ich her­ab­sank und lie­gen­blieb. Von der an­de­ren Sei­te der Kur­ve hall­te ein ver­blüff­ter Auf­schrei wi­der. Ich sah auf und er­blick­te Hart, der flach auf dem Rücken lag und mich ge­schockt an­starr­te. Aus dem Schrei wur­de ein ent­setz­tes Krei­schen; er sprang auf die Bei­ne, stürz­te um die Bie­gung her­um und ließ die Kar­ten und Dia­gram­me, die er ge­tra­gen hat­te, ver­streut hin­ter sich zu­rück. Ich war ge­nau­so er­schro­cken wie er, trans­fe­rier­te wie­der in die Tauch­kam­mer, lehn­te mich an mei­nen Spind und ver­such­te, mein klop­fen­des Herz zu be­ru­hi­gen, die Be­klem­mung in der Brust auf­zu­lö­sen. Was zum Teu­fel war pas­siert?
    Ele­men­ta­re Phy­sik, ver­si­cher­te ich mir, als ich mich wie­der ei­ni­ger­ma­ßen von dem Schock er­holt hat­te. Zwei Kör­per, der glei­che Ort, die glei­che Zeit. Hart hat­te be­reits den Raum ein­ge­nom­men, an dem ich auf­tauch­te. Dar­auf­hin wur­de so­fort die na­tur­ge­setz­li­che Ge­walt des Uni­ver­sums wirk­sam und schleu­der­te

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