Vertrau deinem Herzen
leid“, sagte sie an das ältere Pärchen gewandt. Sie streckte die Hand nach der Tüte Cheetos aus, ihrer gemeinsamen Lieblingssünde.
„Nicht die Cheetos! Alles, aber nicht die Cheetos“, flüsterte Aaron durch ebenfalls zusammengebissene Zähne.
„Lassen Sie nur“, sagte eine Stimme hinter ihr. „Ich mach das schon.“
Bevor Kate ihn anschaute, wusste sie, wer es war. Der Vokuhila-Mann, der zu ihrer Rettung eilte.
Sie atmete tief durch und drehte sich zu ihm um. Gehen Sie bitte, wollte sie sagen, ich brauche Sie nicht. Stattdessen sagte sie: „Danke, aber das ist nicht nötig ...“
„Kein Problem.“ Er reichte der Kassiererin zwei Dollar und ging dann mit seiner Einkaufstüte im Arm durch die Tür nach draußen.
„Hey, danke!“, rief Aaron ihm nach.
Der Mann drehte sich nicht um, tippte sich aber mit der Hand an den Schirm seiner Mütze, bevor er auf den Parkplatz trat.
Gründlich in Verlegenheit gebracht, packte Kate ihre Lebensmittel in Tüten und stellte diese wieder in den Einkaufswagen. Dann beeilte sie sich, den Supermarkt zu verlassen, und hoffte, den Mann noch zu erwischen, bevor er abfuhr. Sie entdeckte ihn in einem grünen Pick-up, der gerade den Parkplatz verließ.
„Das war nett von ihm, oder?“, sagte Aaron.
„Hm.“
„Du hast vergessen, dich bei ihm zu bedanken.“
„Ich habe es nicht vergessen. Ich war ... ich war nur so überrascht, und dann war er auch schon weg, bevor ich was sagen konnte.“
„Du warst nicht überrascht“, widersprach Aaron. „Du warst total verlegen.“
Sie öffnete den Mund, aber dann ließ sie die Schultern sacken. „Das war total peinlich“, gab sie zu und schenkte ihrem Sohn ein Lächeln. „Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich sollte sagen, wie selten und wunderbar es ist, Hilfe von Fremden zu bekommen.“
„Selten und wunderbar und total peinlich“, grinste er.
„Hilf mir lieber, die Lebensmittel zu verstauen, Quatschkopf! Mal sehen, ob wir es zum Haus schaffen, bevor das Eis geschmolzen ist.“
3. KAPITEL
K ates Jeep Cherokee hatte auch schon bessere Tage gesehen, aber er war das perfekte Auto für den See: robust genug, um es mit den ungeteerten Straßen und Schotterwegen aufzunehmen, die sich durch die Berge und den Wald der Olympic-Halbinsel wanden. Bandit begrüßte sie, als ob sie ein Jahr fort gewesen wären, nieste immer wieder und klopfte wie wild mit dem Schwanz auf den Sitz.
„Und jetzt auf zum See“, sagte Kate fröhlich. „Wir haben das Haus ganz für uns alleine. Wie findest du das?“
Aaron schnallte sich abwesend an und reagierte auch kaum auf Bandits feuchte Küsse. Kate fiel auf, dass sie wohl das Falsche gesagt hatte.
„Es wird ein ganz toller Sommer“, versicherte sie ihm.
„Bestimmt“, erwiderte er ohne großen Enthusiasmus.
Sie konnte die Anspannung in seiner Stimme hören. Auch wenn sie es nicht laut aussprechen würde, verspürte sie doch tief im Inneren genau das gleiche Gefühl.
„Sie haben dich meinetwegen gefeuert, oder?“, fragte Aaron mit verstörender Einsicht.
„Nein. Mir ist gekündigt worden, weil Sylvia ein unflexibler Stock von einem Menschen ist, die echtes Talent sowieso nie zu würdigen wusste. Termine und Bilanzen, das ist alles, was sie interessiert.“ Kate unterbrach sich selbst. Es gab keinen Grund, bei Aaron Luft abzulassen. Er wusste sowieso schon, dass sie wütend war. Besonders schmerzlich war es, dass Kate von Sylvia Latham, der Herausgeberin, entlassen worden war. Wie Kate war auch Sylvia eine alleinerziehende Mutter. Aber anders als Kate war sie die perfekte alleinerziehende Mutter mit zwei perfekten Kindern. Und weil dem so war, ging sie davon aus, dass auch jeder andere in der Lage sein sollte, Kinder und Karriere so elegant unter einen Hut zu kriegen wie sie.
Kate zog den Kopf ein wenig ein und verbarg ihren Gesichtsausdruck. Aaron verstand viel mehr, als die Leute gemeinhin von ihm dachten. Er wusste genauso gut wie jedes andere Kind, dass heutzutage alleinerziehende Mütter oft wegen ihrer Kinder nicht zur Arbeit gehen konnten. Warum verstand Sylvia das nur nicht? Weil sie das perfekte Kindermädchen für ihre perfekten Kinder hatte. Bis zum letzten Jahr hatten Aarons Oma und manchmal auch seine Tante auf ihn aufgepasst, wenn er krank war und nicht zur Schule konnte. Aber nachdem sie nun ans andere Ende des Landes gezogen waren, hatte Kate es ganz alleine schaffen müssen. Und versagt. Kläglich und unmissverständlich versagt.
„Ich muss eben noch die
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