Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
Film. Die Vermeidung senkt das Angstlevel nur kurz – langfristig führt sie dazu, dass sich die Betroffenen sogar intensiver mit Tod und Krankheit beschäftigen, weil sie ständig bemüht sind, allem aus dem Wege zu gehen, was damit zu tun hat.
In der kognitiven Therapie versuchen wir diese übertriebenen Ängste in Frage zu stellen: Was spricht dafür, dass Sie jetzt ausgerechnet diese Erkrankung haben sollten? Ein zweites Verfahren ist die Konfrontationstherapie. Dabei lernen die Betroffenen, sich ihren Ängsten zu stellen und zum Beispiel wirklich mal einen Fernsehbericht über einen Krebskranken anzuschauen – und so zu erfahren: Die Angst davor ist meist schlimmer als die tatsächliche Konfrontation mit dem Fernsehbericht. Beide Methoden sind sehr gut wirksam.
JENS LUBBADEH
Mein Leben als (Nerven-)Säge
Ich habe ein Laster, das andere terrorisiert: Ich schnarche laut. Sehr laut. Gibt es Hoffnung für mich?
Ich weiß jetzt, wie Dr. Jekyll sich morgens immer gefühlt haben muss. Wenn ich aufwache, bin ich völlig ahnungslos, was ich letzte Nacht wieder verbrochen habe. Ich bringe zwar niemanden um, dafür würde mich meine Freundin aber manchmal am liebsten erwürgen – weil ich ihr mal wieder den Schlaf geraubt habe. Durch mein Schnarchen.
An vielen Frühstückstischen auf diesem Planeten herrscht schnarchbedingt eine Atmosphäre, die die Milch im Müsli gefrieren lassen könnte. Schön ist es nicht, wenn man selbst gut gelaunt den Tag angeht und das Gegenüber einem mit dunklen Augenringen gegenübersitzt und vorwurfsvoll guckt. Dann kommen Schuldgefühle auf – wegen einer Sache, über die man keinerlei Kontrolle hat. Von der man im Zweifelsfall noch nicht mal etwas weiß!
Seit Jahren bin ich auf der Suche nach einem Muster, nach dem ich abschätzen kann, wann ich schnarche. Jede Schlafstellung, jedes Kissen habe ich durchprobiert. Klar ist so weit nur: Alkohol und Schnupfen lassen Wahrscheinlichkeit und Phonzahl exponentiell in die Höhe schnellen. Auch im Winter, bei trockener Heizungsluft, schnarche ich mehr. Und im Sommer habe ich permanent Heuschnupfen. Eigentlich hört die Schnarchsaison bei mir nie auf.
Als bei mir im Laufe der Jahre das Schnarchen immer schlimmer wurde und ich manchmal sogar schon von meinem eigenen Krach aufwachte, entschloss ich mich zu handeln. Die Medizin kann Herzklappen züchten, Lungen transplantieren, aus Männern Frauen und aus Frauen Männern machen. Dann wird sie doch wohl auch gegen eine so banale Sache wie das Schnarchen etwas in ihrem Arsenal haben.
Vertrauensvoll wandte ich mich an meinen HNO -Arzt, voller Vorfreude, was er mir an Laser-, Mikrowellen- oder ähnlichen Gizmo-Therapien anbieten würde. Doch er schüttelte nur traurig den Kopf, outete sich als Leidensgenosse und sagte: «Herr Lubbadeh, es tut mir furchtbar leid, aber die Medizin steht mit leeren Händen da.» Dann gab er mir den Tipp seines Lebens: «Nähen Sie in das Rückenteil Ihres Pyjamas Tennisbälle ein.» Das hätte seine Beziehung gerettet.
Die rabiate Methode soll verhindern, dass man sich im Schlaf in die Rückenlage begibt. Was vielleicht bei Boris Becker funktioniert, klappt bei mir noch lange nicht. Zwar bin ich nicht so weit gegangen, meinen Pyjama zu ruinieren und mich in einen Quasimodo für Arme zu verwandeln (Tischtennisbälle hätte ich vielleicht noch ausprobiert). Doch versuchte ich eine ganze Weile lang, nur noch auf dem Bauch zu schlafen. Mit dem Ergebnis, dass ich Beinah-Erstickungsanfälle hatte und morgens auf dem Kissen kornkreisartige Speichelflecken vorfand. Und genauso viel schnarchte wie auf dem Rücken.
Wenn ich schon nichts gegen das Übel unternehmen konnte, wollte ich wenigstens abklären, ob mich Apnoen heimsuchten – so wie meinen Vater. Apnoen sind Atemaussetzer von einer Länge, die andere nicht mal freiwillig im Schwimmbadbecken schaffen würden. Doch nicht nur das: Sie erhöhen das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt. Sieben Jahre weniger leben Schlaf-Apnoeiker im Schnitt. Bei Kettenrauchern sind es zehn. Der Unterschied ist nur: Während Raucher womöglich noch Spaß aus ihrem Laster ziehen, haben Schlaf-Apnoeiker gar nichts davon.
Bei meinem Vater wurden die Apnoen erst nach seinen drei Schlaganfällen entdeckt. So weit wollte ich es nicht kommen lassen. Nachdem ich Monate auf den Termin im Schlaflabor gewartet hatte, ließ ich mich also eines Nachts in einem Raum, der so kuschelig wie ein Kreißsaal war, auf einer kalten Pritsche in einem
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