Versunkene Inseln
deutlich sehen? Mit meiner Maske war ich dazu in der Lage. Sie schützte meine Augen und umgab sie mit Luft anstatt mit Wasser. Aha …
Ich erforschte die Geheimnisse meiner Zellen, schuf transparente Augenlider unter den undurchsichtigen und verbesserte sie so weit, bis sie die Verzerrung ausglichen, die das Wasser der Betrachtung von Objekten aufzwang. Die neuen Lider wuchsen und waren mir sofort so vertraut, als hätte ich sie schon immer besessen – und mein Königreich unter dem Meeresspiegel war plötzlich klar und strahlend. Oh, ich bin ihm würdig: Ich bin stark und fähig und mächtig! Sollten die Unsterblichen das doch einmal versuchen.
Aber ich hatte noch nicht gelernt, den Ozean zu atmen, und ich hatte Mitsuyagas Raum vor bereits drei Minuten verlassen. Ich transferierte ins Wasser unterhalb des Tauchschachtes der Ilium, schwamm halb bis zum Rand hinauf und horchte konzentriert. Wo sind die Unsterblichen? Soll ich mir Augenstiele wachsen lassen, um über den Schachtrand in die Mosaikkammer hineinzuspähen? Warten sie auf mich? Ich hob vorsichtig den Kopf, sah mich rasch um und zog mich dann an der Kante empor und aus dem Wasser heraus.
Die Kammer war leer und strahlend hell. Zu hell. Ich ließ die Augenlider zurückschnappen und verengte die Pupillen, bis der blendende Glanz nicht mehr schmerzte. Dann schärfte ich meinen Blick, bis ich die einzelnen Nieten in der gewölbten Decke hoch über mir zählen und die kleinen Poren und Falten meiner Hand erkennen konnte, und war zufrieden.
Ich schritt zu meinem Spind, öffnete ihn und stellte fest, daß er leer war. Weder ein Plastikstück noch ein Gummifetzen, nicht eine Ventilklappe oder Schraube, die zurückgeblieben wäre. Hatten sie mich so schnell vergessen? Oder mit Freuden ad acta gelegt? Nun, das spielte keine Rolle, denn ich hatte ihre Gesellschaft genauso freudig aufgegeben. Ich brauchte sie nicht, nur ihre Werkzeuge und Gerätschaften. Und um an sie zu gelangen, mußte ich einen Abstecher ins Lager unternehmen, mit aller Vorsicht. Denn ich wollte unterwegs niemandem begegnen.
Bimbam, die Hexe ist tot! Wie froh sie gewesen sein mußten, mich endlich loszuwerden!
Ich erinnerte mich an eine Biegung des Korridors nahe dem Lager, eine Kurve, die scharf genug war, um mir Sichtschutz zu gewähren und von der aus ich den Gang in beide Richtungen überblicken konnte – ein guter Platz, um rechtzeitig zu erkennen, ob einer der Unsterblichen in der Nähe war. Sorgfältig formte ich ein Bild der Biegung vor meinem inneren Augen, dann transferierte ich voller Zuversicht. Doch es war keine einfache und problemlose Transition. Als ich in dem Korridor materialisierte, schleuderte mich eine gewaltige Kraft zurück und stieß mich gegen die gewölbte Wand des Ganges, an der ich herabsank und liegenblieb. Von der anderen Seite der Kurve hallte ein verblüffter Aufschrei wider. Ich sah auf und erblickte Hart, der flach auf dem Rücken lag und mich geschockt anstarrte. Aus dem Schrei wurde ein entsetztes Kreischen; er sprang auf die Beine, stürzte um die Biegung herum und ließ die Karten und Diagramme, die er getragen hatte, verstreut hinter sich zurück. Ich war genauso erschrocken wie er, transferierte wieder in die Tauchkammer, lehnte mich an meinen Spind und versuchte, mein klopfendes Herz zu beruhigen, die Beklemmung in der Brust aufzulösen. Was zum Teufel war passiert?
Elementare Physik, versicherte ich mir, als ich mich wieder einigermaßen von dem Schock erholt hatte. Zwei Körper, der gleiche Ort, die gleiche Zeit. Hart hatte bereits den Raum eingenommen, an dem ich auftauchte. Daraufhin wurde sofort die naturgesetzliche Gewalt des Universums wirksam und schleuderte
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