Vertraglich Verpflichtet (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte, Teil 1) (German Edition)
Glück
hatte meine Mutter keine Ahnung von meinen Freizeitaktivitäten in den letzten beiden
Wochen.
Der Tag mit meinen Eltern verlief jedoch harmonisch und ich fühlte mich
seit langer Zeit zum ersten Mal wieder richtig zu Hause, umsorgt und behütet,
während wir zu dritt durch die sonnigen Straßen der Back Bay Gegend rund um den
Triumph Tower spazierten und den Blick auf den glitzernden Charles River
genossen. Bis hierher war ich bislang noch nie gekommen, obwohl sich der Fluss
nur wenige Querstraßen von meinem Appartment entfernt befand.
Ich zeigte meinen Eltern auch das Ritzman Hotel, wo ich arbeitete, doch
das rief bei ihnen eher ein genervtes Stirnrunzeln hervor. »Juliet, ich
verstehe dich nicht. Wieso musst du hier dein Geld verdienen? Du hättest so
viele bessere Chancen.«
Doch heute wollte ich mich nicht streiten und nickte daher meiner Mutter
ernsthaft zu. »Ja Mama, das weiß ich doch. Ich glaube auch nicht, dass ich das
für den Rest meines Lebens machen möchte, aber gib mir Zeit, bis ich mit der Solorolle
beginne. Dann verdiene ich vielleicht genug, um nicht mehr am Empfang stehen zu
müssen.«
Die Aussicht stimmte meine Eltern milde und das Thema wurde nicht weiter
erörtert. Einst hatte ich die Fürsorge meiner Eltern als erdrückend empfunden,
doch nach meiner so langen Abwesenheit sah ich die Dinge nun aus einem anderen
Blickwinkel und freute mich einfach über unsere gemeinsame Zeit. Leider verging
diese viel zu schnell.
Am späten Nachmittag erhielt mein Vater einen Anruf und musste daraufhin
sofort aufbrechen, um einen Geschäftspartner zu treffen. »Es tut mir so leid,
dass ich nicht zu deiner Vorstellung kommen kann, mein Kind. Aber ich
verspreche dir, beim nächsten Mal klappt es bestimmt.«
Meine Mutter blieb bei mir und begleitete mich zur Aufführung von Zubeida .
Unter ihrem kritischen Blick kam ich mir wieder wie ein kleines Mädchen vor,
obwohl ich seit Jahren auf Bühnen in aller Welt auftrat. Doch das Urteil meiner
Mutter war mir wichtiger als das eines jeden Kritikers, besonders, weil ich
wusste, wie gut sie mich kannte und wie hart sie mich angetrieben hatte, seit ich
zusammen mit Corinne im zarten Alter von vier Jahren die ersten Ballettstunden erhielt.
Meine Mutter war begeistert von dem Musical und angetan von meiner
kleinen Rolle. »Rob Robson hat es wirklich drauf. Da bin ich fast neidisch, dass
du zu seiner Choreografie tanzen darfst.« Natürlich erhoffte sie sich für mich
eine größere Rolle, aber wir wussten beide, dass ich in weniger als einem Monat
die Hauptrolle tanzen sollte.
Später erreichten wir den Triumph Tower und hatten den restlichen Abend zum
Quatschen. »So Juliet, jetzt haben wir endlich Zeit, um uns richtig zu
unterhalten. Mit deinem Vater ständig um uns herum, ist es ja unmöglich, ein
richtiges Frauengespräch zu führen.«
Oh je, meine Mutter schien ganz in ihrem Element und ich fürchtete mich
schon vor ihren Fragen.
»Meine Kleine, hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, wie sehr du
dich in den vergangenen Jahren verändert hast? Ich hatte die Hoffnung mit dir
ja schon fast aufgegeben, aber nun hast du dich doch von einem hübschen Mädchen
in eine sinnliche junge Frau verwandelt. Du erinnerst mich an mich selbst, in
deinem Alter.«
Meine Mutter war eine bildhübsche, anmutige Tänzerin gewesen, als mein
Vater sie im Alter von fünfundzwanzig Jahren kennengelernt und nur sechs Monate
später geheiratet hatte. Auch jetzt noch, mit fast fünfzig Jahren, wirkten ihre
Bewegungen elegant, ihre Haut war straff und makellos und wann immer wir uns
gemeinsam im Spiegel betrachteten, fühlte ich mich ungelenk. Mir fehlten ihre
Weichheit, ihre Weiblichkeit und das grazile Auftreten, im Vergleich zu ihr war
ich der Elefant im Porzellanladen.
»Du wirkst schon den ganzen Tag so abwesend. Gibt es einen Grund dafür?«
fragte meine Mutter als Nächstes. Bingo. Sofort wurde ich rot.
»Kind, was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nicht so emotional?«
Sie blickte mich einige Sekunden lang aufmerksam an und fuhr dann fort: »Da
kann nur ein Mann dahinter stecken. Ich will alles wissen – wer ist er, was
macht er und wo habt ihr euch kennengelernt?«
Was sollte ich darauf antworten? Wenn ich ihr von Daniel berichtete,
würde sie ausflippen und mich zwingen, sofort mit ihr zurück nach Montecino zu kommen.
Stattdessen berichtete ich ihr nochmal über Garrys geheimnisvolles
Verschwinden, seinen Kuss, die seltsamen Anrufe. Garry war schon
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