Vertrau mir! - Thriller
schlecht zu dem Milliardär gehen und sagen: Ich hab die fünfzig Millionen irgendwo
in der Bank verloren, könnten Sie da nicht ein bisschen Druck machen, damit die das Geld rausrückt? Den Fehler zuzugeben, würde einem Todesurteil gleichkommen. Und wenn Eric das interne System der Bank sabotiert hatte, würden die Banker höchst ungern eingestehen, dass sie einen Betrüger in ihren Reihen hatten; es hätte ihren Ruf ruiniert. Nein. Henry würde das Geld finden müssen, ohne den Finanzier wissen zu lassen, dass es verschwunden war.
»Ich kann es nicht riskieren, mich noch einmal ins System der Bank einzuschleichen. Ich hab schon einen Alarm ausgelöst.«
Henry dankte dem Hacker und legte auf. Da klingelte das Telefon in seinem Büro. Er eilte über den Flur, in sein Badetuch gehüllt, und hob ab. »Ja?«
Eine kalte, monotone Stimme, die ihm zunächst fremd vorkam, sagte: »Wollen Sie Ihren Stiefsohn zurück?« Es war nicht Mouser, nicht die britische Frau und auch nicht Drummond.
»Wer spricht da?«
»Wollen Sie Ihren Stiefsohn zurück?«
Jetzt erkannte er, dass er diese etwas weinerliche Stimme schon einmal gehört hatte. Aber wo? Es fiel ihm nicht ein. »Ja«, antwortete Henry. »Ja, das will ich.«
»Ich rufe wieder an, wenn ich ihn habe, dann machen wir ein Geschäft«, sagte der Anrufer und legte auf.
Henry sah nach der Telefonnummer des Anrufers; sie sagte ihm nichts, doch die Vorwahl war die von Chicago. Eric Lindoes Heimatstadt.
Im Price-Right in Braintree gab es siebzehn Auslagen, wo nicht nur Waren angeboten wurden, sondern die auch dazu dienten, das Konsumentenverhalten näher zu erforschen.
Vierundzwanzig Sicherheitskameras überwachten den Supermarkt; sechs davon beobachteten zusätzlich die Käufer selbst. Welchen Weg durch das Geschäft nahmen Kunden, die bei der Auslage stehengeblieben waren? Welchen Gesichtsausdruck zeigten sie? Lächeln, Stirnrunzeln, Kopfschütteln, Neugier? Wie lange studierten sie die Waren? Griffen sie nach einzelnen Stücken, und wenn ja, wie lange behielten sie sie in der Hand?
Zehntausende Gesichter wurden jeden Tag an den Price-Right-Auslagen in neununddreißig Bundesstaaten aufgezeichnet. Das Bildmaterial ging unverzüglich in die Firmenzentrale in Little Rock, Arkansas. Dort unterzog man es einer Computeranalyse und erstellte so die Grundlagen für neue Preis- und Angebotsstrategien.
Doch seit einigen Stunden landete das Bildmaterial auch in der Firmenabteilung für Spezialprojekte. Dies geschah aufgrund eines Ersuchens, das von außen an Price-Right herangetragen worden war. In dieser Abteilung wurde nun jedes Gesicht, das die Kameras an einer der beobachteten Auslagen aufgezeichnet hatten, mit einem Foto verglichen. Es war das Foto eines jungen Mannes Mitte zwanzig mit hellbraunem Haar, blauen Augen und eingehend analysierten Gesichtszügen, die in Form von mathematischen Gleichungen dargestellt wurden. Die Maße des Mundes. Das Verhältnis zwischen Unterlippe und Kinn. Die Winkel der Wangenknochen. Der Augenabstand. Die Länge und Breite der Ohren.
Jedes der aufgezeichneten Gesichter durchlief einen Vergleich mit dem Bild des jungen Mannes.
Vorgang Nummer 10 262 ergab die bis dahin größte Übereinstimmung: ein Foto, das geschossen wurde, als ein junger Mann in der Filiale von Braintree, Texas, ein Paar Schuhe kaufte. Der Server schickte automatisch eine anonyme E-Mail
ab, die, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen, auf einem Bildschirm in Paris, Frankreich, landete.
Der Mann, der die Nachricht empfing, studierte Luke Dantrys Gesicht. Lange und gründlich. Dann griff er zum Telefon und ordnete an, sämtliche Handygespräche überprüfen zu lassen, die in das Städtchen Braintree in Texas, gemacht worden oder von dort weggegangen waren. Es sollten alle Gespräche, alle Geldüberweisungen und alle öffentlichen Verkehrsmittel überprüft werden.
Der Mann starrte auf das Foto auf dem Bildschirm und dachte: Sie werden dich töten, wenn sie dich finden.
14
Mouser hatte die Stichwunde desinfiziert und verbunden. Er würde Snow ganz sicher nicht wissen lassen, dass er verletzt worden war. Er würde ihr sagen, er sei im Wald irgendwo hängen geblieben und habe sich dabei die Hose zerrissen. Nach dem Vorfall im Cottage hatte er sie angerufen, damit sie ihn abholte - aber, Gott, sein Bein brannte wie Feuer, und der Verband schien nicht zu halten.
Dieser kleine Bastard. Er würde Luke die Kehle durchschneiden, nachdem er ihnen erzählt hätte, was sie
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