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Vertrauen

Titel: Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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„Ich finde gut an dir ...“. Allein die Blickrichtung auf das Gute im andern erzeugte allmählich ein gutes Klima. Selbst Leute aus der eher abgelehnten Gruppe sagten ehrlich positive Sätze. Und wir machten andere Übungen. Wir meditierten schweigend miteinander. Oder wir machten die Vertrauensübung, in der einer sich in die Mitte der Gruppe stellte und sich einfach nach rechts und links fallen ließ. Die Gruppe musste ihn auffangen. Auch hier wagte es keiner, den andern nicht gut zu behandeln. Die Übung weckte in jedem den guten Kern. Er wollte in der Gruppe gut dastehen. Aber er wollte auch dem, der sich fallen ließ, nicht schaden. Durch die gemeinsame Erfahrung wächst Vertrauen. Und es wächst, indem ich der Gruppe und den andern etwas zutraue. Durch moralisches Einklagen von Vertrauen schaffe ich nur Widerstand.
    Diese Erfahrung in den Schulklassen können wir auch auf andere Gruppierungen übertragen. In Firmen spricht man davon, dass man vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen müsse. Manche meinen, sie könnten Vertraueneinfach schaffen. Aber Vertrauen wächst nur, wenn ich selbst Vertrauen hineingebe, wenn ich den Mitarbeitern vertraue und ihnen etwas zutraue. Mein Vertrauen ist die Voraussetzung, dass Vertrauen um mich herum entstehen kann. Wenn eine vertrauensbildende Maßnahme als zu gewollt erfahren wird, ruft sie nur Verstimmung hervor: Man spürt die Absicht und ist verstimmt. Ich kann mir überlegen, wie das Vertrauen in einer Firma wachsen kann. Sicherlich nicht durch noch mehr Kontrolle. Ich brauche kreative Wege, um Vertrauen zu schaffen. Ich traue verschiedenen Menschen eine gemeinsame Aufgabe zu und begleite sie dabei. Die Gruppe wird schnell merken, ob ich ihnen wirklich vertraue und etwas zutraue, oder ob das nur ein Trick ist. Vertrauen lässt sich nicht durch Tricks schaffen, sondern nur indem ich Vertrauen in die andern investiere. Dann darf ich vertrauen, dass auch in ihnen und unter ihnen das Vertrauen wächst.
Das Leben lernen
    J eder Mensch sehnt sich nach Zuwendung. Es ist der ursprüngliche und elementare Wunsch des Kindes, dass sich der liebende Blick seiner Mutter ihm zuwendet und ihm zulächelt. Diese Urerfahrung, die dem Kind Daseinsberechtigung schenkt, vermittelt ihm: Du bist willkommen auf dieser Erde. Das wollen wir immer wieder erfahren. Die Mutter ist die erste, die dem Kind Urvertrauen vermittelt. Sie gibt dem Kind das Gefühl, dass es willkommen ist auf dieser Erde. Das Kind fühlt sich getragen und geborgen. Es erfährt sich als bedingungslos angenommen. Das gibt ihm Vertrauen in das Leben. Es weiß sich auch sonst getragen. Es ist nicht allein. Die Erfahrung der bergenden Mutter projiziert das Kind irgendwann auf Gott. Auch wenn die Mutter nicht da ist, weiß sich das Kind geborgen, von einer größeren Wirklichkeit, letztlich von Gott. Kinder, die ein starkes Urvertrauen mitbekommen haben, haben es im Leben leichter. Doch es gibt kein Kind, das nur Vertrauen lernt. In ihm ist auch ein Grundmisstrauen. Es braucht ein gutes Miteinander zwischen Vertrauen und Misstrauen, um im Leben zu reifen und zu wachsen.
    Der Vater vermittelt dem Kind ebenfalls Vertrauen. Aber dieses Vertrauen hat eine andere Qualität. Es ist weniger das Vertrauen als Erfahrung von Geborgenheit, als vielmehr ein Vertrauen als Wagnis, in die Welt hinaus zu gehen, etwas zu riskieren, etwas in die Hand zu nehmen, weg zu gehen von den Eltern und das eigene Leben zu leben. Der Vater stärkt dem Kind den Rücken, damit es mit gesundem Rückgrat dieKraft findet, das Leben zu bewältigen und sich seinen Stand im Leben zu erkämpfen.

    Beide Arten von Vertrauen braucht das Kind, um das Leben zu erlernen. Und auch der Erwachsene wird immer wieder diese beiden Formen des Vertrauens erleben. Er sehnt sich manchmal danach, sich fallen zu lassen, getragen zu sein. Das ist dann das mütterliche Vertrauen. Er erfährt es in der Natur, wenn er sich auf die Wiese legt und sich einfach tragen lässt. Und er erfährt es in Gott, der etwa in einer romanischen Kirche ihn wie in einem Mutterschoß liebend umgibt. Und jeder Mensch braucht auch immer wieder die Erfahrung der väterlichen Qualität des Vertrauens, dass er sein Leben wieder von neuem riskiert, dass er Verantwortung für sich und andere übernimmt. Aber manchmal sehnt sich auch der Erwachsene nach dem Vater, bei dem er sich anlehnen kann, der für ihn wie ein Fels in der Brandung ist, der ihm Sicherheit schenkt. Gott als Vater kann die mangelnde

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