Versunkene Inseln
nickte kurz.
„Dies ist Ihre erste Reise nach Luna, und Sie sind ziemlich jung, stimmt’s?“
„Ja“, erwiderte ich und war trotz meines Wunsches, allein gelassen zu werden, interessiert. „Woher wissen Sie das?“
„Das ist nicht schwer zu erraten. Je älter man wird, desto weniger neigt man dazu, in der Kabine herumzufliegen. Da Sie Gefallen daran finden, sind Sie also noch recht jung. Und das Sie sich außerdem ein wenig ungeschickt dabei verhalten, ist dies wahrscheinlich Ihre erste Reise. Wie alt sind Sie – zwanzig, einundzwanzig?“
„Spielt das eine Rolle?“
„Nein, eigentlich nicht. War nur eine Frage. Bin neugierig, was? Fliegen Sie ganz bis nach Luna?“
„Mhm.“
„Die Stadt wird Ihnen gefallen. Wissen Sie, nur wenige Leute mögen sie. Sicher, sie fliegen wegen der Bergwerke hoch, der Bibliothek oder wegen der Observatorien. Einfach nur, um sie sich anzusehen. Aber für gewöhnlich mögen sie sie nicht. Doch Ihnen könnte sie wirklich gefallen. Wenn das der Fall ist, dann nehmen Sie auf jeden Fall die Gelegenheit wahr, die Stadt selbst zu verlassen, eins der Observatorien zu besuchen, auf die Mondoberfläche hinauszugehen. So gefährlich ist das nicht.“
„Sind Sie selbst schon auf der Oberfläche gewesen?“
„Klar, das gehört zu meinem Beruf. Ich überprüfe und warte die Transportröhren. Etwa einmal in der Woche rücken wir mit einer Gruppe aus, checken alles durch und reparieren die Stellen, an denen Mikrometeoriten die Röhren durchschlagen haben und die bis dahin nur provisorisch abgedichtet wurden.“
„Ich dachte, das würde von Maschinen erledigt, von Robotern und Servos.“
„Maschinen machen manchmal Fehler. Und man kann einem Roboter nicht zutrauen, rasche Entscheidungen zu treffen, so wie ein Mensch dazu in der Lage ist – die Maschinen können einfach nicht alle verfügbaren Daten verarbeiten. Sicher, auf der Erde kann man sie getrost an den oberen Transportröhren und anderen Sachen herumwerkeln lassen, aber auf dem Mond kann der kleinste Fehler eine Katastrophe verursachen. Das muß man immer im Hinterkopf behalten.“ Er schenkte mir ein breites Lächeln und musterte mich im trüben Licht der Aussichtskammer. „Ich sag’ Ihnen was: Wenn Sie länger auf dem Mond bleiben, dann rufen Sie mich einfach mal an. Mein Name ist Greg Hartfeld. Das Komsystem wird Sie mit mir verbinden. Wenn Sie auf die Oberfläche hinaus wollen, dann nehme ich sie für ein paar Stunden mit.“
„Danke“, sagte ich. „Ich bin Tia Hamley. Wahrscheinlich bleibe ich eine ganze Weile dort oben. Vielleicht komme ich auf Ihr Angebot zurück.“
„Fein!“ Er lächelte, stieß sich mit geübtem Geschick von der Wand ab und segelte durch die Tür hinaus. Ich blieb allein in der Dunkelheit zurück und überlegte, ob es mir gefiele, mein selbstgewähltes, melodramatisches Exil für eine Weile zu verlassen und mich an Ausflügen auf die Mondoberfläche oder der Gesellschaft Greg Hartfelds zu erfreuen. Der Mond, geisterhaft und strahlend vor dem Hintergrund der Sterne, verschwand hinter dem Rand des Betrachtungsfensters.
10
Ich landete den Hüpfer auf der schlichten Parzelle vor dem Hospital und stieg aus. Das Gebäude erhob sich in einem Wäldchen von Pinien und wirkte ganz so wie eine ländliche Lodge des neunzehnten Jahrhunderts: ein wenig primitiv, Holzverkleidung, ein hölzerner Balkon, der an der Vorderfront entlanglief und um die rechte Ecke herumführte, doppelte Schiebefenster, spitz zulaufendes Dach, ein großer, steinerner Kamin – alles falsch, bestehend aus Spezialpolymeren, abgestützt von Kraftfeldern. Sie hatten sich wirklich Mühe gegeben, die Funktion des Gebäudes zu verbergen, doch auf
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